„Flaggen-Affäre“: Drei von vier Verfahren eingestellt

Schlüchtern - Genau ein Jahr ist es am Montag her, dass vor der Polizeistation Schlüchtern die Bundesflagge und Hessens Landesflagge über Stunden verkehrt herum hingen. An jenem Sonntag 2019 war ebenso wie diesen Montag der internationale Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus. Strafrechtliche Folgen gab es keine, über Details der disziplinarrechtlichen Ahndung hüllen sich die Polizeibehörden mit Verweis auf den Datenschutz in Schweigen.
Von unserem Redaktionsmitglied Hanns Szczepanek
Eine entschlossene Reaktion der Polizeiführung vor Ort und im Main-Kinzig-Kreis ließ nicht lange auf sich warten: Die Mitglieder der gesamten Dienstgruppe, die an jenem Sonntagmorgen zur Tagesschicht angetreten war, wurden umgehend innerhalb des Dienstbezirks Südosthessen versetzt. Die Rechtsabteilung der Polizei betont in diesem Zusammenhang die Vokabel „umgesetzt“. Offenkundig konnte zunächst keine eindeutige Verantwortung intern zugewiesen werden.
Versehen, Nachlässigkeit oder Provokation?
In Rede standen sowohl ein schlichtes Versehen oder auch Nachlässigkeit beim Aufhängen der Flaggen in morgendlicher, noch dunkler Stunde bis hin zu einer bewussten Provokation. Vor diesem Hintergrund nahmen Ermittler des Staatsschutzkommissariats sowie der Staatsanwaltschaft Frankfurt ihre Arbeit auf.
Unsere Zeitung hatte als erstes Medium über den Vorfall berichtet, etwa einen Monat später geriet die „Flaggen-Affäre“ über Nachrichtenagenturen auch in überregionale Druck- und Onlinemedien.
An Anhaltspunkten mangelte es
Das sich anschließende Strafverfahren gegen vier Beschuldigte wurde im Frühjahr eingestellt, weil den Mitgliedern der Dienstgruppe mangels Anhaltspunkten keine Verfehlung habe nachgewiesen werden können. Und dies, obwohl die Frankfurter Staatsanwaltschaft wegen der Tatbestände der Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole sowie wegen Volksverhetzung ermittelte.
„Gegenstand einer dienstrechtlichen Überprüfung“
Auf Nachfragen unserer Zeitung nach dem Stand des Disziplinarverfahrens, das während der Strafermittlungen standardmäßig ausgesetzt war, teilte das Polizeipräsidium Südosthessen in kurzen Stellungnahmen mit, dass der Vorfall „Gegenstand einer dienstrechtlichen Überprüfung ist“. Weil diese noch nicht abgeschlossen sei, könnten vorerst keine weiteren Angaben gemacht werden. Im vergangenen Herbst befand sich einer der Beamten bereits im Ruhestand, ein anderer schon länger im Krankenstand.
Keine weiteren Auskünfte
In der vergangenen Woche erklärte die Polizeibehörde auf Anfrage: „Drei der Disziplinarverfahren wurden nach weiteren disziplinaren Ermittlungen zum Sachverhalt zwischenzeitlich eingestellt. Die Ermittlungen im vierten Disziplinarverfahren dauern weiter an. Bis zum Abschluss der Ermittlungen versieht diese Person auch weiterhin ihren Dienst bei einer anderen Dienststelle innerhalb der Behörde. Vor dem Hintergrund der noch laufenden disziplinarrechtlichen Ermittlungen können keine weiteren Auskünfte gegeben werden.“
Schuldlos mit „ungeheuerlichen Vorwürfen“ konfrontiert
Mit welchen Ergebnissen die drei eingestellten Disziplinarverfahren zu Ende gegangen sind, ob zum Beispiel Sanktionen ausgesprochen worden sind oder ob die Beamten teils oder vollständig rehabilitiert wurden, dazu gibt es keine Erläuterungen aus dem Präsidium in Offenbach. Einer der Drei, der nach eigener Aussage schuldlos mit „ungeheuerlichen Vorwürfen“ konfrontiert gewesen sei, hätte sich eine öffentliche Rehabilitierung sehr gewünscht, ließ er unsere Zeitung wissen.