Großvater aus Hünfeld: US-Amerikaner Stewart Flörsheim auf den Spuren seiner Vorfahren

Zwei Amerikaner in Hünfeld oder: Auch wenn man aus dem wunderschönen Kalifornien kommt, lässt sich den Reizen der Rhön doch sehr viel abgewinnen.
Hünfeld - „Es ist wirklich zauberhaft hier. Ich bin begeistert“, sagt Judy Rosloff nach einem Rundgang durch Hünfeld strahlend. Gemeinsam mit ihrem Ehemann ist sie auf eine eintägige Stippvisite in die Haunestadt gekommen. Denn Stewart Flörsheim hat seine familiären Wurzeln hier.
Großvater Jakob Flörsheim wurde 1878 in Hünfeld geboren. Er betrieb einen Handel mit Fellen, Vieh, Wagenschmiere und Lederfett. Gemeinsam mit seiner Ehefrau Fanny, gebürtig in Baumbach bei Rotenburg, emigrierte er 1933 in die USA, wo ihr Sohn Isidor bereits lebte. Die beiden anderen Söhne kamen schon ein Jahr später nach – unter ihnen Max, der 1909 ebenfalls in Hünfeld geborene Vater von Stewart Flörsheim. Er lernte in New York seine spätere Frau Flora kennen, die aus Frankfurt am Main stammte.
Hünfeld: US-Amerikaner Stewart Flörsheim auf den Spuren seiner Vorfahren
Max starb 1990 in New York und war kurz vor seinem Tod zu einem Besuch in seine Heimatstadt zurückgekehrt, die ihn eingeladen hatte. „Er war wirklich sehr glücklich, dass er Hünfeld noch einmal sehen konnte“, erzählt Stewart Flörsheim. Nun nutzte auch der 70-Jährige die Gelegenheit, um nach Deutschland zu kommen und sich auf die Spuren seiner Vorfahren zu begeben. Offizieller Anlass war eine Stolpersteinlegung zu Ehren seiner Mutter Flora auf der Frankfurter Zeil.
In Hünfeld gibt es keine Stolpersteine, die vom Leben der jüdischen Familie Flörsheim zeugen. Man weiß jedoch, dass Jakobs jüngerer Bruder Albert, geboren 1889, am Fuldaer Berg lebte. Und so geriet der Stadtspaziergang, den Stewart Flörsheim und seine Frau unternahmen, zu einem aufschlussreichen Rundgang. (Lesen Sie hier: „Ich habe wirklich einen Vater!“ US-Amerikanerin sucht im Main-Kinzig-Kreis nach ihren Wurzeln)
Begleitet von Stadträtin Martina Sauerbier und Buchautorin Elisabeth Sternberg-Siebert besichtigten die amerikanischen Gäste die Stolpersteine, die in der Innenstadt zum Gedenken an die im Dritten Reich getöteten jüdischen Mitbürger ins Pflaster eingelassen wurden. Eine Erkundung des Zuse-Museums schloss sich an, abschließend wurde der jüdische Friedhof in Burghaun unter fachkundiger Begleitung von Elisabeth Sternberg-Siebert besucht. Dort sind die Urgroßeltern von Stewart Flörsheim begraben, Raphael und Bienchen.
„Ich denke nicht, dass es unser letzter Besuch war“
Schon am frühen Abend ging es für die beiden Gäste wieder zurück nach Frankfurt. „Wir sind froh, hierher gekommen zu sein. Ich denke nicht, dass es unser letzter Besuch war. Wir sollten diese schöne Gegend kennenlernen“, betonte Stewart Flörsheim, der übrigens noch sehr gut deutsch spricht.
Im Museum Modern Art hatte direkt nach der – verspäteten – Ankunft des bahnreisenden Ehepaars ein offizieller Sektempfang durch die Stadt Hünfeld stattgefunden. Neben einigen Präsenten – Infomaterial über die jüdische Geschichte der Region, Gummibärchen und natürlich die obligatorische Flasche Aha – wurden dem Ehepaar Fotos von Max Flörsheim anlässlich dessen Besuches in der Haunestadt gezeigt.
Die Stippvisite in Hünfeld dauerte nur einige Stunden, nächstes Ziel in Europa war Frankreich: „Wir machen dort Urlaub, anschließend sind wir dort auf eine Hochzeit eingeladen.“ Im Städtchen mit dem viel versprechenden Namen Cognac. Aber wer Aha im Gepäck hat, ist ja eigentlich schon bestens versorgt.