1. Fuldaer Zeitung
  2. Hünfelder Land

Bluttat im Rampenlicht: Das öffentliche Sterben von Peter Fechter an der Grenze 

Erstellt:

Rekonstruktion eines Verbrechens: Buchvorstellung im Haus auf der Grenze auf Point Alpha.
Beinahe eine Stunde dauerte das öffentliche Sterben des 18-Jährigen, nur wenige Meter vom Checkpoint Charlie entfernt. © Point Alpha Stiftung

„Er wollte nur die Freiheit“ ist auf der Stele aus braunem Basaltstein zu lesen, die in unmittelbarer Nähe des Tatortes in der Berliner Zimmerstraße platziert ist. Am 17. August 1962 – also vor exakt 60 Jahren – wurde hier Peter Fechter bei seinem Fluchtversuch von DDR-Grenzern erschossen.

Rasdorf/Geisa - „Mord an der Mauer – Als die Welt Peter Fechter beim Sterben zusah“, lautet der Titel des Buches, das dieses dramatische Ereignis, die Umstände und Folgen aufarbeitet und analysiert. Vorgestellt wurde die Lektüre vom Autor Sven Felix Kellerhoff nahe Hünfeld auf Point Alpha im Haus auf der Grenze.

Hünfeld: „Mord an der Mauer“ analysiert tödliche Flucht von Peter Fechter

Beinahe eine Stunde dauerte das öffentliche Sterben des 18-Jährigen, nur wenige Meter vom Checkpoint Charlie entfernt. „So helft mir doch, helft mir doch!”, ist zu hören, dann ein Röcheln. „Mutter, Mutter“, sollen seine letzten Worte gewesen sein. Wohl 34 Kugeln haben drei Grenzposten aus ihren Kalaschnikows abgefeuert. Das haben der Welt-Journalist und sein Mitautor Lars-Broder Keil recherchiert. Einsam und qualvoll verblutet der junge Stahl-Baufacharbeiter im Todesstreifen.

Kenntnisreich schildert Kellerhoff das Geschehen von damals. Es ist fesselnd und bedrückend zugleich. Vor allem die entscheidenden Momente der Flucht rekonstruiert der Referent fast minutiös. Die Zuschauer können den Fluchtweg auf einem detaillierten Schaubild genau mitverfolgen. (Lesen Sie auch: Vom Offizier zum Widerständler: Mackenzell gedenkt Wilm Hosenfeld)

Kellerhoff beschreibt kompakt die Vorgeschichte – das Leben von zwei fluchtwilligen Freunden im Osten Berlins, die Dramatik und Tragik des Fluchtversuchs, die Reaktionen in West und Ost sowie die Wahrnehmung bis heute. Es war ein Mord im Rampenlicht, der Todesstreifen rückte ins öffentliche Bewusstsein. Die Tat wurde von vielen Zeugen beobachtet, fotografiert und sogar gefilmt. Nicht zuletzt durch die Macht dieser Bilder wurde das Schicksal des erst 18-jährigen Peter Fechter zum prominenten Symbol für die Menschenverachtung des Unrechtsstaates DDR.

Schicksal von Peter Fechter: Neuauflage mit Schilderungen von Fluchtkollegen

Der Schock über das Verbrechen saß insbesondere bei den West-Berlinern tief. Die Wut gegen die SED-Machthaber wurde laut über die Mauer gebrüllt. Zum 60. Jahrestag wurde das Buch „Mord an der Mauer“ grundsätzlich überarbeitet und aktualisiert. Exklusive Augenzeugenberichte und Bildmaterial dokumentieren den Ablauf der Ereignisse.

Eingearbeitet in die Neuauflage wurden nun auch die Schilderungen von Helmut Kulbeik, dem Fluchtkollegen Fechtners, der den Sprung in die Freiheit schaffte. (hw)

Auch interessant