Grundnahrungsmittel um 60 Prozent teurer: Rasdorfer Verein hilft Landbevölkerung in Kenia

„Der Ukraine-Krieg ist auch in Kenia angekommen“. Dies stellt Maren Herbert, die Vorsitzende des Rasdorfer Vereins „Reichtum der Herzen“, nach ihrem Besuch dort bestürzt fest.
Rasdorf/Kenia - Die Auswirkungen des Krieges auf die weltweite Nahrungsmittelversorgung zeigen in Kenia drastische Spuren. So sind die Preise für die Grundnahrungsmittel Mais, Bohnen, Speiseöl und Weizen sowie für Düngemittel seit Kriegsbeginn um rund 60 Prozent gestiegen. Diese Preissteigerungen haben massive Folgen für die häufig ärmliche Bevölkerung und verändern die Lebensbedingungen grundlegend.
Hessen: Rasdorfer Verein hilft Landbevölkerung in Kenia
Ihren Aufenthalt in Kenia verbrachte Maren Herbert vorrangig in der Missionsstation Lower Subukia, die vom Franziskanerorden betrieben und vom Verein aus Rasdorf (Hessen) unterstützt wird. Die Station liegt rund 60 Kilometer entfernt von der nächstgrößeren Stadt Nakuru mitten im großen afrikanischen Grabenbruch. Sie besteht neben einer Krankenstation und einem Heim für behinderte Kinder sowie Waisenkinder auch aus einer weiterführenden Schule, die von etwa 450 Schülern besucht wird.
Die Jugendlichen sind im schuleigenen Internat untergebracht und erhalten so neben guter Bildung auch ein Dach über dem Kopf und eine warme Mahlzeit am Tag – was einen enormen Luxus für Kenia darstellt. Um die Versorgung der Schulgemeinde sicherzustellen, haben sich die Franziskaner zusammen mit der Schulleitung vermehrt um die Gestaltung des Schulgartens gekümmert. Durch den Anbau von eigenem Obst und Gemüse sowie das Halten von Kühen sollen die explodierenden Kosten für Lebensmittel etwas abgefangen werden.
Der Verein
„Reichtum der Herzen“ versucht, durch regelmäßige Spenden an die Krankenstation und das Kinderheim der Franziskanermissionare in Kenia sowie durch Patenschaften für Kinder, deren Eltern sich den Besuch einer weiterführenden Schule nicht leisten können, nun seit zehn Jahren die vor Ort herrschende Not zu lindern.
Durch die Mitarbeit im Garten erhalten die Schüler auch die Möglichkeit, Kenntnisse im Umgang mit Tieren und im Anbau von Lebensmitteln zu erhalten. Sie können ihre im Unterricht theoretisch erworbenen Fähigkeiten anwenden und lernen zudem Verantwortung zu übernehmen. „Bedenkt man, dass der Großteil der kenianischen Bevölkerung eigene Felder besitzt und diese bewirtschaftet, erwerben die Schüler also auch Fähigkeiten, die sie zu Hause in ihre Familien weitertragen und so hoffentlich langfristig zu einer ertragreicheren Ernte beitragen können“, erläutert Maren Herbert.
Der größte Teil der Lebensmittel wird jedoch von den Franziskanern von den vor Ort ansässigen Kleinbauern bezogen. „Dadurch bleibt die Wertschöpfung in der Region und die Bauern vor Ort haben ein geregeltes Einkommen“, so der zuständige Pater Miro Babic. (Lesen Sie hier: Hilfe für den kleinen Jayden aus Flieden: Renate-Fehl-Stiftung initiiert Spendenaktion)
Die gestiegenen Preise haben auch massive Auswirkungen auf die sonst gut funktionierenden dörflichen und familiären Hilfssysteme. In der Vergangenheit war es so, dass sich die Familienmitglieder gegenseitig unterstützten und die Dorfgemeinschaften Menschen in Not halfen. Diese Hilfssysteme brechen immer mehr zusammen, da viele Menschen gerade einmal sich selbst und ihre Kinder ernähren können.
Grundnahrungsmittel um 60 Prozent teurer
Maren Herbert gibt ein Beispiel: „Bei unserem Besuch in Subukia ist uns ein 15-jähriges Mädchen aufgefallen, das sehr unterernährt wirkte und dreckig war. Das Mädchen erzählte uns, dass ihre Eltern gestorben seien und ihr großer Bruder in die Stadt gegangen sei, um dort einen Job zu finden. Das Mädchen sollte eigentlich bei ihrem Onkel leben. Doch dieser habe sie weggeschickt, da er nicht in der Lage sei, sie zu ernähren. Seitdem lebe sie im Busch und bettele für Essen“.
Nachdem den Franziskanern das Mädchen aufgefallen war, besuchten sie den Onkel, um die Situation besser einschätzen zu können. Dieser erklärte, er habe sechs eigene Kinder und sei arbeitslos. Durch die ausbleibende Regenzeit wäre auf seinen Feldern nichts gewachsen und er müsse zuerst an seine Familie denken, bevor er die Kinder seines Bruders auch noch mitversorgen könne. Daraufhin unterstützten die Franziskaner die Familie mit einer Lebensmittelspende.
„Diese soziale Ausgrenzung ist uns in den letzten Jahren in Kenia so noch nirgends begegnet“, erklärt Herbert, „und daher waren wir ziemlich schockiert“. Die Franziskanermissionare berichteten, dass diese Fälle aufgrund der hohen Kosten für Lebensmittel zunehmen. Dieses Beispiel zeigt, wie die weltweiten Konflikte auch auf die ärmsten Menschen Einfluss nehmen und welche massiven Folgen sie haben. „Es bleibt zu hoffen, dass die Regenzeit in diesem Jahr gut ausfällt, sodass auf den Feldern endlich wieder etwas wächst“, so Herbert. (hw)