Ist das der Klimawandel?
Kältewellen werden trotz Erderwärmung wahrscheinlicher: Forscher aus Schlüchtern spricht über Folgen für die Tierwelt
Die Kälte hat Deutschland fest im Griff, Schnee gibt es zuhauf. Was das mit dem Klimawandel zu tun hat, erklärt der Potsdamer Klimaforscher Stefan Rahmstorf. Außerdem haben wir bei einem Schlüchterner Forscher nachgefragt, was die Folgen für die heimische Tierwelt sind.
Potsdam/Osthessen - Kältewellen, die derzeit auch die Region Fulda im Griff haben, können nach Angaben des 60-jährigen Klimaforschers Stefan Rahmstorf im Zuge des Klimawandels häufiger werden – und die Winter dennoch wärmer. „Das kann man darauf zurückführen, dass der Polarwirbel instabil geworden ist“, sagt der Leiter der Abteilung Erdsystemanalyse am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK). Der Polarwirbel drehe sich normalerweise um die Arktis in der Stratosphäre, der zweiten Atmosphärenschicht, gegen den Uhrzeigersinn. Er beeinflusse auch das Wetter in der Troposphäre, der unteren Atmosphärenschicht.
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Der Polarwirbel schließt die arktische Kaltluft ein – solange er sich nicht abschwächt oder gar umkehrt. „Dann kann die Kaltluft, die normalerweise in diesem Wirbel über dem Pol gefangen ist, auf Abwege geraten und auf die angrenzenden Kontinente wandern.“ So kann es nach Angaben des Forschers passieren, dass es in Nordamerika oder Nordeuropa sehr kalt wird. „Dann wird es in der Arktis besonders warm. Die Kaltluft verlagert sich“, erklärt Stefan Rahmstorf. „Ausnahmsweise reicht das auch mal bis nach Spanien oder in die USA bis nach Florida.“
Die Auswertungen von Daten der vergangenen Jahrzehnte haben gezeigt, dass die Zahl der Tage mit instabilem Polarwirbel stark zugenommen hat. Der 60-Jährige geht daher davon aus, dass es künftig möglicherweise mehr Kältewellen geben wird. „Wir rechnen schon damit, dass das Phänomen wahrscheinlich weiter zunehmen wird“, sagt er.
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Rahmstorf verwies auf Studien, die teils am PIK von der ehemaligen Doktorandin Marlene Kretschmer mit erstellt worden seien. Sie habe gezeigt, dass die Ursache zunehmender Instabilität des Polarwirbels wahrscheinlich die besonders starke Erwärmung der Arktis und die Abnahme des Meereises dort sei, sagte Rahmstorf. In einer neuen Studie sei sie darauf eingegangen, dass sich eine weitere Destabilisierung des Wirbels im Lauf der Jahrzehnte durch fortgesetzte globale Erwärmung erwarten lasse.