1. Fuldaer Zeitung
  2. Fulda

Gebühren für Tierarzt-Behandlung steigen deutlich - Verdruss bei Landwirten

Erstellt: Aktualisiert:

Von: Daniela Petersen

Ab dem 22. November wird es beim Tierarzt deutlich teurer. Die Gebühren werden angepasst. Ein längst überfälliger Schritt, sagen Tierärzte. Landwirte dagegen sehen darin eher eine weitere Belastung.

Fulda/Schlüchtern - Bisher zahlten Viehhalter für die Untersuchung bei Rindern und Zuchtschweinen 12,80 Euro, nach Inkrafttreten der neuen Gebührenordnung werden es 20,54 Euro sein. Auch Kleintierhalter sind betroffen: Die Untersuchung einer Katze kostete bisher 8,98 Euro, die eines Hundes 13,47 Euro. Ab 22. November werden es jeweils 23,62 Euro sein. Auch die Kosten für Impfungen verdoppeln sich von 5,77 Euro auf 11,50 Euro.

Tierarzt-Gebühren steigen deutlich - das kostet die Behandlung

„Diese neue Gebührenordnung ist mehr als überfällig“, betont Dr. Petra Sindern, Vizepräsidentin beim Bundesverband praktizierender Tierärzte. Die letzte Anpassung war 1999 – also vor 23 Jahren. „Damals konnte sich niemand vorstellen, dass eine Tierärztin eine Katze öfter als nur einmal im Leben zur Kastration sieht. Entsprechend lächerlich niedrig war die Untersuchungsgebühr. Inzwischen haben Haustiere eher den Status eines Familienmitglieds.“

Für die Tierärzte selbst seien die Kosten für Personal, Räume und Geräte stark gestiegen. Zudem werde es immer schwieriger, qualifiziertes Personal zu finden und zu halten. „Da ist die Aussicht auf ein höheres Gehalt dank der Gebührenanpassung einer der Puzzlesteine“, erklärt Sindern. Insgesamt gebe es zu wenige Tierärzte. „Immer neue Forderungen nach noch mehr Dokumentation und Restriktion wirken zusätzlich abschreckend.“

Ein Hund beim Tierarzt.
Steigende Kosten für den Tierarzt: Nicht nur Landwirte, auch Hunde- und Katzenhalter müssen ab Oktober mehr bezahlen. (Symbolbild) © Stefan Sauer/dpa

Mit Fachkräftemangel hat auch Dr. Isabel Schreiner zu kämpfen. Sie betreibt eine Praxis in Schlüchtern im Main-Kinzig-Kreis. „Ich habe immer wieder die Erfahrung gemacht, dass ich guten Mitarbeitern nicht genug zahlen konnte. Sie sind dann in andere Bereiche, den Öffentlichen Dienst oder in den IT-Bereich, gegangen.“ Auch Schreiner hält den Schritt für „mehr als dringend erforderlich“.

„Die Ausgaben sind gestiegen. Der Digitalisierungsprozess ist in Gang, die Miete, die laufenden Kosten, alles hat sich verteuert.“ Sie rät Tierhaltern zu einer Tierkrankenversicherung, weil die Kosten sicher noch weiter steigen würden. Hinzu kämen neue Krankheiten: „Manche Tiere haben Futterunverträglichkeiten. Es ist ganz unterschiedlich, wie oft sie zum Tierarzt müssen. Manche Tiere sehe ich einmal im Monat.“

Dr. Wolfgang Lauber, der seit 1983 Tierarzt in Fulda ist, ergänzt, dass auch die Medikamente teurer geworden seien. „Die letzte Gebührenordnung ist schon lange her. Es ist gerechtfertigt, dass man jetzt eine Anpassung macht.“

Vorausgegangen war diesem Schritt eine Studie zur Wirtschaftlichkeit von Tierarztpraxen. Dieses Gutachten, welches das Bundeslandwirtschaftsministerium in Auftrag gegeben hat, ergab, dass die Tierarztgebühren nicht ausreichen. (Lesen Sie hier: „Energie ist mittlerweile die Hauptzutat“: Bäckereien kämpfen mit steigenden Kosten)

Der Deutsche Bauernverband befürchtet, dass sich einige Landwirte die tierärztliche Versorgung kaum mehr leisten können. „Die erneute, deutliche Anhebung der Gebühren ist nicht akzeptabel“, betont der stellvertretende Generalsekretär des Deutschen Bauernverbands, Udo Hemmerling. In vielen Betrieben sei die wirtschaftliche Situation wegen des Preisauftriebs bei Futter, Energie und Diesel sehr angespannt.

Wer legt die Gebühren fest?

Grundlage für die Neufassung der Gebührenordnung war eine wissenschaftliche Analyse der Kosten für die Veterinärmedizin, die das Bundeslandwirtschaftsministerium in Auftrag gegeben hatte. Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne), dessen Haus die Gebührenordnung daraufhin überarbeitet hat, steht nun in der Kritik. Was können Betroffene tun? Für Bauern wird es wegen der Preiserhöhungen attraktiver, mit einem Tierarzt Verträge über die ärztliche Betreuung ihres gesamten Bestandes zu schließen, die von den Preisvorgaben abweichen. Schutz vor einem Kostenschock kann bei Haustieren eine Tierschutzversicherung bieten.

Die monatlichen Kosten richten sich nach den Leistungen. Als Faustregel gilt, dass beispielsweise eine OP-Versicherung für Hunde ohne Selbstbeteiligung um die 20 Euro monatlich kostet, der Vollschutz um die 40 Euro. Jede Tierarztleistung ist analog zur Gebührenordnung der Ärzte mit einem festen Beitrag definiert. Dieser Beitrag kann nach einem einfachen, zweifachen, dreifachen oder vierfachen Satz abgerechnet werden. Über Details der neuen Gebührenordnung berichtet auch echo24.de

Dass Viehhalter wegen der gestiegenen Kosten den Tierarzt nicht mehr rufen, davon geht Sebastian Schramm, Geschäftsführer beim Kreisbauernverband Fulda-Hünfeld, nicht aus: „Die Landwirte werden sich die Tierarztkosten weiter leisten, weil sie auf den Tierarzt nicht verzichten können. Sie brauchen eine gesunde Herde.“

Die Gesamtsituation sowie die Anpassung der Gebührenordnung in Tierarztpraxen führten mitunter zu Verdruss: „Landwirte sind zum Teil sehr sauer.“ Rein statistisch betrachtet kämen auf jeden tierhaltenden Betrieb zusätzliche Kosten von jährlich gut 290 Euro zu, erklärt Schramm.

Auch interessant