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Weder benötigt noch beauftragt: Rentner soll für Wasseranschluss 7300 Euro bezahlen

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Von: Tim Bachmann

Horst Jahn Wasserleitungen Straße
Horst Jahn vor seinem Grundstück, über das die neue Wasserleitung verläuft. Für seinen Hausanschluss aber wurden 40 Meter Rohre verlegt und unter der alten B 40 in die Elmerlandstraße „geschossen“. © Tim Bachmann

Horst Jahn (72) versteht die Welt nicht mehr. Der Rentner aus Schlüchtern hat eine Rechnung über 7329,15 Euro von den Stadtwerken erhalten. Für einen Wasseranschluss, den er so weder benötigt noch beauftragt hatte. Der ganze Vorgang erscheint wie ein Schildbürgerstreich.

Schlüchtern - Das Ganze hat eine längere Vorgeschichte. Bereits im Frühjahr 2020 ist Jahn und seiner Frau eine Gruppe von Personen aufgefallen, „die sich auf einer Wiese unterhalb meines Grundstücks befanden. Einige dieser Personen haben sich danach auf mein Grundstück begeben, ohne sich bei mir zu melden und ihren Aufenthalt zu begründen“, berichtet der Rentner.

Kinzigtal: Rentner soll für Wasseranschluss 7300 Euro bezahlen

Freilich habe er sie gefragt, was sie da machen. Die Erklärung damals: Die Stadt Schlüchtern (Kinzigtal) beabsichtigt, die Hauptwasserleitung zu erneuern, da diese häufig schadhaft sei. „Für mich hätte dies keine Auswirkungen, da selbstverständlich unser Haus wieder an die Leitung angeschlossen würde“, berichtet der 72-Jährige. Zu diesem Zeitpunkt wollten die Mitarbeiter der Stadtwerke mit der beauftragen Firma vor Ort erörtern, wie die Leitung verlegt und der Anschluss seines Hauses erfolgen könnte. Für den Fall, dass für einige Tage das Wasser abgestellt werden müsste, würde man eine Alternative schaffen, hieß es. „Damals haben wir noch geflachst, dass wir einen Molkereiwagen mit Wasser in den Hof gestellt bekommen“, erinnert sich Jahn. Doch zum Lachen ist ihm inzwischen nicht mehr zumute.

Damals hieß es, dass die Hauptwasserleitung nicht mehr in die Straße, sondern durch die parallel verlaufende Wiese geführt werden soll. „Diese Wiese liegt unterhalb meines Grundstücks und wird durch einen ‚Feldweg‘ begrenzt, der gleichzeitig meine Hauszufahrt darstellt“, berichtet Jahn. Es sei noch diskutiert worden, die Leitung durch diesen Weg auch direkt auf sein Grundstück zu verlegen, dort einen Verteilerpunkt zu setzen, um die Leitung von dort aus weiterzuführen und gleichzeitig das Haus anzuschließen. Hierzu sei es notwendig, mit einem kleineren Bagger Erdarbeiten auf dem Grundstück vorzunehmen, wobei nach Abschluss der Arbeiten alles wieder hergerichtet würde, sei ihm versichert worden. „Damit habe ich mich grundsätzlich einverstanden erklärt. Ich wollte ja nichts blockieren, wenn anschließend alles wieder hergerichtet wird“, sagt Jahn.

Allerdings sei auch vereinbart worden, dass die ausführende Firma vorher noch einmal mit ihm Kontakt aufnimmt, um den Ablauf zu besprechen, damit insbesondere auch die Zuwegung zum Haus gewährleistet sei. Einige Wochen später – ohne vorherige Infos an ihn – erfolgten Erdarbeiten auf dem „Feldweg“. Dieser sei unter Einsatz von Planierraupen und einigen Lkw-Ladungen mit Material befestigt worden, „wobei teilweise auch mein Grundstück mit vereinnahmt wurde“. So wurde eine Zuwegung auf die Wiese geschaffen und dort eine Baugrube ausgehoben. Über diesen Weg wurde mittels eines Tanklastzugs offenbar über Tage hinweg Schlamm und Wasser abtransportiert. Jahn geht davon aus, dass sich deshalb auch der Boden gesetzt habe, was Schäden unter anderem in seiner Garage zur Folge hatte.

Ich bin 72 Jahre alt. Ich erhalte keinen Kredit. Ich kann das nicht bezahlen und sehe es auch gar nicht ein.

Horst Jahn kennt sich als ehemaliger Bankangestellter mit Kreditvergaben aus.

