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Ein Schlag – vor allem für die Männer: Modegeschäft Lifestyle in Hünfeld schließt

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Von: Harry Wagner

Zum Silberjubiläum gab es noch einen Grund, um anzustoßen: das Lifestyle-Team mit (von links) Petra Richter, Beatrix Rehm und Irm Papst.
Zum Silberjubiläum gab es noch einen Grund, um anzustoßen: das Lifestyle-Team mit (von links) Petra Richter, Beatrix Rehm und Irm Papst. © Lifestyle

Die Leerstandsproblematik in der Hünfelder Innenstadt bleibt akut. Gerade erst wurde die Nachricht der Schließung von Schreib&Spiel Herrmann offiziell, schon folgt die nächste Hiobsbotschaft: Auch beim Modegeschäft Lifestyle geht es nicht weiter.

Hünfeld - Der in der Hauptstraße beheimatete Spezialist für Männermode hat noch bis Mitte Dezember für seine Kundschaft geöffnet. Nach Weihnachten wird sich die 30-jährige Geschichte des Ladens in der Konrad-Zuse-Stadt nicht mehr fortsetzen.

Hünfeld: Modegeschäft Lifestyle schließt nach 30 Jahren

Für das Einzelhandelsangebot in Hünfeld sei dies eine „Katastrophe“, sagen diejenigen, die sich dort über Jahre hinweg mit Hosen, Shirts, Pullovern und Anzügen eingedeckt haben. Es sei nicht die ohnehin kaum vorhandene Laufkundschaft gewesen – nein, das Lifestyle habe fast ausschließlich von Stammgästen und Modefreunden, die dank Mundpropaganda gekommen waren, profitiert: „Um meine treuen Kunden tut es mir sehr leid“, sagt Inhaberin Petra Richter.

Männer über 30, vorwiegend sie wussten die Beratung und Expertise des Lifestyle-Teams zu schätzen und kamen auch aus Fulda und Neuhof zum Einkaufen nach Hünfeld. Die Wünsche und Vorlieben, auch die Konfektionsgrößen der treuen Käufer waren dort bestens bekannt. Das half beispielsweise während des Corona-Lockdowns, als man in Zeiten der Geschäftsschließungen auch zu den Kunden nach Hause lieferte.

Wenn Männer zweimal im Jahr Kleidung kaufen, zählen sie zu den Stammkunden. Denn für gewöhnlich tun sie das nicht öfter. 

Petra Richter, Modeexpertin

Covid 19 hat das Lifestyle überstanden. Doch nun, wo die Energiekosten explodieren, gehen die Lichter aus. Petra Richter fürchtet sich vor den galoppierenden Strom- und Gaspreisen, schon jetzt sei auf sie als Mieterin des Ladenlokals ein beträchtlicher Aufschlag zugekommen. Hinzu gesellen sich gesundheitliche Probleme nach einem vor drei Jahren erlittenen Bandscheibenvorfall, so dass Petra Richter sich dazu entschloss, ihr Geschäft aufzugeben.

„Der Schritt ist mir echt schwer gefallen. Ich liebe den Kontakt mit den Kunden“, sagt die gebürtige Norddeutsche, die in jungen Jahren in einem großen Osnabrücker Kaufhaus ausgebildet wurde und ihren Beruf seit 43 Jahren ausübt. Eine Übernahme des Lifestyle aus der Mitte des bisherigen Teams heraus kam letztlich nicht zu Stande, so dass nur die Schließung des Modeladens als letzte Konsequenz blieb.

Die Zeiten sind schwierig, trotzdem würde Petra Richter sich wünschen, dass mehr junge Leute den Mut aufbringen, den Sprung in die Selbstständigkeit zu wagen. Um die Zukunft des Einzelhandels in Hünfeld zu sichern, sei das womöglich auch nötig, denn: „Wir stehen gerade vor einem Generationswechsel.“

Leerstand in Hünfeld: Stadt hat eigenes Förderprogramm aufgelegt

Die Stadt Hünfeld, die zur Bekämpfung von Leerstand in der Stadt ein eigenes Förderprogramm aufgelegt hat, ist über die neueste Entwicklung natürlich nicht glücklich, aber: „Resignation ist keine Option, denn die Innenstadt ist die Wohnstube unserer Stadt“, sagt Bürgermeister Benjamin Tschesnok. Deshalb sei deren Entwicklung aller Anstrengungen wert – auch aus Sicht der Bürgerschaft, die sich hier eindeutig in der Leitbildumfrage positioniert habe.

Der Kunde habe aber das Fortbestehen des stationären Einzelhandels auch ein Stück weit selbst in der Hand, indem er dessen „Gratisleistung von fachkundiger Beratung und Service“ nutze anstatt online einkaufen zu gehen.

Leerstand ist auch das Thema im gastronomischen Bereich. So ist die Caféteria im Hünfelder Hallenbad nach wie vor verwaist. Die Stadt sei allerdings bemüht, diesen Zustand so schnell wie möglich zu beenden, wie Pressesprecher Helmut Käsmann erklärt: „Es gibt Gespräche mit einem Interessenten, allerdings ist noch nichts finalisiert.“ Und solange das so ist, müssen sich die Schwimmer eben noch ihre Thermoskanne mit Tee oder Kaffee selbst mitbringen.

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