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Oliver Reuter jagt Stürmen nach - Meteorologe gibt Prognose für Frühlingsstart ab

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Von: Jessica Baier

„Für mich waren die vergangenen Tage wie Feiertage!“, sagt Oliver Reuter (26). Der Eiterfelder hat eine Leidenschaft: das Wetter. Das Auf und Ab in dieser Woche hat ihm – anders als wohl den meisten von uns – viel Spaß gemacht. Und er gibt eine Prognose ab, wie es zum Frühlingsanfang weitergeht. 

Eiterfeld - Ein Gewitter zog am Montag über Osthessen hinweg. Während die Autorin dieser Zeilen bei jedem Donnerschlag zusammenzuckte, setzte sich Oliver Reuter voller Freude ins Auto und jagte dem Unwetter nach. Am Volkersberg bei Bad Brückenau (Unterfranken) fand sich der Eiterfelder wieder, ausgerüstet mit einer Kamera, um den nächsten Blitz zu fotografieren.

Wetter: Meteorologe aus dem Kreis Fulda gibt Frühlingsprognose ab

Reuter ist ein Sturmjäger. Alles, was das Wetter angeht, vor allem die Extreme, faszinieren den Meteorologen aus Eiterfeld-Körnbach (Landkreis Fulda). Wenn es draußen schneit und stürmt und unsereins sich bloß verkriechen möchte, hüpft sein Herz vor Freude. Der erste Blick, wenn der 26-Jährige morgens aufsteht, geht gen Himmel, um die Wolkengattung zu identifizieren.

Das Interesse fing schon früh an. Im Alter von drei Jahren drückte sich „Klein-Oli“ an der Fensterscheibe die Nase platt, wenn es draußen schneite. Seine Lieblingsjahreszeit? Ganz klar: der Sommer – wegen der Gewitter. Aber auch der Winter – wegen des Schnees.

Oliver Reuter an seiner eigenen Wetterstation in Eiterfeld-Körnbach. Der 26-Jährige rechnet mit wechselhaftem Wetter zum Frühlingsstart.
Oliver Reuter an seiner eigenen Wetterstation in Eiterfeld-Körnbach. Der 26-Jährige rechnet mit wechselhaftem Wetter zum Frühlingsstart. © privat

Ein sommerliches Gewitter mitten im März: Dieses Wetterereignis vom Montag war laut Reuter in Fulda recht harmlos gewesen, Richtung Süden wurde es heftiger, deshalb war er nach Bad Brückenau gefahren. Dabei kam selbst der Meteorologe ins Staunen: „Zwischenzeitlich kamen Hagelkörner mit zwei Zentimetern Durchmesser vom Himmel.“

Wenn der 26-Jährige an solchen Tagen seinen Terminplan nach dem Gewitter ausrichtet und dem Sturm nachjagt, rollen seine Freunde, allen voran seine Freundin, nur die Augen. Doch so kennen sie ihn. Er hat den Kopf in den Wolken, könnte man sagen. Wobei der Eiterfelder keineswegs ein Träumer ist. Vielmehr das Gegenteil: ein Wissenschaftler, der die Fakten, sprich die Wetterdaten, analysiert, vergleicht und auswertet.

Die Wetterstationen, auf die er Zugriff hat, stehen in ganz Osthessen. Diese befinden sich im Garten bei Bekannten und Freunden oder bei seinen Partnern vom Portal Osthessen-Wetter.de, bei dem er seit zehn Jahren mitarbeitet. Minütlich laufen dort Wetterinformationen aus Osthessen ein. Reuter verfasst auf dieser Website Wetterberichte, die er ebenso lockerleicht und verständlich wie unterhaltsam und humorvoll formuliert.

Beim Durchzug des Orkantiefs Zeynep Anfang 2022 streckt der Meteorologe ein Gerät in die Höhe, das die Windstärke misst.
Beim Durchzug des Orkantiefs Zeynep Anfang 2022 streckt der Meteorologe ein Gerät in die Höhe, das die Windstärke misst. © privat

So spricht er auch, der 26-Jährige, der ein geballtes Wetter-Wissen mitbringt und viel reifer wirkt, als sein Alter verrät. Wenn er übers Wetter redet, meint man, er sei ein „alter Hase“ im Meteorologen-Geschäft. Tatsächlich hat er sein seit Kindertagen gehegtes Hobby zum Beruf gemacht. Derzeit studiert er Meteorologie im Master. Seit fünf Jahren arbeitet er in Teilzeit bei der Bundeswehr – als Flugwetter-Beobachter. Wenn die Hubschrauber des Heeres in die Luft steigen wollen, dann gibt er seine Empfehlung ab, ob das Wetter einen Flug zulässt. Und das nicht nur bei Einsätzen in Deutschland, sondern weltweit.

Wenn er nicht gerade in Hannover im Schichtdienst arbeitet, widmet er sich seiner Masterarbeit, die von Waldbränden handelt. Das passt zu seiner weiteren Leidenschaft: der Feuerwehr. Er ist stellvertretender Wehrführer in Körnbach und muss oft genau dann ausrücken, wenn er sich „wohlfühlt“: bei Unwetter.

„Entwicklung ist bedenklich“: Wetter-Experte aus Osthessen zur Klimakrise

Nur weil ihn extreme Wetterlagen faszinieren, heißt das nicht, dass er extreme Klimaveränderungen verharmlost oder unterschätzt. Der Meteorologe beschäftigt sich mit der sich zuspitzenden Klimakrise, auch wenn er für „Klimakleber“ kein Verständnis hat. Die Menschheit verändere das Klima, das stehe fest, „dabei ist es nicht fünf vor, sondern zehn nach 12“, ist er überzeugt.

Dass im Sommer im Garten seiner Eltern in Arzell mittlerweile pralle Pfirsiche wachsen, wäre vor 20 Jahren undenkbar gewesen, ebenso wie ein Hitzerekord mit 39 Grad in Fulda-Horas, der im vergangenen Sommer gemessen wurde. „Da fiel mir die Kinnlade herunter. Diese Entwicklung ist bedenklich“, erklärt Reuter.

„Auch dass es Mitte März ein Gewitter gibt, dass von der Struktur und den Begleiterscheinungen ein Sommergewitter war, ist eine absolute Rarität“, erklärt Reuter das Ereignis vom Montag. Ebenso sei das Auf und Ab dieser Tage – in denen sich milde Temperaturen sowie Schnee und Kälte munter abwechseln – außergewöhnlich. „Das hängt damit zusammen, dass die Region aktuell zwischen zwei Luftmassen liegt. Derzeit bekommen wir entweder die warme Luft ab, die von dem schon recht warmen Mittelmeer zu uns strömt, oder die kalte Polarluft, die aus Skandinavien zu uns zieht“, erklärt der Meteorologe. Der 26-Jährige hat die Wärme am Freitag zum Angrillen benutzt, wie er im Gespräch mit unserer Zeitung verriet.

Der 26-Jährige ist Flugwetter-Berater bei der Bundeswehr und nimmt hier an einem Wettererkundungsflug teil.
Der 26-Jährige ist Flugwetter-Berater bei der Bundeswehr und nimmt hier an einem Wettererkundungsflug teil. © privat

Und wie geht es mit Blick auf den meteorologischen Frühlingsanfang am Dienstag, 21. März, weiter? Das Wetter wird kommende Woche – wie soll es anders sein – sehr wechselhaft, mit Temperaturen um die zehn Grad und Regen. Immerhin: „Das tut der Natur nach den Hitzesommern gut“, betont Reuter.

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