Für drei Mitarbeiter, die es offenbar gar nicht gab, hatte der Hünfelder Corona-Soforthilfe beantragt. Das System, das geschaffen wurde, um Unternehmern schnelle finanzielle Hilfe in Pandemiezeiten zukommen zu lassen, hatte der Selbstständige offenbar nur ausgenutzt.
Eine 55-jährige Zeugin, die beim Regierungspräsidium (RP) Kassel arbeitet, erläuterte während der Verhandlung das Hilfe-Programm: „Die Beantragung war ein Onlineverfahren. Dort mussten wahrheitsgemäße Angaben gemacht und geforderte Unterlagen hochgeladen werden.“ Die mehr als 700 Sachbearbeiter in Hessen seien jedoch aufgrund der nötigen Schnelligkeit bei der Abwicklung der Anträge nur stichprobenartig bei der Überprüfung vorgegangen.
Dass der Angeklagte den Antrag möglicherweise nur aus Versehen ausgefüllt hatte, konnte gestern ausgeschlossen werden. Staatsanwältin Beier sah es auch als bewiesen an, dass der Mann über die Konsequenzen von Falschangaben informiert wurde. Der Antragsteller hatte vor dem bewilligten Antrag vom 9. April 2020 bereits vier Tage zuvor einen Online-Antrag eingereicht, jedoch ohne beigefügte Unterlagen. Zwei Wochen später wurde dem Hünfelder der Antrag bewilligt.
Bei einer anschließenden Steuerermittlung bestätigte sich im Fall des 70-Jährigen der Verdacht, dass er falsche Angaben bei seinem Antrag gemacht hatte. „Begünstigt für die Corona-Soforthilfe waren Unternehmen, die wirtschaftlich aktiv sind und aufgrund der pandemischen Lage drastische finanzielle Einbußen zu erwarten hatten“, erklärte die Zeugin. In seinem Antrag habe der Angeklagte angegeben, dass er aufgrund der Pandemie seine drei Mitarbeiter nicht weiter bezahlen kann, da die Aufträge weggebrochen seien.
„Bis heute gibt es aber keinen Nachweis darüber, dass die Firma in irgendeiner Form tätig war oder Mitarbeiter beschäftigt hatte“, erklärte ein Finanzbeamter, der als weiterer Zeuge ausgesagt hatte. Im Gegenteil: „Es ist anzunehmen, dass die Firmengründung aufgrund steuerlicher Vorteile vorgenommen wurde“, mutmaßte der 56-Jährige. Dieser hatte bereits in einem anderen Verfahren wegen des Verdachts der mehrfachen Steuerhinterziehung gegen den Angeklagten im vergangen Jahr vor dem Amtsgericht Fulda ausgesagt.
„Das Finanzamt hatte den Angeklagten um das Einreichen der Umsatzsteuer des gemeldeten Unternehmens gebeten. Bei Recherchen kam zum Vorschein, dass die angegebene Firmenadresse gleichzeitig die Privatadresse war. Bei einer Begehung vor Ort und einer Durchsuchung durch den Zoll wies nichts darauf hin, dass diese Firma tätig war, obwohl sie ein breites Spektrum an Dienstleistungen anbot“, erklärte der Zeuge.
Im Handelsregister, in dem die Service-Firma geführt ist, heißt es: „Gegenstand des Unternehmens der Gesellschaft ist Gebäudereinigung, allgemeine Baudienstleistungen, Garten- und Landschaftsbau, Ordnerdienst, Facility Management, Parkeinweisung.“ Der Stadt Hünfeld sei zu diesem Gewerbe nichts bekannt gewesen.
Die Steuerbehörde konnte die von dem Angeklagten genannten Mitarbeiter nicht ausfindig machen. Doch der Angeklagte, der ohne Rechtsbeistand vor Gericht erschienen war, beharrte auf seiner Aussage und nutzte eine Betriebsprüfung der Rentenversicherung als Beweis. „Das ist nicht von mir gefälscht“, betonte er. In einem Schreiben des Finanzamts und bei der Verhandlung in Fulda im vergangenen Jahr hatte der Angeklagte jedoch zweimal angegeben, keine Mitarbeiter zu beschäftigen und keine Aufträge gehabt zu haben.
Richter Sattler konfrontierte den Angeklagten mit dessen eigenen Aussagen. Dazu rechtfertigte sich der 70-Jährige, indem er behauptete, ein schlechtes Gedächtnis zu haben und dass seine Angaben zu dem Zeitpunkt falsch waren. „Ich bin in einem schlechten medizinischen Zustand und habe wohl gedacht, das ist richtig, was ich sage, dabei war es falsch. Ich hatte Mitarbeiter“, so der Angeklagte.
Auf die Frage, was er mit den 10.000 Euro gemacht habe, gab er keine Antwort. Dafür sagte er: „Ich habe den Antrag einfach gemacht. Ich bin Rentner, bekomme 50 Euro Rente im Monat und habe einfach nicht viel Geld.“ (Lesen Sie hier: Kokain, Cannabis und kein Führerschein: 45-Jähriger nach Verkehrskontrolle vor Gericht)
In ihrem Plädoyer sah Staatsanwältin Beier den Vorwurf des Subventionsbetrugs als bewiesen an und forderte eine Strafe über 200 Tagessätze zu je fünf Euro sowie die Einziehung der ausgezahlten 10.000 Euro. Richter Sattler befand die geforderte Strafe als angemessen, da der Angeklagte zum Tatzeitpunkt noch nicht vorbestraft war.