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Unterwegs im Hilfskonvoi - FZ-Volontärin schildert ihre Eindrücke von der ukrainischen Grenze

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Von: Alina Komorek

Zahlreiche Menschen halten sich an dem Grenzübergang in Medyka auf.
Zahlreiche Menschen halten sich an dem Grenzübergang in Medyka auf. © Alina Komorek

Ein Hilfskonvoi mit sieben Bussen hat sich am Freitagmorgen von Fulda aus auf den Weg an die polnisch-ukrainische Grenze gemacht. Mit an Bord ist FZ-Volontärin Alina Komorek. Sie beschreibt die heutige Situation an der Grenze.

Update vom 12. März, 19.44 Uhr: Schon am Freitag - dem Tag der Anreise - hatte der Fuldaer Konvoi die meisten Hilfsgüter beim polnischen Roten Kreuz abgegeben. Um 1 Uhr kam das 23-köpfige Team schließlich im Hotel an. Nach einer kurzen Nacht — um 7 Uhr treffen sich am Samstagmorgen alle im Frühstücksraum — setzt der Konvoi seine Fahrt fort.

Das Ziel: Przemyśl. Dort befindet sich ein Einkaufszentrum, das zum Auffanglager umfunktioniert wurde. Von dort aus verteilt Polen die Geflüchteten, die mit Stadtbussen direkt von der Grenze, von Medyka, in das Lager gebracht werden. Ungefähr 300 Menschen warten in dem Auffanglager am Samstag noch, immer wieder kommen Helfende aus ganz Europa an, um ihnen eine Mitfahrgelegenheit anzubieten. Auf den Feldbetten liegen Mütter mit ihren Babys, ältere Menschen erholen sich von der Reise, Haustiere werden gefüttert.

Weil gerade ein Reisebus mit geflüchteten Menschen nach Frankfurt gestartet ist, möchte um elf Uhr am Morgen kaum jemand nach Deutschland. Das Team um Dr. Grauel versorgt die Menschen direkt an der Grenze. Dorthin, geht es jetzt für uns, denn es heißt, dass dort zur Zeit viele ankommen, die noch weiterreisen.

Fuldaer Hilfskonvoi nimmt mehrere Personen mit nach Deutschland

Und tatsächlich: Drei Familien und drei Frauen suchen einen Transport nach Deutschland. Manche steigen in Dresden aus, andere wollen nach Magdeburg, manche nach Fulda. So zum Beispiel eine 35-jährige Mutter mit ihrer 13-jährigen Tochter und dem sechsjährigen Sohn, die bei uns im Auto mitfahren.

Durch sein Netzwerk hat Mario Klotzsche, der mitgereiste Fuldaer FDP-Chef, die Wohnungen bereits organisiert. Doch dass eine Familie bis in die Mitte Deutschlands fahren will, ist eine Ausnahme: Die meisten hoffen, dass der Krieg schnell vorbei ist. Deshalb wollen sie höchstens bis nach Polen fliehen — um schnell wieder in die Ukraine zurückzukehren. Nun wartet eine lange Reise auf den Hilfskonvoi.

Das Navi zeigt an, dass wir um 2.19 Uhr am Sonntag in Fulda ankommen sollen. Doch Sylvia Mainz, die Fahrerin unseres Autos, die viel Erfahrung hat, schätzt, dass es später wird.

Lesen Sie hier die Erstmeldung vom 11. März: Fulda - Als Russlands Präsident Putin vor zwei Wochen den Befehl gab, in die Ukraine einzumarschieren, war Mario Klotzsche sofort klar: „Das hat gravierende Auswirkungen auf die Situation in ganz Europa.“ Deshalb organisierte der FDP-Chef zunächst eine Mahnwache in Fulda, der sich schnell andere Parteien anschlossen. „Es kamen viele Reaktionen, viele haben gesagt, dass sie helfen wollen.“

Ein Hilfskonvoi ist am Freitag von Fulda aus zur ukrainischen Grenze gestartet.
Ein Hilfskonvoi ist am Freitag von Fulda aus zur ukrainischen Grenze gestartet. © Alina Komorek

