Festakt zum Tag der Deutschen Einheit: De Maizière erinnert an die „schönsten Momente der Geschichte“

Zu einem unverkrampfteren Umgang mit der Entwicklung unseres wiedervereinigten Landes ermutigte der ehemalige Bundesminister Thomas de Maizière beim Festakt zum Tag der Deutschen Einheit auf Point Alpha. Man müsse Ansprüche und Erwartungen herunterschrauben.
Point Alpha - Damit bezog sich der CDU-Politiker, der in der Merkel-Regierung Innen- und Verteidigungsminister war, vor allem auf den Begriff der „inneren Einheit“. Diese müsse sich endlich in den Köpfen der Menschen vollziehen, lautet eine oft gehörte Forderung. „Ich halte das für falsch“, betonte de Maizière, „es geht nicht um Einheit, sondern um Einigkeit im Sinne von Zusammenhalt.“
Deutschland sei ein föderaler Staat mit einer föderalen Geschichte. Regionale Unterschiede von Identität und Mentalität gelten als normal. Im Osten ticke man anders als in Hessen oder NRW, es gebe so etwas wie eine ostdeutsche Mentalität.
„Alle zusammen sind wir Deutsche - in Einigkeit und Recht und Freiheit“, bekräftigte de Maizière als Hauptredner beim Festakt vor rund 200 Zuhörern in der ehemaligen Fahrzeughalle des US Camps auf Point Alpha. Vor der Festrede hatte die Kyffhäuser-Kameradschaft Grüsselbach vor dem Denkmal der deutschen Teilung und Wiedervereinigung Kränze niedergelegt. (Lesen Sie auch: Eine Zeitreise auf Point Alpha: US-Diplomat Ken Toko zu Besuch in der Gedenkstätte)
„Keine innere Einheit - aber Einigkeit“: De Maizière spricht bei Festakt auf Point Alpha
Thomas de Maizière war im Jahr 1990 Mitglied der Delegation, die den deutsch-deutschen Einigungsvertrag aushandelte. Insofern sprach er am Sonntag auf Point Alpha nicht als früheres Kabinettsmitglied, sondern als Zeitzeuge des Einigungsprozesses. Es sei nicht die Zeit für längere Phasen des Übergangs gewesen. De Maizière: „Die Bevölkerung wollte die Wiedervereinigung - je schneller, umso besser.“ Ost und West hätten allerdings die wirtschaftlichen und finanziellen Möglichkeiten - beispielsweise, was Erlöse durch die Treuhand betroffen habe - völlig falsch eingeschätzt.
Der 68-Jährige bezweifelt, dass man in Ost und West gleiche Lebensverhältnisse herstellen könne. „Das werden wir nicht schaffen. Es gibt ja auch im Osten Unterschiede, etwa zwischen Leipzig und Schwerin. Das ist keine Ost-West-Frage.“ Daher resultiere mancher Unmut daraus, dass man sich Ziele stecke, die nicht erreichbar seien.

Der in Bonn geborene CDU-Politiker brach eine Lanze für die Bürger im Osten, die die Wiedervereinigung als Zeit hoher Belastungen und nie gekannter Veränderungen erlebten. Deshalb habe sich bei ihnen vielleicht jetzt eine gewisse Müdigkeit gegenüber weiteren Herausforderungen im Zusammenhang mit der Globalisierung eingestellt. Es gehe ihnen aber um Respekt und Anerkennung dessen, was sie nach 1945 geleistet hätten.
„Und auch in einer Diktatur ist es möglich, Stolz auf das eigene Leben und die eigene Leistung zu empfinden“, sagte de Maizière, der sich für die Zukunft mehr Fröhlichkeit und Zuversicht wünscht. Man solle sich darüber freuen, was man in den Tagen der Wiedervereinigung erlebt habe: „Es waren die schönsten Momente der Geschichte. Wildfremde Menschen lagen sich in den Armen und haben geweint. Auf der Berliner Mauer wurde getanzt. Wir haben die Einheit der Nation auf friedlichem Weg erreicht, das gab es seit Jahrhundert nicht mehr.“
Festakt zum Tag der Deutschen Einheit auf Point Alpha - mit 200 Gästen
Dr. Stephan Heck als Vorsitzender des Stiftungsrats der Point Alpha Stiftung begrüßte die Gäste und sprach vom „Klang der Freiheitsglocke, von Freudentränen und Aufbruchstimmung“ in Bezug auf den 3. Oktober 1990.
Stefan Sauer, Staatssekretär im hessischen Innenministerium, betonte, dass die Deutschen für die friedliche Revolution weltweit bewundert würden. Dorothea Marx, Vizepräsidentin des Thüringer Landtags, appellierte angesichts jüngster Umfragen unter der Bevölkerung im Osten, den „Sinn von Demokratie und Freiheit zu schätzen und zu sagen: Ja, es geht uns gut.“
Für die amerikanischen Streitkräfte in Europa sprach Major General Stephen J. Maranian über die Bedeutung von Point Alpha im Kalten Krieg. Auf das aktuelle Weltgeschehen bezogen sagte er: „Die Allianz der Nato muss jetzt mehr denn je bereit sein, die Ukraine zu unterstützen.“