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Diese Lücke tut vielen weh: Reaktionen auf die Schließung des Tegut-Marktes in Burghaun

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Rosi  tegut-Markt in Burghaun
Für die kleinste Stammkundin Rosi gibt es nun keine Banane mehr: Volkhard Jökel und sein kleiner tegut-Markt in Burghaun sind nun endgültig Geschichte. © Sabine Burkardt

„So ein Laden im Ort ist optimal, vor allem für die Älteren. Wo sollen die jetzt einkaufen gehen?“, fragt Berthold Jäger, der vor dem Tegut-Markt in der Burghauner Ortsmitte auf seinem Rollator sitzt und einen letzten Blick zurück auf die Ladentür wirft - die bleibt jetzt für immer geschlossen.

Burghaun - Jäger ist nicht der einzige, der die Schließung bedauert. Den ganzen Tag über schiebt die langjährige Kundschaft ihre Einkaufswagen durch die bereits sehr leeren Warenregale. Obst und Molkereiprodukte gibt es für die Hälfte, aber die Rabattaktion ist nicht der einzige Grund, warum sich viele Kunden auf den Weg in das Ladengeschäft im Hünfelder Land gemacht haben.

Hünfeld: Tegut-Schließung hinterlässt Lücke bei Kunden

Man will sich verabschieden vom Personal, das wie jeden Tag seine Pflicht an Warenregalen und Kasse tut, auch wenn es zum letzten Mal ist. „Wir sind alle unter“, antworten die Damen auf die Frage, wie deren Zukunft nach der Schließung aussieht.

Viele Kunden sagen aber auch Tschüss zu Inhaber Volkhard Jökel, der seit dem Jahr 2011 den Markt leitete und nun in den Ruhestand geht, nach 50 Jahren Arbeitsleben für tegut: „Ich war immer unter Strom, aber ich war gerne hier. Doch jetzt ist es genug und ich freue mich auf mehr Ruhe. In den nächsten Wochen mache ich erst mal gar nichts“, verrät der 66-Jährige jedem Kunden, der ihm im Laufe des Tages noch einmal die Hand schüttelt, kräftig auf die Schulter klopft oder einfach nur umarmt.

Wenn er jetzt geht, werde er vor allem die Kundengespräche vermissen, gibt der Herbsteiner zu, seine Arbeit als Kaufmann und den Umgang mit den verschiedenen Waren. Die ordentliche Warenpräsentation sei ihm dabei immer eine Herzensangelegenheit gewesen.

Nach Tegut-Schließung: Anwohner und Inhaber äußern sich

Viele Kunden seien ihm ans Herz gewachsen. So wie die kleine Rosi, die mit ihrer Mama noch einmal im Laden einkaufen möchte. „Rosi ist meine jüngste Stammkundin“, freut sich Jökel, und Rosi kennt den bärtigen Mann im roten T-Shirt offenbar sehr gut, denn sie lässt sich von ihm bereitwillig auf die Arme nehmen und lacht.

Ihre Mama erzählt derweil, dass sie fast jeden Tag im Markt einkaufen gegangen ist und die Herzlichkeit von Personal und Inhaber schätzt. „Hier durfte sich Rosi immer zuerst einen Apfel oder eine Banane nehmen und auch gleich aufessen. Das ist in anderen Supermärkten ja gar nicht möglich“, bedauert sie. „Ach, das ist so schade. Ich kaufe alles hier ein, und ich kenne viele, die das auch tun, weil sie eben nicht mehr so mobil sind“, bedauert eine 80-jährige Kundin. An die Älteren werde zu wenig gedacht, kritisiert sie.

Auch Martina Griesel kauft noch einmal ein, und bedauert die Schließung. „Ich war nicht jeden Tag hier, aber ich finde es trotzdem schade. Hier geht das Einkaufen schneller, weil die Wege kürzer sind und man nicht so lange suchen muss“, meint die Rothenkirchenerin. Und wenn man doch einmal etwas nicht gefunden habe, sei stets das freundliche Personal zur Stelle gewesen.

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Mit vollen Händen kommt Karl Müller aus dem Markt, und er findet es gerade für die Älteren schade, dass sie nun keine Möglichkeit mehr haben, sich auf kurzem Wege zu versorgen. Zudem sei der Markt nicht so überladen gewesen, und trotzdem habe man alles bekommen. „Manchmal sieht man ja den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr, wenn man sich durch die großen Einkaufsmärkte kämpft“, sagt er.

„Eine Äre geht zu Ende“, verabschiedet sich von Jökel der ehemalige Burghauner Bürgermeister Simon Sauerbier, in dessen Amtszeit der Markt um ein Haar schon vor dem Aus gestanden hätte. Sauerbier hatte im Jahr 2015 auf den Einsatz der Burghauner für „ihren“ Markt im Ort reagiert und Gespräche zwischen Vermieter, Tegut-Zentrale, Jöckel und dessen treuer Kundschaft auf den Weg gebracht, die zum Fortbestehen des Marktes geführt hatten.

Aber nun ist endgültig Schluss, obwohl der Lebensmittelhandel im Burghauner Ortskern Tradition hat: Seit 1993 war Tegut in dem Gebäude zu Hause. Zuvor war dort bereits seit 1981 ein Spar-Markt gewesen. Wie es an dieser Stelle nun weitergeht, ist ungewiss. „Man müsste hier erstmal einiges investieren, falls es ein Lebensmittelhandel werden soll“, erklärt Volkhard Jökel, während sein Blick prüfend durch die halb leeren Regale streift. Alle Ettiketten müssen akurat nach vorne zeigen. Auch am letzten Tag. (Von Sabine Burkardt)

Vor kurzem feierte die Deutsche Post mit der Stadt Hünfeld den Spatenstich für den neuen Zustellstützpunkt für Hünfeld, Burghaun und Eiterfeld.

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