Dann kamen die Bilder aus dem Grenzgebiet, Berichte über Menschen, die sich auf der Flucht befanden. „Daraufhin habe ich das Netzwerk FDP Fulda gegründet.“ Das Netzwerk wurde größer. Es schlossen sich Privatpersonen an, die mit Geld- und Sachspenden helfen wollten, und einige von ihnen erklärten, dass sie gern vor Ort Hilfe leisten wollten. (Lesen Sie hier: „Die Hälfte sind Kinder unter 15 Jahren“ - Helfer aus Fulda über die Situation an der ukrainischen Grenze)

Ukraine-Krieg: Hilfskonvoi aus Fulda auf dem Weg zur polnischen Grenze

Im Netzwerk meldete sich die Firma Köhler-Transfer: Ralf Köhler erklärte sich bereit, sieben Busse mit jeweils neun Sitzen für die Fahrt an die Grenze zur Verfügung zu stellen. Und auch die Fahrerinnen und Fahrer waren sofort einverstanden: Sie würden die Autos bis an die Grenze zur Ukraine fahren. Auch wenn sie dadurch auf ihr Wochenende verzichten müssen. 

Klotzsche freute sich über die Hilfsbereitschaft, die in so kurzer Zeit entstand. Er wägte ab: Welche Hilfe wird wirklich gebraucht? Nach einigen Gesprächen mit Menschen, die aus der Ukraine und aus Polen kommen und dadurch die Situation vor Ort einschätzen können, lautete die Entscheidung: Die Fahrt an die Grenze mit den Bussen hilft den Geflüchteten, wenn Platz bleibt für Menschen, die vielleicht auf der Rückfahrt mitgenommen werden. Und wenn Hilfsmittel gebracht werden, die wirklich gebraucht werden.

Ein Hilfskonvoi machte sich am Freitag von Fulda aus auf den Weg Richtung ukrainische Grenze.
Ein Hilfskonvoi machte sich am Freitag von Fulda aus auf den Weg Richtung ukrainische Grenze. © Alina Komorek

Und ganz wichtig war auch, dass sich Dr. Hermann Grauel und Leon Seiß meldeten, um den Konvoi zu begleiten. Denn Grauel als Arzt und Seiß als Krankenpfleger sind vor Ort in der Lage, die Menschen bei Bedarf mit den gespendeten Medikamenten zu versorgen. (Lesen Sie auch: Verein der Köche Fulda startet großen Hilfsgüter-Transport und will an Ukraine-Grenze kochen)

Am Freitagmorgen ist es dann so weit: Hygieneartikel wie Windeln und Kosmetika, Lebensmittel und Medikamente werden verladen. Viele Helfer sind ein wenig aufgeregt, aber freuen sich auch darüber, nun etwas tun zu können. Die meisten sind etwas müde - manche mussten bis spät in die Nacht hinein noch arbeiten oder schon morgens zwei Stunden bis zum Abfahrtsort, dem Gemeindezentrum am Fuldaer Aschenberg, fahren. 

Video: Ukraine-Krieg: So helfen Deutsche den Flüchtlingen

Als alle Fahrzeuge voll getankt sind, treten 23 Menschen die 1144 Kilometer lange Fahrt an. „Es stimmt doch positiv, dass der Zusammenhalt in so einer Situation so stark ist“, sagt Klotzsche, als er vom Beifahrerplatz aus hinüber zu Sylvia Mainz schaut, die einen der roten Transporter fährt. Wenn am Abend gegen 21 Uhr die Verteilstation erreicht ist, wird alles ausgeladen.

Die meisten der Hilfsmittel werden zum polnischen Roten Kreuz gebracht, damit die da ankommen, wo sie gebraucht werden. Erst im Anschluss daran geht es ins Hotel, von dem aus der Konvoi am Samstagmorgen noch einmal zwei Stunden bis zum Grenzübergang fährt. Medikamente und Verbandsmaterial sollen mit zum Grenzübergang gebracht werden, um vor Ort die medizinische Versorgung zu sichern. Alle 23 Menschen sind gespannt, was sie vor Ort erwartet. Aufregung und Anspannung verschwimmen mit der Müdigkeit.

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