Eiterfelder vor Amtsgericht angeklagt - „Er weiß nicht, was links und rechts ist“

Nationalsozialistische Parolen und rassistische Äußerungen – vor dem Hünfelder Amtsgericht musste sich am Dienstag (28. Juni 2022) ein 36-jähriger aus Eiterfeld wegen der Verwendung verfassungswidriger Kennzeichen verantworten.
Hünfeld - So soll der 36-Jährige am 20. August 2021 gegenüber einer dunkelhäutigen 21-Jährigen eine rassistische Äußerung getätigt sowie den Hitler-Gruß gezeigt haben. Die Zeugin sagte am Dienstag in Hünfeld vor Gericht aus.
„Ich wollte mit meinem Freund in einem Lebensmittelgeschäft in der Lindenstraße einkaufen, als ich die Worte ,ein scheiß N***‘ hörte“, erinnerte sie sich. „Ich war ganz perplex. Als wir uns umdrehten, schrie er von der gegenüberliegenden Straßenseite eine nationalsozialistische Parole und zeigte den Hitler-Gruß.“
Hünfeld: 36-Jähriger wegen Nazi-Parolen und rassistischen Äußerungen vor Gericht
Ihr Freund, der ebenfalls als Zeuge geladen war, bestätigte ihre Aussage und berichtete, dass das Pärchen den arbeitslosen Angeklagten wenige Tage später erneut in Hünfeld sah, als es mit dem Auto unterwegs war. „Ich habe angehalten und bin ihm bis zu einer Hofeinfahrt gefolgt.“
Diese Adresse hätten sie dann an die Polizei weitergegeben. Fünf Tage später – am 25. August – spazierten zwei junge Frauen in der Nähe des Hünfelder Krankenhauses, als sie ebenfalls auf den Eiterfelder trafen.
„Als er auf unserer Höhe war, blieb er stehen, machte den Hitler-Gruß und benutzte nationalsozialistisches Vokabular“, sagten die beiden Frauen übereinstimmend vor Gericht aus. Als die beiden erschrocken weiter gingen, habe er ihnen noch eine Beschimpfung hinterher geschrien, ehe er in die entgegengesetzte Richtung lief.
Angeklagter aus Eiterfeld leidet laut Gutachten unter anderem an Alkohol- und Drogensucht
Alle vier Zeugen erkannten den Angeklagten vor Gericht wieder. Er selbst wollte sich zu den Tatvorwürfen nicht äußern. Lediglich sein gesetzlicher Betreuer Steffen Hausdörfer richtete ein paar Worte an Richter Marc Sattler: „Er hat mir im Vertrauen erzählt, dass er mit Alkohol und anderen Substanzen in dieser Zeit etwas über die Stränge geschlagen hat. Er kann nicht unterscheiden, was links und rechts, weiß und schwarz ist.“
Verlesen wurden außerdem drei Gutachten aus den Jahren 2018, 2021 und 2022, die vom Amtsgericht Meiningen, vom Amtsgericht Hünfeld und vom Jobcenter in Auftrag gegeben wurden. Diese bescheinigten dem Angeklagten übereinstimmend einen unterdurchschnittlichen IQ, eine geistige und seelische Behinderung.
Zudem Alkohol- sowie Drogensucht, eine Spielkonsolensucht sowie eine verminderte geistige Leistungsfähigkeit. Auch dem Bundeszentralregister waren mehrere Vorstrafen wegen Diebstahls, Einbruchs sowie Beleidigung zu entnehmen. (Lesen Sie auch: Vater und Sohn nach Tat schuldig gesprochen - „nicht rassistisch motiviert“)
Richter Sattler verhängt wegen Nazi-Parolen und rassistischen Äußerungen Geldstrafe für 36-Jährigen
Oberamtsanwältin Steinmüller sah die Anklage durch die Zeugenaussagen und vorliegenden Gutachten bestätigt und forderte, den Angeklagten zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je zwölf Euro zu verurteilen. Betreuer Hausdörfer betonte: „Er hat lange Zeit kein auffälliges Verhalten an den Tag gelegt. Er ist nicht rassistisch, er kann einfach keinen Unterschied bei Menschen machen.“
Auch Richter Sattler sah die Vorwürfe bestätigt und verurteilte den 36-Jährigen zu der von der Staatsanwaltschaft geforderten Geldstrafe. „Heute wurde deutlich, dass er nicht zu einem kritischen Urteil fähig ist. Er wirkt stabil, jedoch sind die Vorkommnisse nicht zu verharmlosen.“