Das Unternehmen im Kinzigtal produziert in der Regel 2000 Häuser pro Jahr – davon etwa 1050 bei Bien-Zenker und 950 bei Hanse-Haus, wie Hammer berichtet. Auch in diesem Jahr könne laut dem Geschäftsführer diese Zahl umgesetzt werden. Schaffe man es aber nicht, das Auftragsvolumen wieder zu steigern, werde die Gesamtproduktionszahl im nächsten Jahr verringert.
Dabei lief es für Bien-Zenker bisher sehr gut. Innerhalb von elf Jahren habe die Zahl der gebauten Häuser fast verdoppelt werden können: 2011 waren es noch 450 Häuser, im Jahr 2021 dann schon 893. Der Umsatz lag 2021 bei 231 Millionen Euro. Im Jahr 2022 konnte Bien-Zenker sogar 1000 Fertighäuser herstellen.
Im Oktober vorigen Jahres berichtete das Unternehmen dann jedoch, dass innerhalb von nur sechs Monaten nur 77 Aufträge eingegangen seien. Da pro Monat etwa 80 Häuser gefertigt würden, bedeutete dies, dass binnen sechs Monaten nur so viele verkauft wurden wie bisher in einem Monat produziert wurden.
Wie in vielen Wirtschaftszweigen macht sich auch im Bausektor die aktuelle Lage – Krieg in der Ukraine und steigende Kosten – bemerkbar. Hammer berichtet, dass Bien-Zenker seit zwei Jahren zunehmend steigende Kosten im Einkauf von Rohstoffen und Dienstleistungen sowie durch Tarifverhandlungen verzeichnen. „Trotz intensiver Bemühungen lässt es sich nicht vermeiden, die gestiegenen Kosten auch in Form von Preisanpassungen an unsere Baufamilien weiterzugeben.“ Eine weitere Erklärung für die aktuelle Kaufzurückhaltung sieht Hammer darin, dass die Zinsen angestiegen sind.
Im Jahr 2022 seien in Verbindung mit dem raschen Zinsanstieg, der gestoppten Förderung durch den Bund sowie einer unsicheren Gesamtlage vermehrt Verträge aufgelöst worden, da für etliche Bauherren die Finanzierung unmöglich wurde. Marco Hammer gibt ein Rechenbeispiel: „Wenn der Hauspreis inklusive Grundstück aufgrund der Inflation um 40.000 Euro steigt, macht das auf eine Finanzierungszeit von 30 Jahren eine monatliche Mehrbelastung von circa 120 Euro aus.“ Das sei schon ärgerlich genug, aber bei gegebenenfalls steigenden Gehältern noch leistbar. Kommt dann jedoch noch der Zinsanstieg von einem Prozent auf vier Prozent hinzu, mache das bei einem Finanzierungsvolumen von 400.000 Euro eine monatliche Mehrbelastung von circa 1000 Euro aus: „Das macht den Traum für viele Baufamilien unerreichbar.“
Teilweise würden Bauherren zwar mit einer Verkleinerung der geplanten Häuser auf die Preissteigerungen reagieren, laut Hammer ist es jedoch zu früh, um hier einen Trend zu bestätigen.
Der Auftragsrückgang sei am stärksten bei jüngeren Familien zu beobachten, die ein klassisches Einfamilienhaus bauen möchten. „Für sie wird es aufgrund der gestiegenen Eigenkapitalforderungen der Banken in Verbindung mit einer höheren Monatsbelastung durch die gestiegenen Zinsen zunehmend schwieriger, eine Finanzierung zu erhalten“, erklärt Hammer.
Zwar spüre man den Rückgang generell bei allen Marken des Unternehmens, die Marke Living Haus – die sich schwerpunktmäßig an junge Familien wendet – sei jedoch am stärksten betroffen. „Bungalows, die zunehmend auch von älteren Bauherren nachgefragt werden, sind nicht so stark betroffen“, merkt Hammer an.
Die Entwicklung der Baugenehmigungen spielt ebenfalls eine Rolle bei der gegenwärtigen Situation im Bausektor. Wie das Statistische Bundesamt in einer Pressemitteilung berichtet, wurde in Deutschland im März 2023 der Bau von 24.500 Wohnungen genehmigt – 29,6 Prozent (beziehungsweise 10.300 Baugenehmigungen) weniger als noch im März 2022. Seit Oktober betrage der Rückgang jeweils mehr als zehn Prozent und seit Januar dieses Jahres sogar mehr als 20 Prozent.
Die Bien Zenker GmbH zählt laut einer Firmenmitteilung zu den größten Fertighausherstellern in Europa. Das Unternehmen könne mit etwa 80.000 gebauten Häusern und einer über 115-jährigen Unternehmensgeschichte auf eine breite Erfahrung im Holzfertighausbau zurückgreifen. Aktuell arbeiten circa 2000 Mitarbeiter in allen Werken im Drei-Schicht-Betrieb. Auf dem Distelrasen sind es inklusive Azubis etwa 700.
Die individuell gestaltbaren Häuser werden in unterschiedlichen Baustilen gefertigt: Ein- und Zweifamilienhäuser, Doppelhäuser, Bungalows, Stadtvillen, Mehrgenerationenhäuser sowie Häuser mit Einliegerwohnung. Alle Marken-Häuser werden laut Pressenotiz im Werk Schlüchtern gefertigt. Bien-Zenker hat auch eine App entwickelt, mittels der Bauherren stets den Status des Bauprojekts sowie die Bauunterlagen im Blick behalten können. Zugleich bestehe über die App ein „direkter Draht zum Hausbauteam“.
Einen stärkeren Rückgang als im März 2023 habe zuletzt im März 2007 (minus 46,5 Prozent gegenüber März 2006) gegeben. Der Einbruch betrifft laut Marco Hammer Ein- und Zweifamilienhäuser genauso wie Mehrfamilienhäuser. Trotz der momentan schlechten Lage sei der Traum vieler Menschen vom eigenen Zuhause ungebrochen. Laut Hammer ist die Fertigbauweise die beste Art, diesen Traum zu verwirklichen: „Wir arbeiten stetig an neuen Konzepten und Services für bezahlbare, nachhaltige und rundum wohngesunde Häuser“, erklärt er. Daneben sei Bien-Zenker aktiv dabei, neue Geschäftsfelder zu erschließen. Beispielsweise die Sanierung von Bestandsgebäuden oder den Bau von Mehrfamilienhäusern, um in der Summe den Rückgang im Ein- und Zweifamilienhausbau auszugleichen.