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Volle Auftragsbücher und kein Personal: Catering-Firmen stehen vor ernsthaftem Problem

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Gastgewerbe sucht Nachwuchs.
Der Fachkräftemangel macht sich auch in der Gastronomie bemerkbar. © Jens Büttner/dpa

Der Sommer steht an und damit auch die Hochsaison der Catering-Firmen. Viele Unternehmen können aber schon jetzt keine Aufträge mehr annehmen. Der Grund: akuter Personalmangel.

Fulda - „Bei uns ist Land unter“, berichtet Michael Glas, Geschäftsführer des Grillrestaurants Kneshecke in Dipperz-Friesenhausen bei Fulda. Viele Feste, die in der Coronakrise verschoben wurden, werden jetzt nachgeholt. „Die Nachfrage ist deshalb sehr hoch. Wir können aber wegen des fehlenden Personals nicht alles annehmen.“

Vor der Corona-Pandemie standen Glas für Catering-Aufträge drei Teams mit je vier Mitarbeitern zur Verfügung. Inzwischen gibt es nur noch ein Team. Weil für eine Feier mit 80 bis 120 Gästen vier Personen nötig sind, kann die Kneshecke nur noch eine einzige Feier annehmen – anstatt wie bisher zwei bis drei an einem Tag. (Lesen Sie hier: Rekordbelastung in der Notaufnahme: Nie zuvor so viele Patienten im Klinikum Fulda)

Fulda: Akuter Personalmangel bei Catering-Firmen - Auftragsbücher voll

Dabei habe man während der coronabedingten Lockdowns alles darangesetzt, Sicherheit gegenüber den Angestellten zu vermitteln: „Wir haben niemanden entlassen, keine Löhne gekürzt, sondern immer das Gespräch gesucht.“ Dennoch haben sich einige Mitarbeiter umorientiert und eine andere Stelle angetreten. Den Grund dafür sieht der Gastronom in der aktuellen Unsicherheit. Niemand könne absehen, wie sich die Corona-Lage bis zum Herbst entwickelt – und ob nicht doch noch einmal Beschränkungen kommen.

„Für reine Catering-Betriebe ist der Personalmangel eine mittlere Katastrophe“, macht Glas deutlich. Er führe zum Glück noch ein Restaurant und einen Grillshop und biete Grillkurse an. Neue Mitarbeiter werden trotzdem dringend gebraucht. „Wir müssen signalisieren, dass die Gastronomie eine tolle Branche ist“, betont Glas. Gastgeber sein, im Mittelpunkt stehen, umringt sein von netten Menschen, gute Löhne und Flexibilität: All das seien eigentlich gute Gründe, sich für einen Job in der Gastronomie zu entscheiden.

Vom Personalmangel betroffen ist auch der Eichenzeller Catering-Service von Sven und Marie-Christine Nelles. Noch habe man zwar genug Mitarbeiter, um bereits angenommene Aufträge nicht absagen zu müssen. „Wir könnten personell aber definitiv besser aufgestellt sein“, sagt Marie-Christine Nelles. Vor der Corona-Pandemie hatte das Ehepaar 50 bis 60 Angestellte, die sich um Catering-Aufträge gekümmert haben. Inzwischen sind es nur noch 25 bis 30.

Verlust des Personals im Lockdown - Pandemie hat Lage weiter verschlechtert

Der Verlust des Personals sei in zwei Wellen gekommen. Die erste während der Lockdowns: „Viele der Angestellten waren darauf angewiesen, weiter Geld zu verdienen. Sie haben sich einen neuen Job gesucht.“ Die zweite Welle kam bedingt durch den rasanten Wiedereinstieg ins Geschäft. „Während Corona haben sich die Mitarbeiter daran gewöhnt, die Wochenenden frei zu haben. Vielen ist die Arbeit jetzt zu stressig geworden, und sie wünschen sich einen Job mit mehr Freizeit“, erläutert Nelles.

Catering-Service Zuspann à la carte.
Beim Catering-Service von Zuspann à la carte sind die kommenden Wochenenden komplett ausgebucht. © Jonas Wenzel

Auch beim Catering-Service von Zuspann à la carte in Hünfeld sind die kommenden Wochenenden längst ausgebucht, berichtet Geschäftsführer Marc Zuspann. Gäste müssen sich, anders als früher, weit im Voraus um einen Termin bemühen. Mittlerweile fehlen dem Unternehmen vorrangig Aushilfen und Auszubildende. „Früher hast du mittwochs die Leute gefragt, ob sie samstags einspringen, und das hat geklappt.“ Viele junge Menschen hätten sich als Aushilfen etwas dazuverdient oder ihre Ausbildung im Betrieb absolviert, sagt Zuspann. Besonders für Studenten sei die Arbeit in der Gastronomie ein willkommener Ausgleich zum Lernen gewesen. „Das hat sich jetzt total verändert.“

Die Gastronomie habe stark unter der Pandemie gelitten. „Aber der Personalmangel hat sich auch schon davor abgezeichnet“, sagt Zuspann. Corona habe das Problem nur verstärkt. Die größte Herausforderung sieht er nun darin, junge Menschen zu gewinnen, die sich für einen Job in der Gastronomie entscheiden. Doch die Branche gelte als nicht krisensicher.

Video: Corona verstärkt Fachkräftemangel - Zu wenig Personal in der Gastronomie

Trotzdem ist Zuspann optimistisch und zieht ein Fazit: „Wir konnten die Coronakrise gut meistern. Unsere Mitarbeiter stehen hinter uns, sonst hätten wir es nicht geschafft.“ Aus der Pandemiezeit habe er gelernt, auch einmal „Nein“ zu sagen, um die Mitarbeiter nicht zu überbeanspruchen.

Für den Geschäftsinhaber der Großenlüderer Fleischerei Gies, Hans-Georg Gies, ist ebenfalls klar: „Es ist grundsätzlich schwierig geworden, Personal zu finden, das bereit ist, auch am Wochenende zu arbeiten.“ Die Fleischerei hat ungefähr 80 Angestellte, davon arbeiten 60 in Vollzeit. Vor der Pandemie haben sich zwei Personen nur um den Partyservice gekümmert. Jetzt sei es nur noch eine. Daher muss auch Gies das Angebot schweren Herzens zurückfahren.

Um seine Mitarbeiter nicht zu sehr zu strapazieren, müssen sie nur noch in seltenen Ausnahmen sonntags arbeiten. Eine Sieben-Tage-Woche sei auf Dauer nicht mehr zu stemmen gewesen, erklärt er. An Samstagen und auch unter der Woche sei ein Catering weiterhin möglich. „Wenn wir gebucht werden, kommen wir gerne. Wir haben auch noch einige Leute, auf die wir im Notfall zurückgreifen können“, erklärt Gies. „Aber bis zu den Sommerferien und dann danach bis zum Oktober sind wir schon völlig ausgebucht.“ (Jasmin Herzberg)

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