Darum muss das Bergwinkelbad jeden Mittag schließen
Schlüchtern - Beim Blick auf die im Vergleich zu anderen Hallenbädern recht eingeschränkten Öffnungszeiten des Schlüchterner Bergwinkelbades könnte man glauben, Schwimmmeister haben einen ruhigen Job und überschaubere Arbeitszeiten. Doch dies ist ein weit verbreitetes Klischee, das nicht zutrifft. Personalknappheit zwingt die Mitarbeiter schon jetzt zu zahlreichen Überstunden. Weder für Angestellte noch Badegäste gibt es Aussicht auf baldige Abhilfe.
„Ich habe Verständnis für jeden Arbeitnehmer, der in seiner Mittagspause gern eine Runde schwimmen gehen würde“, erklärt der Chef des Bergwinkelbades, Wolfgang Schröder, angesprochen auf die tägliche Betriebsruhe von 13 bis 15.30 Uhr in dem Hallenbad. Er habe noch zwei Kollegen sowie eine weitere halbe Stelle zur Verfügung. „Mit dieser Kapazität müssen wir den gesamten Bäderbetrieb des Hallenbads sowie im Sommer der Freibäder in Schlüchtern und Hutten gewährleisten“, sagt der geprüfte Meister für Bäderbetriebe.
Und jeden Mittag, so Schröder, führten er und seine Mitarbeiter eine Feuchtreinigung des gesamten Bades samt Umkleideräumen und sanitären Anlagen durch. Dabei werde Flächendesinfektionsmittel genutzt, das eine gewisse Einwirkzeit benötige. Hinzu komme der komplette Montagvormittag, an dem eine Hochdruck-Grundreinigung ausgeführt werde – ebenfalls von den Angestellten. Wer montags im Bad arbeite, starte um 6 Uhr in den Tag. Das Bad öffnet aber erst um 15.30 Uhr.
Schulklassen eine der Haupteinnahmequellen
Aufgrund der vorgegebenen Vorschriften müssten diese Zeiten für die Reinigung genutzt werden. „In anderen Bädern rückt jeden Abend eine Fremdfirma an, die bis spät in die Nacht tätig ist“, erklärt Schröder. Und er fügt hinzu: „Das würde jeden Monat allerdings Mehrkosten von circa 20.000 Euro verursachen.“ Dieses Geld wolle die Stadt aber nicht ausgeben.
Das Hallenbad steht momentan zwar auf der Prioritätenliste, gibt Schlüchterns Bürgermeister Falko Fritzsch (SPD) zu. Zusatzinvestitionen in die Reinigung oder in das Personal seien in naher Zukunft aber nicht geplant. Letzteres sei im Stadtparlament schon einmal Thema gewesen. „Wir wissen ja auch, dass das Personal arg auf Kante genäht ist. Die Stadtverordneten haben sich bisher aber entschieden, am Stellenplan nichts zu verändern“, sagt Fritzsch. Erweiterte Öffnungszeiten, das weiß auch der Rathauschef, sind mit dem vorhandenen Personal nicht darstellbar.
Schulklassen sind eine der Haupteinnahmequellen des Bergwinkelbades. Freitags müssen die Badegäste deshalb um 9.45 Uhr das Becken verlassen. „Dann erscheinen die Klassen aus fünf verschiedenen Schulen für den Schwimmunterricht“, weiß Wolfgang Schröder, der dann voll gefordert ist. Viel Raum für weitere Belegungen anderer Vereine bleibe da nicht mehr. So hat etwa der DLRG-Ortsverband Neuhof, dessen Akteure früher im Schlüchterner Hallenbad trainierten, Konsequenzen gezogen.
„Wir stehen nicht nur am Beckenrand“
„Aufgrund der bisher unzureichenden und beengten Trainingssituation findet unser Training in der Hallenbadsaison im Sportbad Ziehers in Fulda statt“, schreibt die Ortsgruppe auf ihrer Homepage. Und auch der Leiter der DRK-Wasserwacht Birstein-Gelnhausen, Dr. Frank Kleespies, erinnert sich, dass seinem Verein vor zwei Jahren bei einer Anfrage mitgeteilt wurde, dass Training nur äußerst eingeschränkt möglich sei.
So aber sind Wolfgang Schröder und seine Mitarbeiter – dazu zählen auch drei Kassiererinnen, die gleichzeitig Reinigungsdienste übernehmen – unter sich. „Ich habe im vergangenen Jahr 500 Überstunden gemacht, mein Stellvertreter 200“, rechnet der 59-Jährige vor. Schröder will aber nicht falsch verstanden werden: „Ich bin trotzdem sehr zufrieden mit meiner Tätigkeit.“ Er wünscht sich nur, dass die Menschen verstünden, dass er und seine Mitarbeiter „eben nicht nur das Bad aufschließen und dann am Beckenrand stehen“. / js