„400 bis 500 Euro, maximal einmal 800 Euro“ habe er für seine Kurierdienste erhalten, sagt Samir B., zuzüglich seiner Auslagen für Benzin, Essen, Getränke und Hotelübernachtungen, sofern diese nötig waren. Seine Freundin habe kein Geld bekommen, lediglich kleine Geschenke – mal ein Parfum, mal eine Tasche. Das bestätigt auch Aynur S., deren Darstellung ansonsten erheblich von der ihres Ex-Freundes abweicht, den sie im Gerichtssaal keines Blickes würdigt. Sie will vom kriminellen Hintergrund ihrer „Ausflüge“ nichts gewusst und sich nichts dabei gedacht haben. „Er hat gesagt, er müsse bei einem Freund etwas abholen“, sagt sie.
Samir B. schildert das anders. Sehr wohl habe sie mitbekommen, was Sache war, schließlich habe sie die ganze Zeit neben ihm gesessen, als er per Handy die Anweisungen von seinem Auftraggeber bekam, der ihn zu den jeweiligen Adressen lotste. Darüber hinaus sei das Ganze auch Gesprächsthema zwischen beiden gewesen.
Dreimal ist S. – das lässt sich durch ihr in den entsprechenden Funkzellen eingeloggtes Handy belegen – mit Samir B. unterwegs, um Bankkarten und Bares abzuholen. Als sich die beiden Mitte März 2021 endgültig trennen, findet er schnell einen „Ersatz“: Filiz T., die er vom Sehen her kennt, wird seine neue Freundin und springt auch gleich beim nächsten Auftrag als Fahrerin ein. Einmal geht das Ganze noch gut, beim zweiten Mal werden die beiden verhaftet.
Filiz T. räumt nicht nur freimütig ihren zu jener Zeit intensiven Drogenkonsum ein, sondern auch, dass sie schon geahnt habe, dass der Grund für ihre Fahrten strafrechtlich relevanter Natur sein könnte. Spätestens beim zweiten Mal habe sie es gewusst. Dafür spricht auch die aus dem Chatverlauf rekonstruierte Nachricht, die sie B. am Tag vor der letzten Tat aufs Handy schickt: „Bonnie und Clyde, undercover in Köln-Kalk.“ (Lesen Sie hier: Notorischer Betrüger muss nun in Haft - 39-Jähriger hat bereits 17 Vorstrafen)
Hüsna B. räumt ein, im Auftrag ihres Mannes zweimal Geld in die Türkei transferiert zu haben, von dem sie wusste, dass es ihm nicht gehörte. „Er hat gesagt, ich soll es machen, und ich habe es gemacht“, sagt sie. „Ich hab‘ das nicht hinterfragt, ich hatte zu der Zeit ganz andere Probleme.“ Bis auf Aynur S. zeigen sich somit alle Angeklagten geständig, was Teil der Verständigung ist, auf die sich die Beteiligten mit Ausnahme von S. geeinigt haben.
Staatsanwältin Lisa Staab fordert für Samir B. angesichts dessen eine Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren wegen Betrugs im besonders schweren Fall. Für Aynur S. hält sie für Beihilfe ein Strafmaß von anderthalb Jahren, ausgesetzt zur Bewährung, für angemessen, für Filiz T. zehn Monate und für Hüsna B. eine achtmonatige Bewährungsstrafe.
Seitens der Verteidiger wird ins Feld geführt, dass sich die Angeklagten über die Anforderungen der Verständigung hinaus sehr ausführlich eingelassen und nichts beschönigt hätten, ihre Rolle bei den angeführten Taten sich zudem auf reine Logistikaufgaben beschränkt habe. Entsprechend liegen die Vorstellungen des angemessenen Strafmaßes bei der Verteidigung etwas unter den Forderungen der Staatsanwaltschaft. Die Anwältin von Aynur S. plädiert auf Freispruch. Das Urteil will die Kammer am 2. Februar verkünden. (nic)