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Attacke auf Schaffner zieht Verwarnung nach sich

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Von: Redaktion Fuldaer Zeitung

Foto: Peter Steffen/dpa
Foto: Peter Steffen/dpa

Bad Soden-Salmünster - Ein Schaffner wird von einem Gast ohne Fahrschein, weil dieser kein Ticket lösen wollte, tätlich angegriffen und schwer verletzt. Der Prügler (23) aus der Kurstadt fand sich nun auf der Anklagebank wieder. Aufgrund einer nachgewiesenen Schizophrenie wurde erfür vermindert schuldfähig befunden – und unter Auflagen verwarnt.

Von unserem Redaktionsmitglied Marius Scherf

„Das ist nicht der gleiche Mann wie damals, der hier vor mir sitzt“, sagte der Geschädigte über den ruhig wirkenden Angeklagten, während er den Vorfall schilderte, der sich im März 2017 im Bahnhof Salmünster ereignete. Für den Zugbegleiter war es sein erster Einsatz auf der Strecke Fulda–Frankfurt. Der Angeklagte konnte bei der Fahrkartenkontrolle keinen gültigen Fahrschein vorzeigen.

Zugführer wurde dreimal ins Gesicht geschlagen

Der Kontrolleur bot dem nach seiner Aussage aggressiv wirkenden Gast dann an, noch eine Fahrkarte zu lösen. Als das jedoch ausgeschlagen wurde, sah der Kontrolleur sich genötigt, im nächsten Bahnhof die Polizei einzuschalten und den Fahrgast so lange festzuhalten. Als der Zug in den Bahnhof einfuhr, sprang der Angeklagte jedoch unvermittelt auf, nahm den Zugführer in den Schwitzkasten und schlug ihm mindestens dreimal ins Gesicht. Bei dem Versuch, das Weite zu suchen, wurde er von einem herbeieilenden Polizisten und einem geistesgegenwärtigen Mitreisenden aufgehalten.

Dieser bestätigte nun auch vor Gericht die Schilderungen des Opfers. Für den Schaffner hatte der Zwischenfall weitreichende Konsequenzen: Er wechselte den Arbeitgeber, den Wohnort und hat auch heute noch mit Atemproblemen zu kämpfen.

Überraschend ist jedoch, dass er weder eine Zivilklage anstrebte noch ein Schmerzensgeld forderte. Er wolle einfach mit dem Fall abschließen, sagte er im Zeugenstand.

Kaum Regungen des Angeklagten im Gerichtssaal

Während das Opfer im Gerichtssaal emotional wirkte, zeigte der geständige Angeklagte kaum Regungen, antwortete nur mit „Ja“ und „Nein“ auf die Fragen von Richterin Dr. Petra Ockert. Dies liege aber nicht daran, dass „der Fall ihm gleichgültig sei“, wie sein Anwalt erklärte, sondern an der schizophrenen Erkrankung, an welcher sein Mandant leide.

Zur näheren Erläuterung hatte das Gericht ein Gutachten über den Gesundheitszustand des Angeklagten einholen lassen, das von Psychiater Dr. Klaus Demisch aus Hanau erstellt und vorgetragen wurde. Der Angeklagte leide demnach an einer paranoiden Schizophrenie, welche unter anderem zu erhöhter Gewaltbereitschaft führe. Schon in der Vergangenheit habe es ähnliche Vorfälle gegeben. Während des Vorfalls in der Kurstadt befand sich der Angeklagte zudem in einem „persönlichen Ausnahmezustand“: Er nahm keine Medikamente zu sich und das familiärere Umfeld sei äußerst instabil gewesen.

Keine Gefahr für die Allgemeinheit

Jetzt, drei Jahre später, habe sich der Zustand des Angeklagten aber entschieden verbessert. So befinde er sich seit der Tat wieder in Behandlung, nehme seine Medikamente und arbeite bei seiner Mutter im Geschäft. Seitdem kam es auch nicht mehr zu Zwischenfällen. Der Psychiater empfahl dem Gericht daher, den Angeklagten wegen verminderter Schuldfähigkeit nicht in Verwahrung zu nehmen. Er stelle keine Gefahr für die Allgemeinheit dar und befinde sich auf einem positiven Weg.

Richterin Ockert folgte dem Sachverständigen weitgehend und verurteilte den 23-Jährigen aus Bad Soden-Salmünster im Einvernehmen mit Staatsanwaltschaft und Verteidigung wegen Fahrkartenerschleichung und Körperverletzung zu 80 Arbeitsstunden mit der Auflage, dem Gericht regelmäßig Berichte über Gesundheitszustand und Entwicklung vorzulegen. In der Urteilsbegründung hieß, es müsse sichergestellt werden, dass sich Ähnliches in Zukunft nicht wiederhole. Das Tatopfer bekam symbolisch ein Schmerzensgeld in Höhe von 600 Euro zugesprochen.

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