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Hohes Alter, hohes Defizit: Stadtwerke verkünden Aus für „Sinnflut“

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Von: Jessica Baier

Die „Sinnflut“ in Bad Brückenau ist am Ende: Das 60 Jahre alte Bad wird im September 2023 für immer geschlossen. Ob die Therme in dem fränkischen Kurort neu gebaut werden kann, steht in den Sternen. 

Bad Brückenau - Immer weniger Kommunen können sich ein eigenes Schwimmbad leisten: Gersfeld hat die Kaskade 2015 aufgegeben, Bad Salzschlirf schloss 2017 die Therme zu und ringt um einen Neubau. Nun kann sich die Stadt Bad Brückenau (Unterfranken) einreihen. Der Geschäftsführer der Stadtwerke, Torsten Zwingmann, erklärt, dass die Therme Sinnflut am 30. September 2023 dichtgemacht wird. Technische, bauliche, aber auch finanzielle Defizite machten eine Schließung unausweichlich.

Unterfranken: Stadtwerke verkünden Aus für „Sinnflut“ in Bad Brückenau

„Die Therme ist aus den 1960er Jahren und stark sanierungsbedürftig“, erläutert Zwingmann, der aus Petersberg-Marbach kommt. „Das Lebensalter des Gebäudes ist erreicht.“ Wegen Personalmangels und aus Energiespargründen bleibt die „Sinnflut“ bereits montags zu.

Hinzu kommt: Das jährliche Defizit, welches Bad und Sauna verursachen, liegt laut dem Stadtwerke-Chef im siebenstelligen Bereich. Das Bad schreibt tiefrote Zahlen. Der 47-Jährige sieht für das Gebäude keine Zukunft. „Eine Umnutzung ist keine Option, das Haus muss abgebrochen werden“, sagt Zwingmann.

Planungen für einen Neubau der Therme Sinnflut gebe es bereits. Jedoch ist – ähnlich wie im osthessischen Bad Salzschlirf – die Finanzierung noch unklar. Wie hoch wäre eine Förderung, wie hoch der Eigenanteil durch die Stadt Bad Brückenau? Auch die Preisentwicklungen in der Baubranche seien derzeit so dynamisch, dass derzeit unklar ist, ob ein Neubau an gleicher Stelle umsetzbar wäre.

Der Bad Brückenauer Stadtrat will darüber im April entscheiden. Eine erste Kostenermittlung vor einigen Jahren lag laut Zwingmann bei 20 Millionen Euro. Eine neue Schätzung werde um einiges darüber liegen, prognostiziert er.

Sinnflut Parkplatz
Die „Sinnflut“ in Bad Brückenau schreibt schon seit Jahren rote Zahlen. Nun kommt im September 2023 das Aus. © Jonas Wenzel

Die Zukunft der „Sinnflut“ ist also ungewiss. Selbst wenn ein Neubau auf den Weg gebracht wird, so werde die Wiedereröffnung frühestens im Jahr 2026 liegen, sagt Stadtwerke-Chef Zwingmann. Für mindestens drei Jahre werden „Sinnflut“-Stammgäste wie Schulklassen, Sportvereine ebenso wie Reha- und Kurpatienten erst einmal heimatlos sein.

Geschlossene Bäder: Dass ein Schwimmbad aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr weiter betrieben werden kann, das ist ein bekanntes Phänomen in der Region Osthessen, wenn man nach Gersfeld und nach Bad Salzschlirf blickt.

Die Therme in Bad Salzschlirf ist marode und liegt seit 2017 brach. Zwar gibt es seit 2019 einen Entwurf für einen Neubau mit einer damaligen Kostenschätzung von 24 Millionen Euro. Doch es kommt zu Verzögerungen, weil das Konzept, das hauptsächlich auf Gas als Energiequelle ausgerichtet ist, noch einmal komplett überarbeitet werden muss. Auch die Finanzierung ist noch ungeklärt.

Lange wurde auch um das ehemalige Wellnessbad Kaskade in Gersfeld gerungen. Weil der Betrieb der Stadt einen sechsstelligen Minusbetrag im Jahr beschert hatte, wurde es 2015 geschlossen. Nachdem Wiederbelebungsversuche unter anderem durch den Verein Wir für Gersfeld gescheitert waren, konnte die Stadt das Bad im April dieses Jahres veräußern. Käufer ist das benachbarte Hotel Gersfelder Hof. Doch gebadet oder sauniert wird in der Kaskade nicht mehr. Der Gersfelder Hof will das ehemalige Schwimmbad umbauen und künftig als Tagungsstätte nutzen.

Sieben Welten und Kisssalis: Während es ab September 2023 mit der Schließung der „Sinnflut“ in der Region eine Therme weniger geben wird, betonen zwei große Häuser: Sie würden nicht so schnell schließen, ihnen gehe es gut.

Das Wellnessresort „Sieben Welten“ in Künzell wurde im Jahr 2010 gebaut. Von einem enormen Investitionsstau, wie es ihn in Bad Brückenau gibt, sei man weit entfernt. „Davon kann bei uns nicht die Rede sein. Wir haben hauseigene Handwerker, die die Technik und die Anlagen permanent auf dem neuesten Stand halten“, erläutert Betreiber Martin Gremm.

Sinnflut Becken
Im September 2023 wird das Bad geschlossen. © Jonas Wenzel

Man könne die Therme zudem nicht für sich alleine sehen, sondern vor allem als „starker Frequenzbringer“ für das Bäderparkhotel. Die Wellnessgäste machten neben den Tagungsgästen einen großen Anteil aus.

Was die Energiepreise angeht, müsse man die Lage, so Gremm, ständig im Blick behalten. Die Eintrittspreise seien vor diesem Hintergrund leicht angehoben worden. „Letztendlich führen die gestiegenen Energiepreise wirtschaftlich dazu, dass der Ertrag geringer ausfällt. Aber dass die Situation uns in wirtschaftliche Schieflage bringt oder wir beim Betrieb drauflegen müssen, das ist nicht der Fall“, fasst er zusammen.

Auch die „Kisssalis“ in Bad Kissingen sieht sich für die Zukunft gerüstet. „Wir freuen uns derzeit über sehr viele Gäste“, berichtet Betriebsleiter Richard Pucher. Die Therme ist 20 Jahre alt und werde durch Investitionen auf dem aktuellen Stand gehalten.
Die Energiepreise sind laut Pucher eine große Belastung. Man musste die Preise anpassen. Doch man müsse zudem schauen, ob die Strom- und Gaspreisbremse wirken wird.

Kommt der „Kisssalis“ die Schließung der „Sinnflut“ zugute? „Vielleicht wird der ein oder andere zu uns kommen, aber das ist nicht die große Masse an Gästen. Grundsätzlich ist es extrem traurig für den Landkreis Bad Kissingen, dass die ‚Sinnflut‘ schließen muss“, sagt Pucher.

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