Erstaunliche Erkenntnisse zur Tierwelt des Bergwinkels – nach 40 Forschungsjahren
- Ist der Siebenschläfer inzwischen ein Fünfeinhalbschläfer? Wenn es nach den Erkenntnissen der Ökologischen Forschungsstation von Dr. Karl-Heinz Schmidt geht schon. Dort erheben der Biologe und seine Helfer seit mehr als vier Jahrzehnten Studien zur Tierwelt des Bergwinkels – stets mit den identischen Methoden. Daraus ziehen sie interessante Erkenntnisse.
Seit 1968 führt Karl-Heinz Schmidt an der Ökologischen Forschungsstation Schlüchtern jährlich ein sogenanntes Biomonitoring durch. Dabei werden stets mit den gleichen Methoden Daten innerhalb des Ökosystems zwischen Sterbfritz und Bad Soden-Salmünster erfasst.
In erster Linie befassen sich diese mit der Population von Vogelarten. Eier und Populationen zählen, Tiere wiegen und ausmessen – das gesamte Jahr über. Unter anderem werden etwa die Meise und der Kleiber genau beobachtet. Doch Biologe Schmidt überblickt das gesamte Ökosystem. So werden ebenfalls Säugetiere statistisch erfasst: unter anderem Siebenschläfer und Haselmaus.
Bereits die dauerhafte Überwachung ist eine Besonderheit, doch einen weiteren grundlegenden Unterschied zur gewöhnlichen Forschungsarbeit gibt es noch: In Schlüchtern versuchen die Verantwortlichen nicht, bestimmte Thesen zu be- oder widerlegen. „Die Themen kommen durch Untersuchungsergebnisse zustande und nicht umgekehrt“, erklärt Schmidt. Waldsterben und Klimawandel sind zwei Beispiele, die bei ihnen schon längst auf der Agenda gestanden hätten, als das Thema in der breiten Öffentlichkeit diskutiert wurde.
Erderwärmung wirkt sich auf Siebenschläfer aus
Die globalen Probleme belegen die Forscher rund um Schmidt mit Beispielen aus der Region. Nun kommt der anfangs erwähnte Siebenschläfer wieder ins Spiel. So erwacht dieser, verglichen mit den Statistiken aus der Anfangszeit, im Durchschnitt rund sechs Wochen früher aus seinem Winterschlaf. „Der Siebenschläfer reagiert sensibel auf Temperaturveränderungen“, erläutert Schmidt die Beobachtung. Bereits ein Unterschied von einem zehntel Grad Celsius habe Einfluss darauf, wann das Nagetier erwacht. „Je wärmer der Frühling, desto früher erwacht der Siebenschläfer“.
„Ein Projekt, das in dieser Form einmalig in Europa ist“, merkt Schmidt an. Mehrfach hätten Wissenschaftler bereits versucht, die Daten von ihm zu bekommen – vergebens. „Eine Partnerschaft wäre völlig in Ordnung, aber vier Jahrzehnte Forschung einfach wegzugeben, kommt nicht in Frage“, stellt der Biologe klar. / kbk