Das Konzept, mit Zugtieren zu arbeiten und die gesamte Landwirtschaft ohne große Maschinen zu bewältigen, favorisiert Tabea Seegel nicht von ungefähr. „Ich habe den Hof von meinem Vater übernommen, der den Ackerbau mit Pferden betrieben hat.“ Winfried Stubinitzky, der 2019 starb, war als Förster und Landwirt über den Kiebitzgrund hinaus bekannt. Tochter Tabea führt so das Erbe ihres Vaters fort.
Um die nächsten Grundsteine ihrer Solawi zu legen, findet am Samstag, den 22. Januar, von 10 bis 15 Uhr eine digitale Infoveranstaltung über Zoom statt.
Neben einer Einführung in das Thema Solawi stellt sich die Familie Seegel mit ihrem Hof vor. Fragen können gestellt und beantwortet werden.
Interessierte können sich per E-Mail an info@jonah-gaerten.de anmelden. Tabea Seegel ist auch telefonisch unter (0151) 10796585 erreichbar.
Das Projekt wird, wie der Landkreis mitteilt, entwickelt in Zusammenarbeit mit der Ökomodell-Region Landkreis Fulda und durch das Hessische Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz gefördert.
Doch damit nicht genug: Seit einem Jahr sät und erntet Tabea Seegel nicht nur für die eigene Familie, sondern hat bereits zehn Anleger, die sich an ihrer Solidarischen Landwirtschaft (Solawi) beteiligen. „Dazu kalkulieren wir zunächst die Produktionskosten, die sich aus Saatgut, Lohn und Werkzeug zusammensetzen. Im letzten Jahr haben wir dann die Kosten durch zehn geteilt und konnten dann die Ernte auf diese zehn Anleger verteilen“, erklärt Tabea das Konzept ihrer Solawi auf dem Hof Seegel. Zum Produkt-Sortiment zählt kein Fleisch, im Fokus steht die Versorgung mit Gemüse.
Aber um Kohl, Rüben, Salat, Rote Beete und Zucchini oder aber Feldfrüchte wie Weizen, Gerste und Kartoffeln anbauen zu können, musste sich die junge Langenschwarzer Familie sehr viel Wissen aneignen. Neben fachlichen Fortbildungen war auch das Knowhow älterer Dorfbewohner gefragt, die früher noch auf diese Art gesät, gepflegt und geerntet haben. „Wir sind allen sehr dankbar, die uns mit Rat und Tat zur Seite stehen und die wir immer wieder fragen können, um die Ernte so ertragreich wie möglich zu gestalten.“
Denn neben den Maschinen verzichtet man auf dem Hof Seegel auch komplett auf Pestizide. Sowohl die Samen als auch die Ernte sind somit reine Bio-Produkte. Doch das birgt ein gewisses Risiko: „Wir hatten schon bei einigen Versuchen weniger Ertrag – und dafür im Gegenzug einen großen Überschuss an Möhren.“
Dieses Modell lässt die Ernte möglicherweise unterschiedlich ausfallen. „Mit unserer Solawi können wir aktuell bis zu 150 Menschen versorgen. Sollte das Projekt gut ankommen und sich mehr Anleger finden, könnten wir uns gut vorstellen, noch jemanden einzustellen“, so Seegel.
Durch die Solawi sollen Erzeuger und Verbraucher gegenseitige Wertschätzung und Anerkennung erfahren. Ein langfristiges Verhältnis soll so entstehen. Auch bekommen Verbraucher ein anderes Gespür für angemessene Preise und saisonale Ernte – und kein Handelspartner steht dazwischen. Transparenz im Umgang mit den Kosten wird dabei groß geschrieben, denn eine Gewinnmaximierung ist ausgeschlossen.
Christof Seegel, der als Informatiker in Vollzeit in einem Betrieb fest angestellt ist, unterstützt seine Frau, wo er kann. „Als ‚Quereinsteiger‘ war ich am Anfang etwas stutzig über das Arbeiten mit Zugtieren, doch mittlerweile bin ich zu 100 Prozent überzeugt davon“, erinnert sich der 33-Jährige. Besonders freut es ihn, wenn seine Kinder Samuel (9) und Lilly (6) mithelfen. „Ich reite gerne und helfe beim Ausmisten im Stall“, erklärte Samuel. Neben den Pferden haben es ihm auch die Kühe und Schweine angetan. Für seine Schwester steht das Reiten und die Zeit mit den Tieren ebenfalls an erster Stelle: „Aber ich bin auch gerne im Garten oder spiele mit meinem Bruder Aaron.“ Der jüngste Spross der Familie ist zwei Monate alt und in der Trage oder im Kinderwagen überall mit dabei.
Für Familie Seegel steht fest, dass eine Welt, in der ein Landwirt nicht von seinem eigenen Ertrag leben kann, keine sichere ist. „Unser Wunsch ist, dass sich irgendwann der ganze Kiebitzgrund selbst versorgen kann.“ Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg. (von Alisa Kim Göbel)