Vier Pflegekräfte haben die Sozialstation in Bad Soden-Salmünster in jüngster Zeit verlassen. So wird auch vor Ort deutlich nachvollziehbar, dass viele Fachkräfte dem Pflegeberuf adieu sagen. Inzwischen falle es sogar Leihfirmen schwer, angeforderte Pflegekräfte zu stellen. Bei der Sozialstation gibt es derzeit einen Aufnahmestopp für neue Patienten. Auch die Diakonie müsse oft Neukunden ablehnen, erklärt Leipold.
Durch den schon länger bestehenden Pflegenotstand seien keine Ressourcen mehr vorhanden. Damit mehr junge Menschen in die Pflege gehen, müssten sich Rahmenbedingungen ändern: Mehr Gesundheitsangebote für die Beschäftigten, familienfreundlichere Arbeitszeiten mit mehr freien Wochenenden, mehr Urlaub oder ein früherer Rentenbeginn. Die Bezahlung sei dabei nicht alles. Leipold: „Die Pflege muss insgesamt besser finanziert werden.“
In der ambulanten Pflege komme hinzu, dass man bei Hitze oder Schneefall mit dem Auto fahren müsse und manche Aufgaben in den engen Wohnungen auch körperlich sehr anstrengend seien. Anders als im stationären Dienst seien die Pflegekräfte immer allein unterwegs. Durch die Pandemie fehle auch den Beschäftigten der soziale Kontakt untereinander. Teambesprechungen seien gestrichen, Fortbildungen finden digital statt.
Und: „Wir sind zum reinen Dienstleister geworden. Früher haben sich die Leute gefreut, wenn jemand zu ihnen kam. Heute blicken viele auf die Uhr, wenn man mal einige Minuten später kommt als angekündigt“, berichtet Herpel. Außerdem seien mancherlei Vorschriften oftmals „nicht realitätskonform“.
Herpel schwillt der Kamm, wenn manche Politiker sagen: „Pflegen kann doch jeder!“ Dennoch ist der Beruf für sie Beruf ihr Leben: „Meine ganze Seele steckt hier drin. Ich leide Qualen, weil ich meine Leute so verheizen muss!“ (Barbara Kruse)