Das Büro von Bürgermeister Benjamin Tschesnok (CDU) befindet sich im Erdgeschoss, rechterhand neben dem nun großzügigeren Empfangsbereich. Der Terrazzo-Fußboden dort wurde erhalten – das musste er aus Denkmalschutzgründen auch. „Für uns hat sich bei der Sanierung die Aufgabe gestellt, die teils widersprüchlichen Interessen, beispielsweise von Denkmalschutz und Brandschutz, unter einen Hut zu bringen“, sagt Tschesnok, der eigentlich nur noch seinen Sessel aus dem Ausweichquartier im „Moma“ mitbringen muss.
Dann könnte er theoretisch im alten, neuen Haus ans Werk gehen. Schlicht und funktional kommt das Büro des Verwaltungschefs daher, direkt über ihm ist künftig die städtische Pressestelle beheimatet – im ehemaligen Büro von Dr. Eberhard Fennel. Ganz oben, quasi über den Dächern von Hünfeld, hat das städtische Bauamt sein Domizil.
Das 1889 erbaute Rathaus war zu einem Fall für eine grundlegende Sanierung geworden. Feuchtigkeit hatte dem Gebäude im Lauf der Zeit massiv zugesetzt. Das war selbst am Sandsteinmaterial des historischen Treppenaufgangs zu erkennen. Dort mussten die seitlichen Wangen mit Betonstein neu aufgemauert und mit Sandstein verkleidet werden, außerdem mussten Treppenstücke ausgetauscht werden. Erhalten geblieben ist das Eingangsportal aus Eichen- und Fichtenholz.
Schwerpunkte des Umbaus waren die energetische Sanierung mit der Installation moderner Heizungs-, Be- und Entlüftungsanlagen, die Ertüchtigung der Fenster und die Schaffung der Grundvoraussetzungen für die Digitalisierung. 20 Kilometer Datenkabel wurden im gesamten Haus verlegt, ebenso 20 Kilometer Stromleitungen. Der Schallschutz für die Mitarbeiter wurde ebenso berücksichtigt wie höhenverstellbare Schreibtische für die einzelnen Arbeitsplätze. Büro- und Saaltüren wurden nach Brandschutzrichtlinien verstärkt.
Auch in puncto Standsicherheit gab es Handlungsbedarf. Im Rathauskeller, gleich neben dem Tresen, wurde ein massiver Betonträger horizontal eingezogen, um die fragile Statik des Gebäudes zu stabilisieren, dessen gesamtes Gewicht auf viel zu schwachen Trägern in unzureichenden Fundamenten lastete. Die alte Tresortüre der Sparkasse gleich nebenan wurde erhalten: „Dahinter haben wir das Aha-Rezept eingeschlossen“, scherzt Tschesnok. Statt eines Geheimnisses waren diverse Schächte und Schläuche dort zu finden – das Herzstück der Belüftungsanlage.
Das neue Rathaus zeichnet sich auch durch Barrierefreiheit aus – heutzutage eine Selbstverständlichkeit, die in modernen öffentlichen Gebäuden vorausgesetzt wird. Rollstuhlfahrer etwa können ebenerdig über den neuen Haupteingang von der Rathausgasse aus ins Gebäude gelangen und anschließend den gläsernen Lift benutzen. Tschesnok erinnert an Zeiten, als immobile Menschen über einen Seiteneingang und eine Rampe gebracht und zu einem viel zu kleinen Aufzug geleitet wurden.
Digitale Bildschirme versorgen in jeder Etage den Besucher mit Informationen und dienen als Wegweiser. Wer zu Fuß nach oben gehen kann, den grüßt Schutzpatron St. Ulrich aus einer Nische heraus. Naheliegend, dass man innerhalb des Gebäudes auch überall auf die Spuren der Hünfelder Stadtgeschichte stößt. Die Besprechungsräume erhalten die Namen von drei großen Persönlichkeiten der Stadt: Konrad Zuse, Jürgen Blum und Ernst Bräuning.
Bleibt also nur noch die Frage: Wann erfolgt der Umzug der Verwaltung? Darauf möchte sich der städtische Pressesprecher Helmut Käsmann nicht festlegen. „Wir sind so gut wie fertig, aber eben nicht ganz. Es stehen noch einzelne Arbeiten aus, beispielsweise im Eingangsbereich. Wenn es aber grünes Licht gibt, sind wir innerhalb einer Woche zurück.“
Nicht nur Käsmann wird dann erleichtert sein – im wahrsten Sinne des Wortes. Nahezu alle Papierakten, die ins Ausweichquartier mitgenommen wurden, werden fortan nicht mehr benötigt – der fortschreitenden Digitalisierung sei dank.
Ungefähr dreieinhalb Jahre lang ist am Rathaus gebaut worden. Die Kosten haben sich von ursprünglich geplanten 6,4 Millionen auf rund elf Millionen Euro erhöht. Diese seien in den vergangenen Jahren komplett durchfinanziert worden, so Tschesnok. Im Haushalt 2022 taucht dieser Posten bereits nicht mehr auf.
Damit die Hünfelder sehen können, in welche Maßnahmen die Summen geflossen sind, ist ein Tag der Offenen Tür vorgesehen. Ein konkreter Termin steht noch nicht. Realistisch scheint ein Datum Ende April, Anfang Mai.