Brandstiftungs-Prozess in Schlüchtern: USB-Stick „verschollen“

Hanau/Schlüchtern - Vor dem Hanauer Landgericht ist gestern erneut der Fall der 45-jährigen Schlüchternerin, die an zwei aufeinanderfolgenden Tagen gleich zwei Brände gelegt haben soll, verhandelt worden. Zweifel blieben am zweiten Prozesstag kaum, ein verschollener USB-Stick wirft allerdings Fragen auf.
Zweiter Prozesstag in der Verhandlung vor der zweiten Großen Strafkammer des Hanauer Landgerichts gegen die heute 45-jährige Schlüchternerin., die im August 2018 an zwei unmittelbar aufeinander folgenden Tagen gleich zwei Brände gelegt haben soll: an einen Jawoll- und an einen Norma-Einkaufsmarkt.
Insgesamt ist ein Schaden in Höhe von rund einer Million Euro entstanden. Menschen wurden nicht verletzt oder getötet, obwohl sich zur Brandzeit gegen 19.30 Uhr zumindest in einem der Läden noch Menschen befanden.
Angeklagte befand sich unter den Schaulustigen
Die Staatsanwaltschaft klagte deshalb in einem Fall schwere, im anderen „nur“ Brandstiftung an. Die Angeklagte, die als geistig etwas zurückgeblieben gilt und einem Betreuer unterstellt ist, hatte, als ein erster Verdacht auf sie fiel, bei der Polizei die beiden Taten mehr oder weniger gestanden.
Zum einen, weil sie in beiden Fällen von Zeugen zwar nicht bei der unmittelbaren Brandstiftung, aber jeweils vor und nach Ausbruch der Brände sowohl am Objekt durch Überwachungskameras, als auch danach in Kreisen von Schaulustigen erkannt worden war: Von einer Verkäuferin, welche die Angeklagte vorher rauchend hinter dem Gebäudekomplex gesehen haben will, und kurz danach in der Menge der Schaulustigen, die sich bereits angesammelt hatten.
Geständnis widerrufen
Erkennungsmerkmal: ein Fußball-T-Shirt mit einer großen „13“ auf dem Rücken. Das sie allerdings nachweislich beim zweiten Brand am Norma-Markt nicht trug. Die Angeklagte hat ihr Geständnis mittlerweile widerrufen, wohl auch auf Anraten ihres Verteidigers, des Schlüchterner Rechtsanwalts Rainhard Cerny.
Aus einem Vernehmungsprotokoll der Polizei geht hervor - und ein 48-jähriger Brandermittler der Kripo bestätigte dies im Zeugenstuhl, dass die Angeklagte sagte: „Ich habe zweimal Quatsch gemacht“. Von Alkohol – oder gar Alkoholmissbrauch – war an beiden Tattagen nicht die Rede; ganz im Gegensatz zu früheren Vorfällen mit der Angeklagten, von denen ein weiterer Schlüchterner Polizist sprach.
„Ich wollte mal sehen, wie das so aussieht.“
Die Atmosphäre bei der Vernehmung durch den Brandermittler beschrieb der Beamte in etwa so: „Das Gespräch wurde auf dem Niveau eines Kleinkindes geführt. Ich habe sie auch entsprechend kindlich befragt und sie geduzt. Als es dann ernster wurde, ich sie mit dem Vorhalt konfrontierte, dass sie verdächtigt würde, hat sie zugemacht.“ Allerdings habe sie noch „zögernd und leise“ zugegeben: „Ich wollte mal sehen, wie das so aussieht“.
Der erste Brand sei ihr allerdings „zu klein“ gewesen, deshalb sei sie „weggegangen“. Verteidiger Cerny beantragt, diese Passagen aus der Vernehmungsprotokoll mit einem Verwertungsverbot zu belegen, da das Geständnis widerrufen ist. Darüber wird die Kammer unter Vorsitz von Richterin und Landgerichtspräsidentin Susanne Wetzel wohl aber erst später entscheiden.
USB-Stick verschwunden
Wenn sich dann auch ein etwas merkwürdiger Vorgang geklärt haben wird. Denn ein USB-Stick mit den Videos der Überwachungskameras ist irgendwo auf dem Weg zwischen Polizei, Staatsanwaltschaft und Gericht „verschollen“. In der Gerichtsakte befinden sich lediglich Schwarzweiß-Momentaufnahmen, und auf denen ist – für Beobachter ist nach deren eigenem Bekunden – lediglich eine helle Person mit einem Fleck auf dem Rücken zu erahnen. / rha