Ein sommerliches Gewitter mitten im März: Dieses Wetterereignis vom Montag war laut Reuter in Fulda recht harmlos gewesen, Richtung Süden wurde es heftiger, deshalb war er nach Bad Brückenau gefahren. Dabei kam selbst der Meteorologe ins Staunen: „Zwischenzeitlich kamen Hagelkörner mit zwei Zentimetern Durchmesser vom Himmel.“
Wenn der 26-Jährige an solchen Tagen seinen Terminplan nach dem Gewitter ausrichtet und dem Sturm nachjagt, rollen seine Freunde, allen voran seine Freundin, nur die Augen. Doch so kennen sie ihn. Er hat den Kopf in den Wolken, könnte man sagen. Wobei der Eiterfelder keineswegs ein Träumer ist. Vielmehr das Gegenteil: ein Wissenschaftler, der die Fakten, sprich die Wetterdaten, analysiert, vergleicht und auswertet.
Die Wetterstationen, auf die er Zugriff hat, stehen in ganz Osthessen. Diese befinden sich im Garten bei Bekannten und Freunden oder bei seinen Partnern vom Portal Osthessen-Wetter.de, bei dem er seit zehn Jahren mitarbeitet. Minütlich laufen dort Wetterinformationen aus Osthessen ein. Reuter verfasst auf dieser Website Wetterberichte, die er ebenso lockerleicht und verständlich wie unterhaltsam und humorvoll formuliert.
So spricht er auch, der 26-Jährige, der ein geballtes Wetter-Wissen mitbringt und viel reifer wirkt, als sein Alter verrät. Wenn er übers Wetter redet, meint man, er sei ein „alter Hase“ im Meteorologen-Geschäft. Tatsächlich hat er sein seit Kindertagen gehegtes Hobby zum Beruf gemacht. Derzeit studiert er Meteorologie im Master. Seit fünf Jahren arbeitet er in Teilzeit bei der Bundeswehr – als Flugwetter-Beobachter. Wenn die Hubschrauber des Heeres in die Luft steigen wollen, dann gibt er seine Empfehlung ab, ob das Wetter einen Flug zulässt. Und das nicht nur bei Einsätzen in Deutschland, sondern weltweit.
Wenn er nicht gerade in Hannover im Schichtdienst arbeitet, widmet er sich seiner Masterarbeit, die von Waldbränden handelt. Das passt zu seiner weiteren Leidenschaft: der Feuerwehr. Er ist stellvertretender Wehrführer in Körnbach und muss oft genau dann ausrücken, wenn er sich „wohlfühlt“: bei Unwetter.
Nur weil ihn extreme Wetterlagen faszinieren, heißt das nicht, dass er extreme Klimaveränderungen verharmlost oder unterschätzt. Der Meteorologe beschäftigt sich mit der sich zuspitzenden Klimakrise, auch wenn er für „Klimakleber“ kein Verständnis hat. Die Menschheit verändere das Klima, das stehe fest, „dabei ist es nicht fünf vor, sondern zehn nach 12“, ist er überzeugt.
Dass im Sommer im Garten seiner Eltern in Arzell mittlerweile pralle Pfirsiche wachsen, wäre vor 20 Jahren undenkbar gewesen, ebenso wie ein Hitzerekord mit 39 Grad in Fulda-Horas, der im vergangenen Sommer gemessen wurde. „Da fiel mir die Kinnlade herunter. Diese Entwicklung ist bedenklich“, erklärt Reuter.
„Auch dass es Mitte März ein Gewitter gibt, dass von der Struktur und den Begleiterscheinungen ein Sommergewitter war, ist eine absolute Rarität“, erklärt Reuter das Ereignis vom Montag. Ebenso sei das Auf und Ab dieser Tage – in denen sich milde Temperaturen sowie Schnee und Kälte munter abwechseln – außergewöhnlich. „Das hängt damit zusammen, dass die Region aktuell zwischen zwei Luftmassen liegt. Derzeit bekommen wir entweder die warme Luft ab, die von dem schon recht warmen Mittelmeer zu uns strömt, oder die kalte Polarluft, die aus Skandinavien zu uns zieht“, erklärt der Meteorologe. Der 26-Jährige hat die Wärme am Freitag zum Angrillen benutzt, wie er im Gespräch mit unserer Zeitung verriet.
Und wie geht es mit Blick auf den meteorologischen Frühlingsanfang am Dienstag, 21. März, weiter? Das Wetter wird kommende Woche – wie soll es anders sein – sehr wechselhaft, mit Temperaturen um die zehn Grad und Regen. Immerhin: „Das tut der Natur nach den Hitzesommern gut“, betont Reuter.