Flüchtlingsproblematik und Wirtschaftskraft: Günther Oettinger spricht bei Neujahrsempfang der CDU Main-Kinzig
Bad Orb - Die Flüchtlingsproblematik in Europa und den Erhalt der Wirtschaftskraft in Deutschland hat EU-Kommissar Günther Oettinger am Freitagabend im Hotel an der Therme auf einen Nenner gebracht. Vor etwa 250 Gästen referierte der Schwabe 40 Minuten lang in freier Rede beim Neujahrsempfang der CDU Main-Kinzig.
Von unserem Redaktionsmitglied Hanns Szczepanek
Der 62-Jährige räumte zwar ein, dass sich die Deutschen wie noch vor wenigen Monaten mit dem Renteneintrittsalter oder anderen Fragen der Innenpolitik befassen könnten, doch angesichts der weltweit rund 60 Millionen Flüchtlinge sei es besser, das „deutsche Romantiktal“ zu verlassen und sich der Verantwortung einer führenden Industrienation stellen. Denn etwa die Hälfte aller Menschen auf der Flucht seien an der Südflanke des europäischen Kontinents unterwegs, „kaum drei Flugstunden von Frankfurt entfernt“.
Flüchtlingslager finanziell unterstützen
Angesichts solcher Zahlen habe Europa ebenso zu helfen wie zu handeln, allerdings nicht die Deutschen allein. Sollten in diesem Jahr nochmals 1,1 Millionen Menschen in Deutschland Zuflucht suchen, „dann schaffen unsere Kommunen das nicht mehr“, sagte Oettinger unter Beifall. Daher müssten Flüchtlingslager außerhalb der EU-Grenzen mit ausreichend Geld versorgt werden, damit dort „ein menschenwürdiges Leben möglich ist“. Hier könne Deutschland viel bewirken, denn aus dem „kranken Mann Europas“ von 2002 sei ein Land geworden, das wirtschaftlich „so stark wie nie zuvor ist“. Allerdings brauche es ebenso eine echte Grenzschutzpolizei und nicht nur „die 300 Leute von Frontex“. Hierzu müsse der Europäische Rat „spätestens im März“ Grundsatzbeschlüsse fassen, unterstrich Oettinger.
Bei Digitalisierung mithalten
Um seine Wirtschaftskraft zu erhalten und damit auch finanzstark zu bleiben, müsse sich Deutschland aber dringend der schnell voranschreitenden digitalen Revolution anpassen und massiv in berufliche Qualifizierung und digitale Infrastruktur investieren: „Nicht 50 Mbits pro Sekunde, sondern 500 bis 1000 sind hier nötig.“ Sonst gehe auch in Schlüsselbranchen wie der Autoindustrie der Anschluss verloren; so wie ihn Europa bei der Handyproduktion binnen weniger Jahre verloren habe.
Außerdem seien Onlinehändler und digitale Dienstleister inzwischen wichtige Größen. Oettinger: „Wer die Daten hat, hat die Macht.“ So dürfe sich niemand an Statistiken klammern.