Dass von den geschätzten 200 Mufflons die meisten vom Wolf innerhalb gut eines Jahres erlegt worden sind, hält Schwartz für „durchaus denkbar“. Der Muffel sei momentan die Hauptbeute des Wolfes, der pro Tag etwa zwei bis drei Kilogramm Fleisch benötige. Obwohl die sechs Wolfswelpen noch kein Jahr alt seien und erst später Fleisch zu fressen begannen, „kommt eine ganze Menge an Beutetieren zusammen“, so Schwartz.
Auch Michael Kutscher, Forstbetriebsleiter in Bad Brückenau, sagt: „Das Muffelwild wird sehr wahrscheinlich durch den Wolf eliminiert werden.“ Gedankenspiele, dass der Wolf sich an die leichte Muffel-Jagd gewöhnt, und sich somit bei Rehen und Schwarzwild schwer tun wird, bleiben Gedankenspiele. „Der Wolf wird als Nahrungsopportunist immer an Beute kommen, solange diese für ihn erreichbar ist.“
Das Muffelwild auf dem Truppenübungsplatz wurde in den 1970er Jahren als Jagdwild eingeführt. Die Tiere stammen aus einem Zuchtgehege bei Ingolstadt. Ursprünglich beheimatet sind Mufflons auf Korsika. Die dortige Landschaft ähnelt der der Rhön (Landkreis Fulda) nicht. Auf Korsika, Sardinien und Zypern leben die Mufflons auf steinigem Grund, in trockenen Felsregionen.
Der Fluchttrieb ist beim Mufflon schwach ausgeprägt. Diesen brauche es in den Ursprungsländern nicht, denn kurze Fluchten reichten aus, um rettende Steilhänge zu erreichen. Obwohl sich das Mufflon in der Rhön gut entwickelt und vermehrt hat, ist es an die Lebensbedingungen in Deutschland kaum angepasst.
Das Fluchtverhalten lässt die Tiere nur kurze Strecken flüchten, wodurch sie sich dem Beutegreifer ausliefern. Ältere Mufflons flüchten gar nicht, sie stellen sich dem Kampf. Doch auch ein massives Mufflonhorn kann dem Wolf nichts anhaben, weiß Joachim Jenrich. Der Gersfelder Biologe ist viel in der Rhöner Natur unterwegs und hat die Mufflons oft gesehen. Die in Deutschland eingeführten Tiere sind reinrassig, „darauf hat man geachtet“, denn: „In den Ursprungsgebieten war die Reinrassigkeit bedroht“, es hatten sich dort viele Mischformen zwischen Mufflons und anderen Schafarten entwickelt.
Obwohl sich die Bestände in Deutschland gut entwickelt haben, leiden viele Muffel an der „Moderhinke“ oder anderen Huferkrankungen. Die Mufflons haben neben Hörnern dicke Hufe, die sich in Laub- und Mischwäldern nicht abnutzen, wie sie es auf steinigem Terrain tun würden. Infektionen sind die Folge, denen mehrere Populationen zum Opfer gefallen seien.
Als Naturfreund würde sich Jenrich wünschen, dass beide Tierarten langfristig zur Rhöner Artenvielfalt gehören, auch in der Kulturlandschaft: „Man muss sich anders organisieren, man muss sich arrangieren und auch Wildtiere lernen, sich auf den Wolf einzustellen.“ Doch eine Koexistenz von Wolf und Mufflon wird Wunsch bleiben: „Der Muffel ist intelligent, aber durch den Lebensraum hier unterlegen.“ (von Stephanie Elm)