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Wandern im Gestern und Heute: Neue Wanderführer „Grenzland Rhön“ auf Point Alpha vorgestellt

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Grenzland Rhön
Zeitzeugen, Autoren, Verleger sowie Vorstand der Point Alpha Stiftung präsentierten „Grenzland Rhön“ im Haus auf der Grenze. © Sabine Burkardt

Mit „Grenzland Rhön“ aus Parzellers Buchverlag gibt es eine Sammlung von Wanderrouten, die zum einen die Naturlandschaft beschreiben, gleichzeitig aber auch „Grenzgeschichten“ im Gebiet der jeweiligen Wanderung erzählen.

Rasdorf/Geisa - Alle drei Autoren haben dabei einen individuellen Bezug zur innerdeutschen Teilung: Karin Kampf, die zwar aus Baden-Württemberg stammt, aber schon immer Interesse an der Geschichte der innerdeutschen Grenze hatte.

Nummer zwei im Autorentrio ist Gerhard Schätzlein aus Filke bei Willmars, der sich seit mehr als 30 Jahren mit dem Thema der innerdeutschen Grenze in Thüringen beschäftigt und dazu mehrere Bücher veröffentlicht hat.

Rhön: Neuer Wanderführer auf Point Alpha vorgestellt

Dritter im Bunde ist Dr. Hans-Dieter Bieniek, der als Grenzsoldat seinen Grundwehrdienst bei den Grenztruppen der DDR geleistet hatte. Seine persönlichen Erinnerungen bei den gemeinsamen Wanderungen mit Lebensgefährtin Karin Kampf waren es, die zur Entstehung des Buches geführt hatten.

„Wir sind gerne in der Rhöner Landschaft wandern gegangen. Die Natur entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze wird in unzähligen Wanderführern toll beschrieben. Aber was war mit der historischen Seite? Uns hatte der Bezug zur Grenze gefehlt. Naja, dann dachten wir uns, wenn wir so ein Buch nicht kaufen können, dann machen wir es eben selbst“, erklärt Karin Kampf.

Im 184-seitigen Band sind insgesamt elf Wanderungen durch oft unberührte Natur entlang der ehemaligen Grenze von Henneberg bis Geisa (Hünfelder Land) vorgestellt, mit Tourdaten wie Schwierigkeitsgrad, Länge, Höhenmeter sowie Gehzeit. Zudem gibt es eine QR-Code-Verlinkung zur Outdoor-Aktivitäten-App Komoot, was die geographische Orientierung erleichtert.

Fotos, die schöne Aussichten zeigen sowie Kartenausschnitte mit der jeweils eingezeichneten Tour helfen dabei, sich zurechtzufinden. Das besondere sind aber die „Grenzgeschichten“, die wie Erlebnisberichte geschrieben sind und zu jeder Rundwanderung der Autoren aufwändig aus den Unterlagen der Stasi und den Tagesmeldungen der Grenztruppen recherchiert wurden.

Die Titel der Grenzgeschichten und Zeitzeugenberichte wie „Flucht von zwei Schulkameraden aus Geisa“ und „Zu viert durchs Minenfeld“ lassen dabei erahnen, wie viel Mut vorhanden gewesen sein muss, um einen Fluchtversuch in den Westen zu wagen. „Heute würde ich mich das nicht mehr trauen“, gibt Zeitzeuge Alexander Kiel während der Buchvorstellung im Haus auf der Grenze zu, dem im Jahr 1966 im Bereich des Grenzabschnitts Geisa die Flucht nur mit einer Drahtzange in der Hand gelang.

Abenteuerlich und spannend ist auch die Schilderung der Flucht von vier Jugendlichen aus Suhl im Jahr 1965, die es mit einem selbstgebastelten Metalldetektor als Minensuchgerät durch sämtliche Grenzsperren schafften. Dass nur Minen aus Holz und Plastik verlegt waren und ihr Suchgerät gar nicht angeschlagen hätte, erfuhren die Jugendlichen erst Jahre später.

Spannende und ergreifende Geschichten sind es, teilweise noch unveröffentlicht und in offener persönlicher Weise erzählt, die das Autorentrio zusammen mit ihren Wandererfahrungen im Dreiländereck zu einem besonderen Wanderführer gemacht haben. „Der politische und historische Bezug entlang der Wanderstrecken war uns wichtig. Damit kann gleichzeitig die Erinnerung an die innerdeutsche Teilung erhalten und die herrliche Natur genossen werden“, betont Hans-Dieter Bienieck. (von Sabine Burkhardt)

Das Forschungsinstitut Point Alpha e.V. in Geisa, das künftig unter dem Namen PARI (Point Alpha Research Institute Geisa) arbeiten wird, erhält mit den Historikern Vivian Seidel und Tobias Becker eine neue Geschäftsführung und wissenschaftlichen Koordinator. Ihnen zur Seite steht unterstützend Katharina Bittorf.

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