„Von Arbeitern der Baufirma erfuhr ich, dass die Wasserleitung nun mittels eines Bohrverfahrens auf den auf der anderen Straßenseite befindlichen Wendehammer verlegt würde“, sagt Jahn. So konnten Erdarbeiten und eine damit einhergehende Straßensperrung verhindert werden. Sein Haus sollte dann wieder an die Wasserversorgung angeschlossen werden, weshalb „möglicherweise in Kürze auf dem Grundstück kleinere Erdarbeiten“ anfallen würden. Entsprechend wurde einige Zeit später dort, wo der seitherige Anschluss ins Haus geführt hatte, eine Baugrube ausgehoben. „Nachdem ich einen Mitarbeiter des Wasserwerks auf der Baustelle ansprach, wurde mir erklärt, dass ich einen neuen Hausanschluss bekäme. Das sei notwendig. Eine Begründung oder nähere Information erfolgte nicht.“

Die Bauarbeiter erzählten ihm, sie hätten den bisherigen Hausanschluss nicht gefunden und man wolle auch nicht die Straße „aufbuddeln“. Stattdessen wurde die Baugrube – abermals ohne Info an den Hauseigentümer – erheblich vergrößert. Die Bauarbeiter hätten ihm dann erklärt, dass eine Bohrung unter der Straße erfolgen solle, um sein Haus anzuschließen, weshalb die Grube notwendig sei.

Nachdem die Arbeiten abgeschlossen, die Baugrube wieder verfüllt und der gepflasterte Weg wieder hergestellt waren, bemerkte Jahn einen Wassereintritt im Keller. Die Baugrube wurde wieder geöffnet und die Hauswand neu abgedichtet, berichtet Jahn.

Warten auf Gesprächstermin mit der Stadt Schlüchtern

Im Januar vorigen Jahres kam dann die Rechnung der Stadtwerke über 7329,15 Euro, davon entfallen 4000 Euro für die Bohrung über 37 Meter zum Wendehammer und 1400 Euro für 40 Meter 100er-RC-Rohre. Jahn hat direkt im Januar Widerspruch eingelegt, worauf die Stadt im August Stellung genommen hat.

Jahns Gesuch, mit Bürgermeister Matthias Möller (parteilos) ins Gespräch zu kommen, glückte nach vielen Versuchen erst im Januar dieses Jahres. Dabei sei vereinbart worden, dass die Thematik im Magistrat besprochen werden solle. Insbesondere die Fragen, ob die Forderung ganz oder teilweise erlassen werden kann, aber auch die Möglichkeit einer Ratenzahlung mit geringen monatlichen Raten, ohne Zinsberechnung, berichtet Jahn. Bis Ende Februar sollte es einen weiteren Gesprächstermin geben. „Leider kam dieses Gespräch bis heute nicht zustande“, sagt der Rentner. „Stattdessen erhielt ich am 14. März einen Widerspruchsbescheid, der in keinem einzigen Punkt auf den Inhalt unseres Gesprächs eingeht“, klagt Jahn. Der Widerspruch der Stadt sei zudem rechtsfehlerhaft, da anstelle der Wasserversorgungs- die Entwässerungssatzung erwähnt und von Abwasseranschlusskosten die Rede sei.

Während des ersten Gesprächs habe Jahn die Vertreter der Stadtwerke und Möller informiert, „dass ich finanziell nicht in der Lage bin, die Forderung auch nicht ansatzweise zu begleichen“. Stattdessen hatte der ehemalige Bankangestellte eine Ratenzahlung vorgeschlagen.

Nun hat er seine Schadenersatzansprüche schriftlich formuliert. Von Estrich-Schäden in der Garage und an Betonschwellen über den Wasserschaden im Untergeschoss mit Schäden am Mobiliar und Putz sowie Aufwendungen durch Reinigung und Trocknung über beschädigte Büsche, Sträucher und Bäume auf dem Grundstück bis hin zur Vereinnahmung eines Teils des Grundstücks zum Ausbau der Baustraße, was auch kataster- und grundbuchrechtlich zu prüfen sei. Jahn hofft allerdings noch immer, einen Rechtsstreit vermeiden zu können.

Der Helle Markt 2023 ist am Freitagnachmittag auf dem rundum erneuerten Gelände an Stadthalle und Bergwinkelmuseum eröffnet worden. „Heimat“ ist das Leitmotiv des Marktes, der in seinen ersten Stunden formal von einer Bürgerversammlung begleitet wurde.

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