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Weniger Milchkühe, längere Nutzungszeit: Viehhalter beleuchten Lage auf dem Rindermarkt

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Freie Bewegung im Stall, der Zugang zu Wasser und Pflegegeräten gehören zum Standard in einem Boxenlaufstall im Eckweisbacher Betrieb Dücker.
Freie Bewegung im Stall, der Zugang zu Wasser und Pflegegeräten gehören zum Standard in einem Boxenlaufstall im Eckweisbacher Betrieb Dücker. © Karl-Heinz Burkhardt

Die Lage auf dem Milchviehmarkt ist angespannt. Der Hessische Verband für Leistungs- und Qualitätsprüfungen in der Tierzucht möchte deshalb mit Kooperationen schlagkräftiger werden.

Eckweisbach - Die Qualitätssicherung der Milch, die artgerechte Haltung von Milchkühen sowie die Besamung und Viehvermarktung haben im Hessischen Verband für Leistungs- und Qualitätsprüfungen in der Tierzucht (HVL) und der Zucht- und Besamungsorganisation Qnetics hohe Priorität. Neues aus den Organisationen erfuhren die Mitglieder der Kreisgruppe Fulda-Hünfeld während der Jahresversammlung im Dorfgemeinschaftshaus „Scheppenbachhaus“ in Eckweisbach.

Hünfeld: Viehhalter beleuchten Lage auf dem Rindermarkt

HVL-Geschäftsführerin Dr. Sonja Kleinhans wies auf einen hohen Rückgang der Betriebe hin, die im Landkreis Fulda der Milchleistungsprüfung (MLP) angeschlossen sind. Demnach sank in den vergangenen zehn Jahren die Zahl der Betriebe im Bezirk Fulda-Hünfeld um 161 auf nunmehr 229 und die der durchschnittlich geprüften Kühe um 2078 auf 15.293. Hessenweit gingen im Vorjahr 1010 Milchviehbetriebe verloren. Damit nahm die Kuhzahl um 13.813 Tiere ab, wenngleich die durchschnittliche Kuhzahl pro Betrieb auf 82 Tiere stieg. Die Daten stellten insgesamt die Dramatik in der Milchviehhaltung dar.

Als positiv wertete Kleinhans den Umstand, dass der Rückgang der Kuhzahlen nicht ganz so dramatisch sei. Auch bei der Bezirksversammlung, die Kreisvorsitzender Winfried Schäfer leitete und die laut Kleinhans hessenweit die am besten besuchte gewesen sei, zeige sich, dass viele Kollegen die Milchproduktion aufgaben. Dennoch liege man mit den hier in Rhön und Vogelsberg gehaltenen Milchkühen noch sehr gut.

Vorstand

Wahlen in den Bezirksvorstand Fulda-Hünfeld

ZBH: Vorsitzender: Winfried Seng (Nüst); Stellvertreter: Alfred Ackermann (Eichenzell); Mitglieder: Daniel Müglich (Langenbieber) und Nicole Eigenbrod (Eiterfeld-Branders).

HVL: Vorsitzender Winfried Schäfer; Stellvertreter Torsten Eckart (beide Dipperz-Külos).

Laut dem Jahresabschluss, den Achim Lohrey erarbeitet hatte, lag 2022 die Leistung pro Kuh und Jahr bei 8340 Kilogramm Milch und bei den Milchinhaltsstoffen bei 4,17 Prozent Fett sowie 3,42 Prozent Eiweiß. In lediglich einem Betrieb im Kreis Fulda standen weniger als 10 Tiere. In sieben Betrieben waren es 200 bis 500 Milchkühe. 21 Kühe aus allen Rassen erreichten 2022 eine Milchlebensleistung von über 100.000 Kilogramm.

Dass die Nutzungsdauer der Kühe zu gering sei, widerlegten die Zahlen. Im Gegenteil, sie sei gestiegen und befinde sich auf einem sehr guten Niveau, so Kleinhans. Als einen Vorteil nannte sie, dass Milchuntersuchungen stets einheitlich nach deutschen und internationalen Werten erhoben würden. Die Milchkontrolle habe sich seit 120 Jahren stark entwickelt.

Weniger Milchkühe, längere Nutzungszeit

Wurden in der Zeit, als die Menschen noch Hunger hatten, Milchinhaltsstoffe wie Fett und Eiweiß nachgefragt, seien Dinge hinzugekommen, mit denen man Gesundheitsdaten erhebe. Man versuche, immer mehr aus einer Milchprobe zu generieren. In der HVL-Zentrale in Alsfeld würden jährlich mehr als eine Million Proben analysiert – nicht nur auf Leistung und Inhaltsstoffe, sondern auch auf Gesundheit und Robustheit.

Immer schwieriger gestalten sich der Export und die Abfertigung von Tieren, so Qnetics-Geschäftsführer Jens Kirch. Die Exporte gegenüber dem Vorjahr gingen 2022 aufgrund politischer Vorgaben und Schwierigkeiten in anderen Ländern um rund 1000 Tiere zurück. Um den Umsatz zu steigern, wolle man die Auktionen in der Hessenhalle Alsfeld beleben. Geschäftsführer Ronald Bialek erläuterte die 2021 entstandene PhönicGroup mit sechs Zuchtorganisationen. Die Geschäftsfelder umfassen unter anderem die Besamung, die Spermavermarktung, Trächtigkeitskontrolle, Vermarktung von Zucht- und Nutzvieh.

Die Schlagkraft dieses Verbandes werde man mit der Kooperation des Zuchtverbandes „Elitest“ im Elsass ausbauen. Dadurch erhofft man sich im Bereich der Fleischrinderzucht eine Partizipation. Der Anteil der Besamungen mit Hornlos-Bullen entwickelt sich sehr dynamisch, so Bialek. Der Zuchtleiter beim Hessischen Landesbetrieb Landwirtschaft, Jost Grünhaupt, informierte die Milchviehhalter über den aktuellen Bulleneinsatz und Werte überlegener Vererber.

Zur Verbesserung des Tierschutzes und zur Einhaltung von Tierschutzindikatoren bezog Johanna Krähling vom Ingenieurbüro für Ökologie und Landwirtschaft Stellung. Sie erläuterte das unter anderem von der EU und dem Hessischen Umweltministerium getragene „Tierwohl Milchvieh Hessen“. Daran könne jeder Milchviehhalter teilnehmen. (von Karl-Heinz Burkhardt)

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