Nazi-Zwischenrufe bei Sitzung - jetzt reagiert die Kommunalpolitik

Die Sitzung des Ortsbeirats 2 in Frankfurt wurde von Nazi-Zwischenrufen unterbrochen. Die Kommunalpolitik diskutiert jetzt über rechte Gewalt - und reagiert auf die Zwischenrufe.
- Bei der Sitzung des Ortsbeirat 2 in Frankfurt kam es zu Nazi-Zwischenrufen
- Die Sitzung fand wegen der Corona*-Regeln per Videokonferenz statt
- Jetzt reagiert der Ortsbeirat und fordert Infos zum Thema Extremismus in der Stadt Frankfurt
Frankfurt - Ein zackiges „Heil Hitler!“ hört man in der Frankfurter Kommunalpolitik auch nicht alle Tage. Besonders glücklich sind die Mitglieder des Ortsbeirats 2 über den Ausruf nicht, im Gegenteil. Seit die Corona-Regeln das gemeinsame Tagen erschweren, experimentiert der Zweier recht erfolgreich mit Videokonferenzen auf der Onlineplattform „Zoom“. Die erste hatten allerdings Krawallbrüder genutzt, um mit Nazi-Zwischenrufen zu stören. Die bringt das Gremium nun zur Anzeige.
Da sind sich die Mitglieder einig. Auch wenn eine solche Anzeige die Täter wohl nicht dingfest machen könne, sei sie wichtig. Als Signal, dass der Ortsbeirat keine Nazi-Propaganda duldet. Und damit der Vorfall Einzug in die Statistik über rechte Straftaten erhält. Just um die entspinnt sich am Abend ein bizarrer Streit.
Rechte Gewalt: Frankfurter Ortsbeirat bringt Nazi-Zwischenrufe zur Anzeige
Bockenheim ist ein wehrhafter Stadtteil. Die Bewohner halten das Gedenken wach, am Hülya-Platz etwa. Hülya Genc starb 1993 bei einem Brandanschlag von Nazis in Solingen. Das Mädchen wurde nur neun Jahre alt. Auf dem nach ihr benannten Platz zwischen Friesengasse und Kleiner Seestraße in Frankfurt treffen sich Menschen aus dem Stadtteil am heutigen Freitag, 29. Mai, 17 Uhr, wieder zur Mahnwache. Schon im Februar trafen sich Bockenheimer zur Mahnwache auf dem Hülya-Platz, Anlass war der Mordanschlag in Hanau*.
Passend dazu hat der Ortsbeirat am Mittwoch einen Antrag verabschiedet, der die Stadt nach Erkenntnissen bezüglich rechtsextremer und rassistischer Gewalt befragt. Und ob die Verwaltung ein wachsendes Problem für das gesellschaftliche Zusammenleben in Frankfurt erkenne.
Menschen mit Migrationshintergrund berichteten zunehmend von Übergriffen, schreibt die SPD in ihrem Antrag. Etwa der antisemitische Angriff auf das Restaurant „Zeil Kitchen“ oder die Morddrohungen gegen die Frankfurter Rechtsanwältin Seda Basay-Yildiz. Die SPD sieht darum die Notwendigkeit, „Rassismus und Rechtsextremismus als zunehmendes und strukturelles Problem anzuerkennen“ und zu bekämpfen.
Diskussion über rechte Gewalt in Frankfurt: Nazi-Zwischenrufe bei Ortsbeiratssitzung
Das sehen auch die anderen Fraktionen so. Indes erhält das Papier nicht die volle Unterstützung. Statt dessen entflammt ein Streit darum, ob rechte Gewalt schwerwiegender sei als Extremismus aus anderen Richtungen, etwa von links oder von Islamisten.
„Ich stehe gegen jede extremistische Gewalt“, sagt etwa Christian Loose (CDU). Der Blick nur in eine Richtung helfe nicht, dem Problem Herr zu werden, was auch die FDP so sieht. Knut Emmert (BFF) bringt gar einen entsprechenden Antrag ein. Die SPD möchte den aber nicht übernehmen, auch nicht Teile. Das würde rechte Gewalt „verharmlosen und verwässern“, sagt Svenja Pasternak. Günter Pelkes (FDP) Zwischenruf „Gewalt ist Gewalt“ kontert Daniel Brenner (Grüne) mit: „Ein Toter ist ein Toter.“
Frankfurt: Ortsbeirat reagiert auf Nazi-Zwischenrufe
Ortsvorsteher Axel Kaufmann versucht noch, zu schlichten. Keineswegs bedeute die Frage nach Rechtsextremismus, dass Gewalt von Linken oder anderen Extremisten ausgeblendet werde. Der rechte Nazi-Terror sei aber aktuell gefährlich, was der Anschlag in Hanau zeige oder der Mord am CDU-Mann Walter Lübcke in Kassel. Da sei es legitim, den Fokus eines Antrags auf die rechte Szene zu legen. Alle anderen Extremisten könnten dann ihre eigenen Anträge erhalten. „Wir müssen nicht alles zusammenwerfen.“
Die Gäule kann er nicht mehr einfangen, bis in die Tage der Weimarer Republik galoppieren sie. Erst ein Antrag auf Abstimmung setzt dem Disput ein Ende. Der Ortsbeirat beschließt beide Anträge, befragt die Stadt Frankfurt einmal nach rechten Extremisten und einmal nach allen Extremisten.
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