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Zementwerk Otterbein will Steinbruch bis auf 135 Meter an Müs rücken – Ablehnung wächst

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Von: Redaktion Fuldaer Zeitung

Foto: Volker Nies
Foto: Volker Nies

Großenlüder - Im Großenlüderer Ortsteil Müs wächst die Ablehnung gegenüber dem Plan des Unternehmens ZKW Otterbein, seinen Steinbruch bis auf 135 Meter an den Ort zu erweitern. In der ersten Versammlung einer neuen Interessengemeinschaft gegen die Erweiterung wurde auch grundsätzliche Kritik an der Produktion geübt.

Von unserem Redaktionsmitglied Volker Nies

350 Interessierte kamen ins Bürgerhaus Müs – mehr als doppelt so viele, wie Günther Peschau und Patrick Reinhardt, Sprecher der Interessengemeinschaft „Unsere Heimat Müs“, erwartet hatten. Das Klima in der Versammlung war ruhig und sachlich. Doch keiner der Anwesenden verteidigte die Position des Unternehmens.

Um Verständnis für die ZKW Otterbein warb lediglich Bürgermeister Werner Dietrich (UBL). „Ich habe eine Verantwortung für die Bürger, aber auch das Unternehmen“, sagte Dietrich. Vor sechs Wochen hatten die Zement- und Kalkwerke ihre Erweiterungspläne vorgestellt: Der Steinbruch solle vertieft und zugleich um 6,5 Hektar in Richtung Müs wachsen.

„Die Veränderungen wären dramatisch“

Beides sei nötig, um Kalk in den Mengen abbauen zu können, „die den Fortbestand des Unternehmens mit seinen 120 Arbeitsplätzen um weitere 20 bis 25 Jahre sichern“, sagte Unternehmer Winfried Müller in der Versammlung Mitte November. Bei der jetzt geplanten Erweiterung geht es nach der Vorhabenbeschreibung der Firma aber lediglich um zehn weitere Betriebsjahre, stellte der Bürgermeister klar.

Diese Erweiterung zu verhindern, ist wichtigstes Ziel der IG „Heimat Müs“. „Wenn der Steinbruch – wie geplant – bis auf 135 Meter an unseren Ort heranrückt, werden die Belastungen durch Staub, Lärm und Erschütterungen wachsen. Die Veränderungen wären dramatisch“, sagte Peschau.

Aufbereiteter Abfall wird verbrannt

Heute sei der Steinbruch noch 288 Meter vom Ortsrand entfernt. Auch die Auswirkungen auf das Grundwasser und das Flüsschen Altefeld wären erheblich, denn – so Peschau – die Sohle des Abbaugebiets solle in Zukunft zehn Meter unter dem Niveau der Altefeld liegen. Auf Karten, die per Beamer auf einer Leinwand gezeigt wurden, demonstrierte die IG, wie weit der Steinbruch in Zukunft an verschiedene Teile des Orts heranrücken werde.

Peschau beklagte auch die Emissionen, die in der Produktion entstehen. Beim energieintensiven Brennen des Zements werde mit staatlicher Genehmigung auch aufbereiteter Abfall verbrannt, ohne dass das Unternehmen die höheren Umweltstandards von Müllverbrennungsanlagen einhalten müsse.

Hohe Quecksilber- und Chrom-Belastung

Er frage sich, sagte Peschau, ob es einen Zusammenhang zwischen der Abfall-Verbrennung bei Otterbein und der hohen Belastung des Gemeindegebiets mit Schwermetallen gebe. „Laut hessischem Umwelt-Landesamt besteht in Großenlüder die dritthöchste Belastung aller hessischen Gemeinden mit Quecksilber. Nur Großenkrotzenburg und Frankfurt liegen noch höher“, sagte der Sprecher. Diese Belastung habe sich in Großenlüder allein zwischen 2008 und 2012 fast verdoppelt. Die Belastung mit Chrom sei in dieser Zeit sogar um den Faktor 15 angewachsen.

Der Bürgermeister sagte, eine Lösung gebe es nur im Dialog. Das Unternehmen, das zu den kleinsten Zementwerken Deutschlands gehöre, müsse sich fragen, ob die Sicherung von zehn weiteren Jahren Zementproduktion einerseits und die zusätzliche Beeinträchtigung für Mensch, Natur und Umwelt durch das Heranrücken des Steinbruchs an Müs bis auf 135 Meter in einem vernünftigen Verhältnis zueinander stünden.

Bürgermeister: Belastungen reduzieren

„Otterbein muss die Belastungen reduzieren. Dann hat es die Chance, sein Erweiterung so zu realisieren, dass die Bürger sie akzeptieren.“ Dietrich strebt an, dass das Unternehmen 2020 erklärt, wie genau es den Steinbruch erweitern will. Im Jahr 2020 müsse dann auch die Gemeinde eine Grundsatzentscheidung zur Erweiterung fällen. Peschau erklärte, die Interessengemeinschaft werde im Januar beraten, ob sie zur Bürgerinitiative werden wolle.

Hintergrund – Sprengen umstritten: Schon vor der Debatte über die Steinbruch-Erweiterung beklagten sich Bürger im Rathaus regelmäßig über ZKW Otterbein, sagte Bürgermeister Werner Dietrich (UBL) in der Versammlung. „Es gehen zwei bis sechs Beschwerden pro Monat ein. Sie haben nur ein Thema: die Sprengungen und die Erschütterungen, die im Ort zu spüren sind.“ Laut Otterbein wird viermal pro Woche gesprengt.

Dietrich fordert deshalb, dass die ZKW in Zukunft auf Sprengungen verzichten. „Andere Betriebe zeigen, dass das möglich ist.“

ZKW-Chef Winfried Müller sagte unserer Zeitung vor einigen Tagen, das Unternehmen werde bei der Vorbereitung seines Genehmigungsantrags „selbstverständlich auch prüfen, ob ein sprengstoffloser Abbau möglich und sinnvoll ist“. Welche Abbautechnik geeignet ist, werde anhand einiger Kriterien geprüft, wie Rohmaterialbeschaffenheit, potenzielle Erschütterungs-, Lärm-, Staubemissionen sowie die Auswirkungen auf Menschen und Gebäude.

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