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Pfarrerin Dietrich und Pfarrer Vonderau über die Osterbotschaft in der Zeit des Ukraine-Krieges

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Von: Andreas Ungermann

Die evangelische Pfarrerin Heike Dietrich und der katholische Pfarrer Dagobert Vonderau halten die Osterbotschaft in der Zeit des Ukraine-Krieges für besonders wichtig.
Die evangelische Pfarrerin Heike Dietrich und der katholische Pfarrer Dagobert Vonderau halten die Osterbotschaft in der Zeit des Ukraine-Krieges für besonders wichtig. © Felipe Dana/AP/dpa; Franz-Josef Enders; Pfarrgemeinde

Ostern als Fest der Hoffnung – lässt sich das in Zeiten von Corona und Ukraine-Krieg feiern? Ja, sagen der Neuhofer katholische Pfarrer Dr. Dagobert Vonderau sowie seine evangelische Kollegin aus Tann, Heike Dietrich. Sie erklären, warum gerade jetzt die Botschaft wichtig ist.

Fulda - „Wir brauchen diese besondere Hoffnung der Osterbotschaft gerade in solchen Tagen, an denen wir am Bildschirm und auch ganz konkret am Schicksal von Geflüchteten das Leid miterleben“, stellt Dagobert Vonderau, der zudem Vorstandsvorsitzender des Caritasverbandes für die Regionen Fulda und Geisa ist.

Die Caritas und das Bistum unterhalten enge Kontakte in die Erzdiözese Iwano-Frankiwsk in der Westukraine. Die Hilfe – seien es Spenden, die Aufnahme von Flüchtlingen, oder der Hot-Truck – zeugen laut Vonderau von großer Solidarität, die aus der Osterbotschaft resultiert. „Wichtig ist, dass aus dem Fest konkrete Handlungsimpulse abgeleitet werden“, sagt der Neuhofer. (Lesen Sie auch: Corona in Hessen: Kirchen feiern Ostern - aber mit Vorsicht)

Ukraine-Krieg: Osterbotschaft wichtiger denn je? Pfarrer aus Fulda klären auf

„Natürlich nehmen wir die Sorgen und das Leid in Zeiten von Corona und Ukraine-Krieg mit in unsere Predigten an den Kar- und Ostertagen auf“, bestätigt die evangelische Pfarrerin von Tann, Heike Dietrich. Gerade der Blick auf das Kreuz am Karfreitag müsse für Christen wie der Blick in den Spiegel sein: „Wie gehen wir als Menschen mit Gewalt, Krieg, Hass und Krankheit um?“, lauteten die brennenden Fragen laut Dietrich.

„Mit der Kreuzigung Jesu sehen wir am Karfreitag das Leiden. Aber wir sehen zu Ostern hin auch, dass Leid und der Tod überwunden werden. Leicht zu verinnerlichen sei der Gedanke sicherlich nicht. „Die Hoffnung hat es schwer im Moment, auch wenn es wichtig ist, dass wir diese immer wieder neu schöpfen“, konstatiert die Tannerin.

Zum Karfreitag zieht ihr Kollege Vonderau ein Bild heran: „Das Kreuz wird zum Lebensbaum und lässt uns aufleben“, sagt er und meint damit eben die von ihm eingeforderten Handlungsimpulse. „Als Christen können wir nicht gleichgültig am Rand stehen und tatenlos bei Leid und Unrecht zuschauen“, betont der Pfarrer. (Lesen Sie auch: Fulda: Diese Gottesdienste finden am Osterwochenende statt)

Pfarrerin beobachtet: Mehr Kirchengänger seit Kriegsausbruch

Auch bei vielen Menschen, die sich von der Kirche abgewandt haben, sei dieser Gedanke nicht aus dem Bewusstsein geraten, ist die Pfarrerin überzeugt. Das nehme sie aus vielen Gesprächen mit Menschen mit, die den Schritt des Kirchenaustritts schon gegangen sind. „Die haben an der Kirche gelitten, und daran, dass sich die Institution um sich selbst dreht. Aber auf das christlich-jüdische Wertefundament können sie noch immer aufbauen“, sagt Dietrich. Und auch jene, die noch Kirchenmitglieder sind, sind nicht unbedingt auch regelmäßige Gottesdienstbesucher.

Jedoch macht Dietrich in ihrer Gemeinde die Suche nach Halt und Trost aus: „Seit der Krieg in der Ukraine begonnen hat, kommen wieder mehr Menschen in die Gottesdienste“, bemerkt sie. Ob sich das auch auf die Ostergottesdienste auswirkt, wird sich zeigen.

Natürlich gibt es bei Menschen die Diskrepanz in der Wahrnehmung der Institution Kirche und der konkreten Botschaft der Nächstenliebe und Mitmenschlichkeit, stellt auch Vonderau fest. „Das ist die Herausforderung, der wir begegnen müssen“, meint der Neuhofer, sieht jedoch Grund zur Hoffnung: „In der aktuellen Situation sehen wir, dass sich Leute von Aufrufen zu Solidarität und Mitmenschlichkeit ergreifen lassen. Wenn zum Beispiel in Hauswurz der Pfarrer um Hilfe für Geflüchtete bittet, dann folgen ihm nicht nur Katholiken oder Kirchenmitglieder, sondern viele andere zeigen ebenfalls die Bereitschaft zu helfen. Die Menschen lassen sich noch ansprechen“, berichtet Vonderau und verweist darauf, dass die Bibel oft von Flucht erzählt.

Video: Berliner Ostermarsch: Gegen Krieg und Waffenlieferungen

Sowohl er als auch die Tanner Pfarrerin können ganz konkrete Beispiele benennen: „In der Gemeinde in Tann betreuen wir Frauen und Kinder aus der Ukraine. Dabei unterstützt uns die Arbeiterwohlfahrt ganz stark“, sagt Dietrich. Vonderau indes weiß von einem Benefizkonzert der Kantorei oder einer Neuhofer Familie zu berichten, die zwölf Menschen aufgenommen hat. „Und auch in Rommerz und Hauswurz sind Gemeindemitglieder ganz aktiv in der Begleitung von Geflüchteten“, zählt Vonderau auf.

Gerade zum Osterfest hegen die beiden einen Wunsch: dass es die Kirchen schaffen, die Botschaft der Hoffnung und Mitmenschlichkeit so deutlich zu formulieren, dass diese gehört wird. Dietrich bringt dies noch auf einer weiteren Ebene zum Ausdruck: „Für mich ist das Thema Wahrheit zu Ostern ein ganz großes. In der Passionsgeschichte fragt Pilatus als Vertreter der damaligen römischen Weltmacht Jesus abwiegelnd und abschätzig: ,Was ist Wahrheit?‘ Gerade in der Kriegssituation ist es wichtig, dass die Wahrheit eine Stimme erhält.“

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