„Herr Scheel hat von Mai 2019 bis Juni 2020 auf seiner Internetseite damit geworben, Impfbefreiungen für alle auszustellen, die sich mit einem Schreiben sowie zehn Euro und einem frankierten Rückumschlag an ihn wenden, ohne die Patienten dafür zu untersuchen“, erklärte ein 51-jähriger Kriminalbeamter, der als Zeuge vor dem Amtsgericht Hünfeld aussagte.
Die Angeklagte, die ohne juristischen Beistand vor Gericht erschien, beteuerte jedoch, dass sie an dem 21. November 2019 persönlich mit ihrem Sohn vor Ort war, und seit 2016 Stammpatientin bei diesem Arzt sei. „Die Geburt meines Sohns war mit Komplikationen verbunden. Er war ein Frühchen und immer schwer krank. Ich habe in Stuttgart entbunden und wurde nach Heilbronn verlegt, weil wir da lebten. Dort empfahl mir die Klinik indirekt Dr. Scheel – einen ganz hervorragenden Arzt“, betonte die Angeklagte.
Wegen der Erkrankungen des Kindes sei ein Impfen mit Blick auf einen Kita-Platz ausgeschlossen. „Wenn Sie ein Kind hätten, würden Sie dasselbe machen“, sagte die Angeklagte zu Staatsanwalt Dr. Jan Hof. Da die Eiterfelderin keinen Kita-Platz bekam, setzte sie die Befreiung nie ein.
Wenn Sie ein Kind hätten, würden Sie dasselbe machen.
2017 ist die Familie nach Osthessen umgezogen. Die Angeklagte gab jedoch an, die über 250 Kilometer entfernten Praxis weiter konsultiert zu haben. Während die Mutter vor Gericht aussagte, dass sie von 2016 bis 2019 mit ihrem Sohn nicht in der Praxis war, sagte der Ehemann der Angeklagten als Zeuge aus, dass er „immer mal wieder“ nach Steinheim in die Praxis gefahren sei. Von dem Brief will der 56-Jährige erst im Verlauf der Ermittlungen erfahren haben. Damit widersprechen sich die Eheleute.
In seinem Schlussplädoyer stellte Staatsanwalt Hof die Glaubwürdigkeit der Angeklagten in Frage. Richter Marc Sattler befand die Angeklagte für schuldig und setzte 35 Tagessätze zu je zehn Euro als Strafe aus. „Sie hätten wissen müssen, dass die Bescheinigung ungültig ist. Und obwohl diese nicht eingesetzt wurde – das Versuchen reicht aus“, machte Sattler der Angeklagten deutlich. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Kürzlich musste sich auch ein 70-Jähriger vor dem Hünfelder Amtsgericht verantworten. Der Hünfelder hatte für seine Firma beim Regierungspräsidium Kassel 10.000 Euro Corona-Soforthilfe beantragt – obwohl die Firma gar nicht tätig war.