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„Das ist kein Spaßwetter mehr“: Temperaturen über 35 Grad drohen ab Mitte nächster Woche

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Von: Bernd Loskant

Die ersten Wochen dieses Sommers waren bereits ungewöhnlich warm – und es wird noch wärmer, wie Meteorologe Dominik Jung prognostiziert. Die Folgen sind weniger schön. 

Fulda - Dominik Jung ist Diplom-Meteorologe und Klimaexperte beim Wetterportal wetter.net. Im Interview gibt der Wetterexperte einen Ausblick auf die kommenden Wochen.

Herr Jung, seit Tagen tauchen immer wieder extreme Wetterprognosen auf, die Deutschland ab Mitte Juli treffen könnten. Was kommt da auf uns zu?

Ab Mitte kommender Woche bewegen sich sehr heiße Luftmassen von der Sahara kommend über das Mittelmeer zu uns nach Deutschland. Bereits ab Donnerstag könnten die Temperaturen auf über 30 Grad steigen – und an dem dann folgenden Wochenende vielleicht sogar auf über 35 Grad. Das könnte dann ein paar Tage so bleiben, auch bei Ihnen in Osthessen. (Lesen Sie auch: Landwirte in der Region Fulda bangen um ihre Ernte)

Das Modell der US-Wetterbehörde NOAA sieht ab Mitte Juli sogar Spitzentemperaturen bei uns von bis zu 42 Grad. Solche Karten hat man selbst als Meteorologe bisher kaum gesehen, zumindest nicht für Deutschland und Europa. Es ist extrem, was aktuell von den Wettermodellen berechnet wird. Noch ist nicht sicher, dass es so heftig kommt, aber allein die Tatsache, dass so etwas berechnet wird, ist schon außergewöhnlich.

Wie zuverlässig sind diese Wettermodelle?

In meteorologischen Kreisen wird das Modell der staatlichen US-Wetterbehörde neben dem europäischen Modell sehr gern verwendet, denn es ist sehr zuverlässig. Bis vor 10 oder 20 Jahren war es das einzige frei verfügbare globale Wettermodell, dann kam das der Europäer hinzu.

Wetter: Über 35 Grad drohen - Meteorologe warnt im Interview vor Hitze-Welle

Wie sehen die Prognosen für andere Regionen Europas aus? Ist nur Deutschland von Extremhitze bedroht?

Nein, ganz Süd-, West- und Mitteleuropa ist betroffen, teilweise sogar auch die Staaten im Osten. In Frankreich, Italien und Spanien könnte es allerdings extrem heiß werden – in manchen Regionen 45 Grad. Das ist selbst für diese Länder eine ungewöhnliche Temperatur. Dort hat man sowieso schon mit viel Hitze und großer Trockenheit zu kämpfen. Schauen Sie nach Norditalien: Der Gletscherabbruch in den Dolomiten war ja auf die große Hitze zurückzuführen. Und der Fluss Po ist relativ leergelaufen.

Wenn es die Luftmassen aus der Sahara sind, die zu uns kommen – „regnet“ es dann auch wieder Sahara-Staub?

Mit der Luft kommen in hoher Atmosphäre auch wieder Sahara-Sandpartikel zu uns. Das Sand- und Staubmodell geht davon aus, dass Ende nächster Woche einiges über unseren Köpfen ankommt.

Diplom-Meteorologe Dominik Jung warnt im Exklusiv-Interview mit der Fuldaer Zeitung vor einer drohenden Hitze-Welle.
Diplom-Meteorologe Dominik Jung warnt im Exklusiv-Interview mit der Fuldaer Zeitung vor einer drohenden Hitze-Welle. © privat; Frank Rumpenhorst/dpa

Was bedeutet die auf uns zukommende Hitzewelle für Mensch und Natur?

Vielen Menschen bereitet die Hitze gesundheitliche Probleme. Ab 35 Grad haben wir kein Wohlfühlwetter mehr, das ist auch kein Spaßwetter mehr. Da wird es für manchen Kreislauf lebensgefährlich. Ich denke an ältere Menschen in Krankenhäusern und Altenheimen. Da wird es ohne Klimaanlage unerträglich. Extremhitze bedeutet eine hohe Belastung für den Organismus. Wir erinnern uns noch an den Jahrhundertsommer im Jahr 2003, als es viele Tote gab, vor allem in Frankreich.

Und wie sieht es mit der Natur aus?

Die Trockenheit wird weiter anhalten – mit all den Folgen, die wir jetzt schon sehen. Wir hatten ja im Frühling schon zu wenig Regen, auch der Juni war deutlich zu trocken, und auch der Juli wird wieder deutlich zu trocken ausfallen. Das spitzt sich langsam zu, denn im Prinzip haben wir eine seit 2018 anhaltende Dürre. Und es wird nicht besser. Bei der Ernte werden wir eine Minimierung erleben – und das in Zeiten, wo die Lebensmittelpreise aufgrund des Krieges schon sehr hoch sind. Da auch die Erträge in unseren Nachbarländern zurückgehen, ist davon auszugehen, dass die Preise im Lebensmittelbereich weiter ansteigen.

Wie beurteilen Sie als Meteorologe den bisherigen Sommerverlauf – ist das noch normal?

Der erste meteorologische Sommermonat war der Juni, und der war in diesem Jahr deutschlandweit drei Grad wärmer als das Klimamittel. Da kann man schon direkt sagen: Es ist ein ungewöhnlich warmer Sommer gewesen bisher, und der setzt sich jetzt auch ungewöhnlich warm fort. Und es gab sehr früh große Hitze. Im kalendarischen Frühjahr hatten wir ja in vielen Regionen schon mal über 35 Grad. Insgesamt sieht das nach einem warmen, teilweise heißen Sommer 2022 aus.

Wann wird’s denn mal wieder richtig regnen?

Ich sehe derzeit nur Trockenheit, Trockenheit und nochmal Trockenheit. Die nächsten sieben bis zehn Tage ist nicht mit nennenswertem Niederschlag zu rechnen. Und was in den letzten Tagen und Wochen runterkam, war nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

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