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Den Tafeln geht das Essen aus: Ukraine-Krieg verschärft die Lage

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Mehr als 200 neue Familien beziehen seit Anfang April Nahrungsmittelspenden der Tafel in Fulda. Diese kommt damit an die Belastungsgrenze. Um einen Konflikt zwischen Russen und Ukrainern zu verhindern, hat die Hünfelder Tafel eine Besonderheit eingeführt.

Fulda - Rund vier Millionen Menschen sind bereits aus der Ukraine geflüchtet, 2152 wurden bislang im Landkreis Fulda registriert. Um sich vor allem mit Lebensmitteln zu versorgen, kommen viele von ihnen zu den Tafeln in der Region - die damit an ihre Kapazitätsgrenze gelangen.

„Wir verzeichnen bei den Bedürftigen einen Zuwachs von 30 Prozent“, erklärt Professor Dr. Richard Hartmann, Vorsitzender der Fuldaer Tafel. Verschärfend komme hinzu, dass durch die Wirtschaftslage und die generell gestiegenen Lebenshaltungskosten auch neue Familien Hilfe bei der Tafel suchen, die schon länger in Deutschland leben.

Ukraine-Krieg: Den Tafeln geht das Essen aus - Immer mehr Bedürftige

Mit den zusätzlichen Aufgaben würden die freiwilligen Helferinnen und Helfer an die Grenze der eigenen Belastbarkeit kommen. Der Vorsitzende der Fuldaer Tafel freut sich aber, dass zumindest die Zahl der Spenden nicht zurückgegangen sei - andere Tafeln hätten mit solchen Problemen zu kämpfen.

So meldet die Frankfurter Tafel beispielsweise einen Rückgang der Spenden um 60 bis 70 Prozent. „Die Situation ist dramatisch“, sagt Tafel-Mitarbeiter Norbert Nickel. Der Rückgang der Spenden liege zum einen daran, dass die Supermärkte besser planten und weniger Produkte übrig blieben. Zum anderen würden viele große Konzerne verständlicherweise direkt an die Ukraine spenden, „was ja auch gut und richtig ist.“

Tafel im Bergwinkel: Spenden von Privatpersonen bleiben aus

In der Tafel im Bergwinkel zum Beispiel fehlt es an sogenannten Kleinspenden von Privatpersonen. „Viele Bürgerinnen und Bürger spenden nun direkt an Hilfsorganisationen in der Ukraine und nicht mehr an die Tafel“, sagt Jutta Mieke, Vorstandsmitglied der Tafel im Bergwinkel. Noch reiche die Zahl der Spenden aus, um alle Menschen zu versorgen, allerdings gebe es kurz vor Ostern jedes Jahr mehr Spenden von Supermärkten.

Die Tafeln in Deutschland - das Foto ist aus Magdeburg - stoßen wegen des Ukraine-Kriegs an ihre Belastungsrenzen.
Die Tafeln in Deutschland - das Foto ist aus Magdeburg - stoßen wegen des Ukraine-Kriegs an ihre Belastungsrenzen. © Klaus-Dietmar Gabbert/dpa

Auch im Bergwinkel gab es einen Anstieg der Bedürftigen um 20 Prozent. „Wenn sich der Trend der Neuanmeldungen auch nach den Feiertagen fortsetzen sollte, dann muss eine Lösung gefunden werden“, erklärt Mieke. Ob die Familien dann weniger Lebensmittel bekommen oder es gar zu einem Aufnahmestopp kommen müsse, sei noch unklar.

Auch bei der Tafel Lauterbach ist die Belastung höher als sonst. Die Versorgung stünde zwar noch nicht auf der Kippe, da die lokalen Einrichtungen, Stiftungen und Lebensmittelläden weiterhin bereit sind zu spenden. Trotzdem sei nicht abzusehen, wie lange dies zu bewerkstelligen sei, so Ursula Dietrich, die 2. Vorsitzende der Tafel Lauterbach.

Hünfelder Tafel „fast am Limit“: Abgabemenge pro Familie reduzieren?

„Drastisch gestiegen“ ist die Nachfrage in Hünfeld: „Wir sind fast am Limit“, sagt Rudolf Köhl, Koordinator der Hünfelder Tafel. Dazu komme, dass manche Familien bis zu neun Kinder hätten, die natürlich auch versorgt werden müssten. „Sollten die Zahlen weiter steigen, müsse eventuell die Abgabemenge pro Familie reduziert werden, damit alle Bedürftigen Nahrungsmittel erhalten können“, sagt Köhl. Er wolle schließlich niemanden mit leeren Händen nach Hause schicken oder gar Bestandskunden die Ausgabe verweigern.

So kann man Tafeln helfen

Die Hauptquelle der Tafeln sind Supermärkte, Bäckereien oder Stiftungen. Jedoch auch Privatpersonen oder Vereine können spenden. Entweder indem sie Lebensmittel direkt spenden - das geht zum Beispiel in einigen Supermärkten oder man kommt direkt zur Tafel.

Oder man spendet einen Geldbetrag. Dieses Geld darf allerdings nicht für den Zukauf von Lebensmitteln genutzt werden, sondern fließt in die Organisation, Abholung und Verteilung der gespendeten Nahrungsmittel.

Probleme mit rückläufigen Spenden habe er keine. Die Hünfelder Tafel verfüge über ein Portfolio an Lieferanten, von denen weiterhin ausreichende Mengen an Lebensmitteln geliefert werden. Die Hünfelder Tafel sei darüber hinaus auch Treffpunkt - vor allem für Russen: „Manche kommen schon zwei Stunden vor der Ausgabe, um sich zu treffen und Karten zu spielen“, erklärt Köhl.

Um Konflikte zwischen Russen und Ukrainern zu verhindern, gibt die Tafel - je nach Nationalität - bestimmte Zeitfenster vor. Einen Vorfall habe es nicht gegeben, wie Köhl betont, aber es gebe durchaus russische Kunden, die Anhänger von Wladimir Putin seien. (von Sophia Auth)

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