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Teurer Stahl und gestoppte Aufträge: Ukraine-Krieg trifft Unternehmen in Osthessen

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Von: Daniela Petersen

Stahlproduktion
In der Ukraine wird Stahl hergestellt, der von osthessischen Firmen gebraucht wird. © Hauke-Christian Dittrich/dpa

Die EU-Sanktionen treffen Russland mit voller Härte. Viele Firmen haben die Geschäftsbeziehungen auf Eis gelegt. Auch in der Region gibt es Unternehmen, die direkt vom Krieg in der Ukraine betroffen sind.

Fulda - Russland ist für Deutschland zwar nicht der größte Handelspartner. Mit einem Anteil von 2,3 Prozent gehört das Land aber dennoch zu den 15 wichtigsten. Auch im Landkreis Fulda gibt es etwa 50 Firmen, die mit Russland und der Ukraine Geschäftsbeziehungen haben.

Eine davon ist Hubtex Maschinenbau. Die Fuldaer Firma exportiert seit Jahrzehnten Produkte sowohl nach Russland als auch in die Ukraine. „Wir liefern dorthin Spezialstapler und Sonderfahrzeuge, die am Standort Fulda produziert werden“, erklärt Prokurist Lars Beuel, der bei Hubtex für den Vertrieb verantwortlich ist. (Lesen Sie hier: Lebensmittel werden knapp: Bei Landwirten in Fulda schrillen „alle Alarmglocken“)

Ukraine-Krieg trifft Unternehmen in Osthessen - Lage „extrem zugespitzt“

Durch den Ukraine-Krieg liegt derzeit ein Großauftrag mit einer Firma, die Aluminium verarbeitet, auf Eis: Im April und Mai sollten acht Spezialstapler nach Russland und zwei in die Ukraine geliefert werden, ein Umsatzvolumen von 1,5 bis 2 Millionen Euro. „Die Aufträge sind nicht storniert, aber die Produktion dieser Geräte ist gestoppt, weil die Firmen die vereinbarten Zahlungskonditionen nicht erfüllen können, sie können nichts überweisen“, sagt der 49-Jährige. Die Stapler seien zu 70 Prozent fertig und müssten nun erst einmal eingelagert werden. „Das ist natürlich auch mit zusätzlichen Kosten verbunden.“

Abhängig sei die Firma, die weltweit sechs Niederlassungen hat, nicht von den beiden Märkten. Mit 30 Prozent stärkster Markt sei Deutschland. Beim Export seien die USA, Benelux, Skandinavien, Polen und Australien bedeutend. Das Geschäft in Russland und der Ukraine mache 1 bis 1,5 Prozent vom Gesamtvolumen aus. „Aber wir haben in Russland und der Ukraine schon etwa 50 Kunden, von denen wir in naher Zukunft keine Geschäfte zu erwarten haben“, sagt Beuel.

Zu den russischen Kunden habe Hubtex momentan keinen Kontakt: „Von der Ukraine haben wir die Rückmeldung: Wir leben noch. Alles Weitere zu einem späteren Zeitpunkt.“

Hubtex sei durch den Krieg auch auf der Importseite betroffen: „Aus der Ukraine beziehen wir einen Löwenanteil an Stahl, den wir für unsere Stapler brauchen.“ Die Kosten für Stahl seien von 600 Euro die Tonne im Jahr 2019 auf inzwischen 2000 Euro angestiegen. „Das bedeutet auch, dass wir unser Produkt um zwölf Prozent teurer machen müssen. Und hier stellt sich die Frage, wie der Markt auf diese Teuerungsraten reagiert“, erklärt Beuel. Die Lage habe sich extrem zugespitzt.

Hinzu kämen die hohen Energiekosten. „Auch die Verfügbarkeit von Stahl ist ein Problem, weil einige Stahlwerke den Betrieb aufgrund der hohen Energiekosten eingestellt haben.“ (Lesen Sie auch: Wegen hoher Spritpreise: Fuldaer Baustoffhändler verlangt „Dieselkostenzuschlag“ - Belastung für Kunden wächst)

Welche Auswirkungen die Entwicklung auf das Geschäft haben wird, kann Beuel noch nicht abschätzen. Und es sei auch fraglich, ob es für die 500 Beschäftigten zu Kurzarbeit kommen wird. „Das hängt stark davon ab, ob wir das Material beschaffen können und ob uns durch die höheren Preise Aufträge wegbrechen.“

Preise für Stahl extrem gestiegen - Unternehmen verteuert Produkt

Bei der Schlüchterner Firma IS Industrie Service, die hauptsächlich nach Asien liefert, wäre das Auftragsvolumen aus Russland mit 25 Prozent am Jahresumsatz in diesem Jahr recht groß gewesen: „Wir hatten mehrere Aufträge für insgesamt eine Million Euro, die nun erst einmal auf Eis gelegt sind“, erklärt Geschäftsführer Michael Kirchner.

