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„Ich habe ihn einfach nicht gesehen“: Bewährungsstrafe für 26-Jährigen nach tödlichem Verkehrsunfall

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Von: Celina Lorei

Hünfeld: Gericht verurteilt 26-Jährigen wegen fahrlässiger Tötung zu Bewährungsstrafe
An dieser Kreuzung der L3380 kam es zum tödlichen Zusammenstoß des Pkws mit dem Mofas. Ein kleines Kreuz am Straßenrand erinnert an den verstorbenen 15-Jährigen. © Celina Lorei

Zu einem schweren Verkehrsunfall, der für einen 15-Jährigen tödlich endete, war es am Abend des 14. Novembers 2021 gekommen. Am Hünfelder Amtsgericht musste sich am Dienstag ein 26-Jähriger dafür verantworten.

Hünfeld - Es war kurz nach 18 Uhr, eisig kalt und stockdunkel, als sich der 26-Jährige am 14. November 2021 in seinem VW Passat auf der Milchstraße aus Fürsteneck kommend der Kreuzung zur L 3380 zwischen Ufhausen und Eiterfeld im Hünfelder Land näherte. „Es war so dunkel, man hat kaum etwas erkannt“, erinnerte sich der Angeklagte am Dienstag vor Gericht. Kurz vor der Kreuzung befinden sich zwei Stopp-Schilder, die zum Anhalten aufrufen, Bäume und Büsche beinträchtigen die Sicht auf die Kreuzung, wie ein Zeuge vor Gericht aussagte.

Hünfeld: Bewährungsstrafe für Angeklagten nach tödlichem Unfall

„Ich habe angehalten, links und rechts geschaut und bin wieder angefahren. Dann hat es plötzlich einen Schlag getan.“ Kurze Zeit später stellt der gebürtige Hünfelder fest: Er ist nicht mit einem Reh zusammengestoßen, sondern mit einem 15-Jährigen auf einem Leichtkraftrad. Der Jugendliche wurde durch den Zusammenstoß mehrere Meter weggeschleudert. Er erlitt ein schweres Schädel-Hirn-Trauma, wie Staatsanwältin Kircher vor Gericht berichtete. „Ich habe ihn einfach nicht gesehen“, so der 26-Jährige.

Kurz nach dem Unfall traf ein Zeuge ein, der erste Hilfe leistete und vor Gericht berichtete:„Ich habe den Verunglückten in die stabile Seitenlage gelegt. Ansprechbar war er nicht mehr, aber er hat noch selbstständig geatmet.“ Kurz darauf sei Blut aus Kopföffnungen gelaufen. Alle Wiederbelebungsversuche – auch seitens der Rettungskräfte – waren vergeblich. Der 15-Jährige starb noch am Unfallort. (Lesen Sie auch: Riesige Anteilnahme nach tödlichem Unfall: Hunderte Menschen spenden für Familie von Matheo (15))

Zwei Polizeibeamte, die zum Unfallort gerufen wurden, bestätigend übereinstimmend die Aussagen des Zeugen: Es war stockdunkel, die Kreuzung ist unübersichtlich, der Helm des Opfers lag einige Meter entfernt. „Auffällig war zudem, dass kein Kennzeichen des Mofas aufzufinden war“, berichtete ein Polizeibeamter bei Gericht.

Zur Rekonstruktion des Unfallvorgangs war ein Sachverständiger hinzugezogen worden, der am Dienstag (1. Dezember) bei Gericht aussagte. „Anhand der gefundenen Spuren ließ sich feststellen, dass der Verunglückte mit 50 bis 60 km/h fuhr – das Auto war mutmaßlich 30 bis 35 km/h schnell unterwegs“, erklärte Patrick Reich. Daraus schließe er, dass der 26-Jährige mit seinem Wagen nicht direkt an der Haltelinie, sondern bereits mehrere Meter davor angehalten und dann beschleunigt haben muss. „Dort beeinträchtigen Büsche und Bäume die Sicht“, so Reich. Fragen gab es auch zum Helm des Opfers – der mehrere Meter entfernt gefunden wurde. „Das deutet daraufhin, dass der Helm nicht ordnungsgemäß geschlossen war“, so Reich.

Tödlicher Verkehrsunfall bei Hünfeld: Angeklagter hat drei Monate Fahrverbot

Staatsanwältin Kircher sah den Tatbestand der fahrlässigen Tötung bestätigt und forderte eine sechsmonatige Bewährungsstrafe mit einer Bewährungsdauer von drei Jahren, den Entzug der Fahrerlaubnis für drei Monate sowie eine Geldstrafe von 3000 Euro für den Beschuldigten.

„Mehrere Faktoren haben zu diesem tragischen Unfall geführt, aber ein grobes schweres Vergehen meines Mandanten sehe ich nicht gegeben“, eröffnete Rechtsanwalt Gerold Semsch sein Abschlussplädoyer. „Tatsache ist: Er hat ihn übersehen, er hätte ihn sehen können.“ Semsch beantragte eine Geldstrafe.

Richter Marc Sattler sah den Tatbestand der fahrlässigen Tötung gegeben und verurteilte den 26-Jährigen zu einer fünfmonatigen Bewährungsstrafe mit einer Bewährungszeit von drei Jahren sowie zu einem dreimonatigen Fahrverbot und der Zahlung von 3000 Euro an die Deutsche Verkehrsopferhilfe. „Gerade weil es eine uneinsehbare Stelle ist, muss vorsichtig agiert werden. Der Angeklagte hat nicht verkehrsgerecht gehandelt“, begründete Sattler.

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