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Angriff im Schlaf? Gerichtsmedizinerin zweifelt im Kettensägen-Fall an Notwehr-Version

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Von: Redaktion Fuldaer Zeitung

Archivfotos: dpa
Archivfotos: dpa

Steinau/Hanau - Die Variante vom Tathergang, die die Angeklagte Tanja B. vor dem Hanauer Landgericht geschildert hatte, ist im Prozess am Dienstag stark ins Wanken geraten. Es gibt offensichtlich erhebliche Zweifel, dass sie ihren Lebensgefährten in Steinau in Notwehr erstochen hatte, ehe sie ihn zerlegte.

Wäre das Landgericht ein Lichtspielhaus, so wäre für den Prozesstag am Dienstag die Altersfreigabe allenfalls ab 18 Jahren erfolgt. Vermutlich wären die Bilder aber gänzlich der Zensur zum Opfer gefallen. Da sich das Gericht allerdings nicht mit Fiktion, sondern der mitunter brutalen Realität auseinandersetzt, war der Dienstagnachmittag nichts für schwache Nerven und unruhige Mägen.

Bild für Bild erläuterte die Gerichtsmedizinerin im Detail, welches abgetrennte, halb verweste Leichenteil des Opfers dort zu sehen ist – und wie die dort erkennbaren Verletzungen zustande gekommen sein können. Die schaurigen Fotos verdeutlichen drastisch, was die Angeklagte Tanja B. „da eigentlich geleistet hat“ – wie es die Medizinerin formuliert.

Der Schädel wurde vom Nacken hinüber zum Kiefer hin durchtrennt, sodass der Unterkiefer samt einiger Zähne noch am Rumpf hing. „Ich habe nachgelesen, dass erwachsene Männer für die Zerteilung einer Leiche Stunden gebraucht haben, das ist psychisch wie physisch eine große Herausforderung“, schilderte die Medizinerin.

Sie hat erhebliche Zweifel an den Schilderungen der Angeklagten. Diese hatte zu Beginn des Prozesses ausgesagt, dass ihr Lebensgefährte ein Kraut zur Potenzsteigerung mitgebracht und zu sich genommen hätte, und nach einem Schläfchen auf sie losgegangen sei und sie gewürgt habe, um ihr Dämonen auszutreiben.

Dagegen spreche zum einen, dass es keinerlei Spuren einer Würgeattacke bei Tanja B. gab, als diese nach der Festnahme wenige Tage nach der Tat durch die Polizei untersucht wurde. Außerdem können sich sowohl die Gerichtsmedizinerin als auch der Hauptermittler seitens der Polizei nicht so recht vorstellen, dass die Angeklagte in der von ihr geschilderten Notlage in der Lage gewesen sein könnte, das Messer zu greifen und in dieser Form den vermeintlichen Angreifer mit einer Vielzahl von Stichen zu verletzen.

Welche Verletzungen zum Tod geführt haben, was die Neurologin des Getöteten berichtete und was das Opfer im Magen hatte – das lesen Sie unter anderem in einem ausführlicheren Bericht vom Prozesstag am Mittwoch in den gedruckten Ausgaben der Fuldaer Zeitung und der Kinzigtal Nachrichten sowie in der digitalen E-Paper-Ausgabe. Fortgesetzt wird der Prozess am Donnerstag. In unseren gedruckten Donnerstagausgaben lesen Sie noch mehr Details vom Verhandlungstag am Dienstag. / dk

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