Wie spricht man mit Kindern über den Ukraine-Krieg? Experten aus Fulda geben Rat

Nachrichten und Bilder aus dem Ukraine-Krieg erreichen auch Kinder. Wie Eltern damit umgehen können, erläutern Privatdozent Dr. Frank M. Theisen (Chefarzt) und Dr. Jan Pauschardt (Leitender Psychologe) der Kinder- und Jugendpsychiatrie am Herz-Jesu-Krankenhaus.
Fulda - Zwangsläufig werden in diesen Tagen auch noch kleine Kinder sowie Kinder, die mit Situation wie aktuell in der Ukraine noch nicht konfrontiert waren, mit Bildern und Nachrichten aus dem Kriegsgebiet in Berührung kommen. Dies lasse sich laut Theisen und Pauschardt angesichts der breiten und intensiven Berichterstattung nicht vermeiden. „Ein gänzliches Unterbinden dürfte daher nicht möglich sein, ist aber auch nicht sinnvoll.“
Stattdessen sei eine „kindgerechte Erläuterung der Hintergründe notwendig“, so die Experten aus Fulda. „Eine gewisse angemessene ‚Informationspolitik‘ der Eltern gegenüber den Kindern ist wichtig, um den realen Sorgen begegnen zu können, aber auch, weil die Kinder sich sonst in Unwissenheit alles Mögliche ausmalen können.“
Ukraine-Krieg erreicht Kinder - Experten aus Fulda über den richtigen Umgang
Doch welche Auswirkungen können Bilder des Krieges auf die psychische Verfassung von Kindern und Jugendlichen haben? Laut Theisen und Pauschardt müssten diese nicht zwangsläufig negativ sein. „Jedoch können Bilder zu vielen Fragen führen oder verstörend, beängstigend oder je nach Resilienz also Widerstandskraft gar traumatisierend wirken. Da Kinder quasi äußere Bilder und Ereignisse naturgemäß beziehungsweise instinktiv mit ihrem eigenen Selbst in Zusammenhang bringen, können belastende Inhalte hier persönlich besonders bedrohlich empfunden werden.“
Eltern sollten beim Erklären der Situation deshalb einen altersangemessenen Ansatz verfolgen und selbst die Initiative ergreifen. „Wenn man passiv abwartet, muss man vielleicht ad hoc und unvorbereitet Stellung beziehen. Wenn man das Thema aber selbst anspricht, kann ich mir vorher Gedanken machen wie ich es vermitteln möchte“, sagen Arzt und Psychologe.
„Hierbei sollte man vereinfacht gesagt ‚qualitativ‘ auf Inhalte und Intensität der Informationen achten, quantitativ auf die Dauer und Wiederholungen.“ Nicht alle Inhalte seien allerdings für Kinder geeignet. (Lesen Sie hier: Hunderte Ukrainer kommen in Alsfelder Hessenhalle unter - „Kinder verkraften es am besten“)
Um in dieser Situation eine Stütze zu sein, sollten Eltern zudem versuchen, ihren Kindern Sicherheit zu vermitteln. Dazu gehöre zum Beispiel, Informationen nicht zu gefühlsbetont beziehungsweise hochgradig emotional zu präsentieren. „Angesichts der aktuellen Situation keine leichte Aufgabe“, räumen die Experten ein.
Wichtig sei stets, ein Mittelmaß zu finden, und nicht etwa eigene Sorgen komplett gegenteilig darzustellen. „Die Kinder haben feine Antennen. Ständige Beschwichtigungen wirken besonders verdächtig oder irritierend, wenn sie ängstlich präsentiert werden“, so Theisen und Pauschardt.
Video: Ukraine-Krieg: Kinder mit Nachrichten nicht allein lassen
Zusammenfassend haben die beiden Experten folgende praktische Tipps für Eltern: Erstens sollten Eltern einen möglichst altersangemessenen Informationszugang für die Kinder ermöglichen, auch im Hinblick auf die eigene elterliche Mediennutzung. Zweitens sollte bei der Vermittlung von Informationen sowohl in Häufigkeit wie Intensität auf Ausgewogenheit geachtet werden. Zudem sollten die Inhalte möglichst zugewandt, offen und gleichzeitig nicht zu emotional-bedrohlich vermittelt werden.
Außerdem empfiehlt es sich, gemeinsam Informationen aufzunehmen und im Anschluss Angebote zum Austausch zu machen. Dabei dürften Eltern jedoch nicht vergessen, wieder auf die Alltagsthemen „im Hier und Jetzt“ zurückzukommen. Trotz aller Betroffenheit darf es gerade im Sinne der Kinder nicht „verboten“ sein, im Alltag weiterhin Freude zu bewahren und zu vermitteln.