Bei den Produkten handelt es sich um sogenannte Zellenradschleusen, die zur Herstellung von Spanplatten benötigt werden. Diese sollten in vier Anlagen in Russland zum Einsatz kommen, wovon zwei Anlagen neu gebaut werden sollten. Das passiert nun wahrscheinlich nicht. „Der Betreiber ist Europäer und plant, die Werke nun nicht in Russland, sondern in der Slowakei und Ungarn zu bauen. Das würde uns freuen, wenn die Wertschöpfungskette nicht nach Russland, sondern in ein demokratisches Land ginge“, sagt Kirchner.

Von daher müsse seine Firma im Main-Kinzig-Kreis auch keine Kurzarbeit machen. Die Auftragsbücher seien voll. Vor einiger Zeit habe er mit einem russischen Werk direkt Geschäfte gemacht, die bestellte Ware sei zur Hälfte bezahlt, kann nun aber nun nicht versendet werden. „Es wird gerade geprüft, ob wir das ausliefern dürfen. Ich gehe aber nicht davon aus.“

Auch mit der Ukraine unterhält IS Industrie Service Geschäftsbeziehungen. Zuletzt erhielt Kirchner aus Novolinks im Westen des Landes jedoch schlimme Neuigkeiten: Eine Firma, die Ersatzmaschinen für einen Betrag im niedrig sechsstelligen Bereich bestellt hat, sei von Bomben getroffen. „Die Industrie war ja eines der ersten Ziele, die von den Russen angegriffen wurden“, sagt Kirchner. Er hat die Bilder der Zerstörung gesehen. Ob dabei Menschen getötet wurden, weiß er nicht. „Aber ich gehe davon aus.“

Video: Wegen Ukraine-Krieg: Diese Unternehmen beenden ihre Russland-Geschäfte

Auch bei der Wagner Fahrzeugteilefabrik in Fulda hat der Krieg Auswirkungen. Kabelbäume, Dichtungsringe, Schläuche oder andere Produkte aus Kautschuk: Viel wird in der Ukraine und in Russland produziert und kann nun nicht mehr importiert werden. „Der Krieg reißt die gesamte Zulieferindustrie in den Keller“, erklärt Geschäftsführer Stephan Wagner, Geschäftsführer bei der Wagner.

Sein Unternehmen habe zwar keine direkten Geschäftsbeziehungen nach Russland oder in die Ukraine, sei aber dennoch betroffen: „Wenn große Kunden weniger Autos bauen, dann hat das große Auswirkungen auf die Beschäftigung unserer Mitarbeiter.“ Das ganze Wohl der Firma hänge davon ab, dass Autos gebaut werden. Und schon jetzt zeichne sich ab, dass das rückläufig ist. „Man spürt es in Ansätzen. Daimler in Mannheim ist betroffen, BMW in München ebenfalls. Wir liefern große Mengen an BMW, wenn es unseren Kunden schlecht geht, geht es auch uns schlecht. Wir sind im Fahrwasser der großen Kunden“, sagt Wagner.

Hinzu komme das Problem mit den Halbleitern aus Fernost, die nach wie vor Mangelware seien. Im Moment seien seine Mitarbeiter noch ausgelastet. Wagner schließt aber nicht aus, dass durch den Krieg in der Ukraine und die sich abzeichnenden rückläufigen Aufträge die Beschäftigung runtergefahren werden muss.

Weshalb ein Unternehmen in Schlitz die Produktion infolge des Ukraine-Kriegs komplett einstellen musste, und wie Michael Konow, Geschäftsführer der IHK Fulda, die Auswirkungen auf die heimische Wirtschaft einschätzt, lesen Sie in der Printausgabe der Fuldaer Zeitung vom 18. März oder im E-Paper.

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