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„Es kommen mehr Rentner als früher“: Lage bei Hünfelder Tafel angespannt

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Von: Harry Wagner

Tafel-Koordinator Rudolf Köhl mit seinen Helfern (von links) Reza Kazami, Abdulgalil Sebai und Jutta Gollbach.
Tafel-Koordinator Rudolf Köhl mit seinen Helfern (von links) Reza Kazami, Abdulgalil Sebai und Jutta Gollbach. © Celina Lorei

Bundesweit ächzen die Tafeln unter extrem hoher Belastung. In Hünfeld sieht man die Situation vor Ort noch gelassen. „Angespannt schon, aber bei weitem noch nicht dramatisch. Es hakt, aber wir brechen nicht zusammen.“ So bezeichnet Koordinator Rudolf Köhl die Lage.

Hünfeld - Zwar hat sich seit dem Krieg in der Ukraine der Zulauf deutlich erhöht, doch ein Aufnahmestopp für Kunden der Tafel steht noch nicht zur Debatte – zumindest vorerst nicht. „Ich sehe nicht ein, dass wir die Menschen aus der Ukraine abweisen, weil sie das ‚Pech‘ haben, erst jetzt zu uns zu kommen“, betont Köhl.

Hünfeld: „Es kommen mehr Rentner als früher“ - Lage bei Tafel angespannt

Dennoch: Die Anforderungen an die Tafel, die in der Konrad-Zuse-Stadt vom DRK-Kreisverband getragen wird, sind sehr viel höher geworden. Die Zahl der Familien, die sich dort mit Lebensmitteln eindecken, ist in diesem Jahr von 130 auf 230 gestiegen. „Wir vermuten, dass es noch mehr werden“, sagt Köhl.

Und so heißt es, die zur Verfügung stehenden Lebensmittel auf mehr Bedürftige zu verteilen. Wenigstens darf auch Hünfeld nach einem Beschluss des Bundesverbandes der Tafeln bis 30. November noch Waren zukaufen, um den Bestand aufzustocken. Köhl ist dankbar, auch aufgrund vieler regelmäßiger Spender eine beruhigende finanzielle Basis für die Wareneinkäufe zur Verfügung zu haben.

Einer der Großspender ist die von der inzwischen verstorbenen Wella-Miterbin Ulrike Crespo gegründete Stiftung. Viele hiesige Organisationen, Vereine und Gruppen setzten sich für die Tafel ein. Pfarrer Markus Blümel lässt in den katholischen Kirchengemeinden des Hessischen Kegelspiels sammeln. (Lesen Sie hier: Betrüger in der Innenstadt unterwegs: Tafel Fulda warnt vor falschen Spendensammlern)

Hünfelder Tafel: 230 Familien sind Kunden

Auch das Reservoir an Ehrenamtlichen sorgt bei Köhl einigermaßen für Beruhigung, wenngleich er versichert: „Helfer kann ich immer gebrauchen.“ Rund 60 Menschen sind für die Tafel im Einsatz. Die Fahrer klappern die Supermärkte in Hünfeld und der Rhön ab oder besorgen einmal im Monat länger haltbare Lebensmittel wie Reis, Nudeln oder Konserven im Zentrallager der hessischen Tafeln in Wetzlar. Obst und Gemüse ist inzwischen zu einem knappen Gut geworden.

„Die Lebensmittelmärkte scheinen inzwischen auch anders zu kalkulieren, so dass abends nicht mehr die Mengen wie früher übrig sind“, weiß Köhl. Die Grundversorgung der bedürftigen Bürger sei trotzdem bei den Tafeln in guten Händen. Ihn ärgere allerdings, dass der Staat diese Aufgabe den Ehrenamtlichen und der von ihnen aufgebauten Infrastruktur überlasse. Eine Lebensmittelkiste für zwei oder drei Euro erhalten jene, die ihre Bedürftigkeit nachweisen können. Köhl hat beobachtet, dass unter ihnen inzwischen mehr Rentner als früher sind.

Video: „Lage extrem angespannt“: Ansturm auf Tafeln steigt enorm

Weil die Räumlichkeiten in der Brunnenstraße nicht allzu üppig bemessen sind, haben die Kunden inzwischen keinen Zutritt mehr zu den Räumen, sondern müssen ihre Kisten an einem Ausgabefenster in Empfang nehmen. Köhl: „Das haben wir so gemacht, weil das Gedränge immer größer wurde und es manchmal kaum noch ein Durchkommen gab. Und wir mussten ja auch unsere Mitarbeiter im Angesicht von Corona schützen.“

Bei allem Platzmangel: Ein Raum für die in der Adventszeit bevorstehende Weihnachtsaktion der Tafel wird sich noch finden. Der wird gebraucht, wenn dort die Spielsachen gesammelt werden, die Kinder für die Kinder von Bedürftigen spenden werden, um ihnen zum Fest eine Freude zu bereiten.

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