Wirbel um Elternbrief: Katholische Kita verzichtet auf Mutter- und Vatertagsgeschenke
Eine katholische Kita in Amöneburg-Mardorf (Marburg-Biedenkopf) hat aus Diversitätsgründen entschieden, keine Mutter- und Vatertagsgeschenke mit den Kindern zu basteln. Das sorgt für Irritationen. Das Bistum Fulda, zu dem Amöneburg gehört, entschuldigt sich.
Amöneburg/Fulda - Welche Wörter darf man noch sagen und welche nicht? Wo fängt kulturelle Aneignung an? Und nicht zuletzt: Wer fühlt sich in dieser oder jenen Situation nicht repräsentiert? Solche Fragen werden in Deutschland heiß diskutiert. Wokeness, also ein Bewusstsein für Ungerechtigkeit zu haben und politisch korrekt sein, verfängt sich mitunter in Aktionismus und treibt seltsame Blüten. Zuletzt in der katholischen Kita St. Hubertus in Amöneburg-Mardorf.
Keine Geschenke für Mama und Papa: Großer Wirbel um Kita-Brief
Die Teamleitung hat beschlossen, dieses Jahr auf Mutter- und Vatertagsgeschenke zu verzichten. Die „Bild“ hatte zuerst darüber berichtet und auch den Brief veröffentlicht, der von der Kita-Leitung an die Eltern verschickt wurde. In der Erklärung heißt es: „In der heutigen Zeit, in der die Diversität einen immer höheren Stellenwert erhält, möchten wir diese vorleben und keine Menschen ausschließen.“
Es sei für einige Mütter und Väter zwar eine „tolle Geste“, schließe aber einen Teil der Gesellschaft aus und sei nicht individuell für alle Menschen. Schwierig sei es auch für Kinder, die ohne Vater oder Mutter aufwachsen würden: „Ein Vatertagsgeschenk ohne Vater ist nicht nur ohne Wert, sondern kann die Identität eines Kindes in Frage stellen.“ Laut „Bild“ hatten viele Eltern empört darauf reagiert.
Das Bistum Fulda bedauert die „Irritationen und Missverständnisse“, die der Brief ausgelöst habe. „Darauf hat das Kita-Team bereits mit einem zweiten Schreiben reagiert und um Entschuldigung gebeten“, erklärt Matthias Reger, Pressesprecher beim Bistum Fulda, in einer Stellungnahme. Kita-Team und Elternbeirat seien nun im direkten Dialog: „Man ist sich einig, dass das ursprüngliche Schreiben unglücklich und damit falsch formuliert war. In weiteren Gesprächen mit der Elternschaft sollen die Irritationen und Missverständnisse nun ausgeräumt werden.“
Der Elternbrief im Wortlaut
„Liebe Eltern,
schon bald stehen der Mutter- und der Vatertag vor der Tür. Entgegen den letzten Jahren haben wir in unserer gemeinsamen Teamsitzung beschlossen, ab diesem Jahr keine Geschenke mehr mit Ihren Kindern zu gestalten. In der heutigen Zeit, in der die Diversität einen immer höheren Stellenwert erhält, möchten wir diese vorleben und keine Menschen ausschließen. Oft werden an Muttertag und Vatertag stereotypische Geschenke angefertigt, wie etwa Blumen für die Mutter oder Werkzeug für den Vater. Dies ist vielleicht für viele Mütter und Väter eine tolle Geste, schließt aber einen Teil der Gesellschaft aus und ist nicht individuell für alle Menschen.
Außerdem ist die Konstellation Mutter Vater Kind/er nicht mehr die Norm in heutigen Familien. Ein Vatertags-Geschenk ohne Vater in der Familie ist nicht nur ohne Wert, sondern kann die Identität eines Kindes in Frage stellen. Um allen Menschen gerecht zu werden, müssten wir mit jedem einzelnen Kind ein individuelles Geschenk anfertigen.
Mit dieser Entscheidung möchten wir keinesfalls die Bedeutung eines Mutter- oder Vatertags absprechen, sie leisten alle etwas Großes!
Mit freundlichen Grüßen, Ihr Kita-Team“
Eine dieser missverständlichen Begründungen sei der Satz, dass „die Konstellation Mutter Vater Kind/er nicht mehr die Norm in heutigen Familien“ sei. „Dies ließ bei einigen Adressaten offenbar Zweifel am Familienbild der Kita aufkommen“, so das Bistum. Kita und Bistum Fulda stellen daher gemeinsam klar, dass die Kita auch weiterhin ein katholisches Profil habe und sich für das christliche Familienbild einsetzen werde, das die Rolle von Vater und Mutter mit einbeziehe. „Gleichzeitig werden andere Lebensmodelle und Realitäten nicht ausgeschlossen“, heißt es. Was das Bistum von der Begründung hält, mit einer solche Entscheidung Diversität vorzuleben, bleibt unbeantwortet. Ebenso wie die Frage, ob es bei dem Entschluss bleibt, keine Geschenke zu basteln.
Debatte um Mutter- und Vatertags-Geschenke: Bischof Gerber nimmt Stellung
Ein Interview zum Thema wollte das Bistum Fulda zwar nicht geben, Bischof Dr. Michael Gerber ließ unserer Zeitung aber eine Stellungnahme zukommen. Er begrüße, dass Kita-Team und die Elternschaft im Dialog seien, um die Missverständnisse und Irritationen auszuräumen. Mit allen Beteiligten sei er sich einig, dass die Kita auch weiterhin ein katholisches Profil haben muss und sich für das christliche Verständnis von Ehe und Familie einsetzen wird. „Zugleich gehört es zu den Aufgaben einer Kita, mit Sensibilität und Respekt den Kindern und ihren Familien zu begegnen, die in einer anderen Lebensrealität leben“, erklärt Gerber.

Eine Wokeness-Diskussion hatte unlängst auch der Schlagerstar Florian Silbereisen angestoßen, als er aus dem Hit „1001 Nacht“ das Wort „Indianer“ gestrichen hatte. Inzwischen haben Silbereisen und Songschreiber Diether Dehm ihren Streit beigelegt.