Zugstrecke Fulda-Frankfurt: Betroffene Kommunen üben viel Kritik an Plänen der Deutschen Bahn

Der geplante Ausbau der Bahnstrecke Hanau-Würzburg/Fulda (Fulda-Frankfurt) stößt auf viel Kritik bei betroffenen osthessischen Kommunen. Die Bürgermeister haben nach einem Erörterungstermin mit der Deutschen Bahn Statements veröffentlicht.
Osthessen - Beim geplanten Ausbau der Bahnstrecke Hanau-Würzburg/Fulda üben die Bürgermeister Mark Bagus (Kalbach), Dominik Brasch (Bad Soden-Salmünster), Matthias Möller (Schlüchtern) und Christian Zimmermann (Steinau an der Straße) den Schulterschluss - und äußern Kritik.
Wie aus einer Pressemitteilung der Stadt Schlüchtern hervorgeht, gab es kürzlich einen Erörterungstermin mit Vertretern der Deutschen Bahn als Projektträger sowie Vertretern der Regierungspräsidien Darmstadt und Kassel. Dabei hätten die Bürgermeister aus dem Kinzigtal und dem Fuldaer Süden ihre Positionen deutlich gemacht.
Zugstrecke Hanau-Fulda: Kommunen schießen gegen Pläne der Deutschen Bahn
Unter anderem reagierten sie mit Unverständnis darauf, dass die Bahn Belange – wie zum Beispiel bei der kommunalen Siedlungsentwicklung – nur unzureichend berücksichtige und zudem regionalplanerische Zielvorgaben für unbedenklich erkläre, heißt es in der Mitteilung weiter. Hervorgehoben wurde hingegen stets die Wichtigkeit des Projektes. Die vier Bürgermeister sind sich einig: Dies dürfe nicht zur Vernachlässigung der Interessen der Bürgerinnen und Bürger ihrer Kommunen führen.
Deshalb hatten sich die Kommunen bei dem Erörterungstermin Unterstützung von Diplom-Geograph Wulf Hahn von der Fachagentur RegioConsult sowie von Rechtsanwältin Dr. Franziska Heß (Baumann Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB) geholt.
Heß und Hahn erläuterten der Raumordnungsbehörde, „dass das gewählte methodische Vorgehen für die Beurteilung der Eingriffe in das Natura-2000-Netz den nationalen und europäischen Rechtsprechungsvorgaben widerspricht“, teilt die Stadt Schlüchtern mit. „Daher müsse die Raumordnungsunterlage zum Natura-2000-Netz vollständig neu bearbeitet und dem Regierungspräsidium Darmstadt sowie der Öffentlichkeit erneut vorgelegt werden.“ (Lesen Sie auch: Bürgerinitiative stellt sich gegen Kinzigtal-Trasse)
Die zeitliche Umsetzung wurde seitens der Raumordnungsbehörde, dem federführenden Regierungspräsidium Darmstadt, thematisiert. Eine Realisierung des Projekts sei danach wohl erst frühestens in zehn Jahren zu erwarten. Für Irritationen sorgte in diesem Zusammenhang eine Bemerkung des Projektträgers zu betroffenen Laubwäldern, die bis zur Realisierung abgeerntet sein könnten.
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Letztlich konnten die Gemeinden Kalbach, Bad Soden-Salmünster, Steinau an der Straße und Schlüchtern eine Vielzahl an Punkten vorbringen, die so in die weitere Prüfung des Regierungspräsidiums Darmstadt aufgenommen werden können. Die Stadt Schlüchtern hatte ebenfalls eine umfangreiche Stellungnahme durch die Rechtsanwälte Andreas Ruckelshausen und Jonas K. Friedrich (Ludwig Wollweber Bansch Rechtsanwälte Partnerschaft) gegenüber der Raumordnungsbehörde vorgebracht.
Kritik an Bahnstrecke Hanau-Fulda: Das sagen die Bürgermeister
Mark Bagus (Kalbach): „Ich begrüße ausdrücklich die Zusammenarbeit der vier von den Antragsvarianten IV und VII gleichermaßen stark betroffenen Kommunen. Gemeinsam mit unseren Partnern habe ich noch einmal mit Nachdruck auf unsere bereits umfangreich formulierten Einwendungen im Rahmen des Raumordnungsverfahren aufmerksam gemacht. Begleitet durch fachlich versierten gutachterlichen und juristischen Sachverstand wurden speziell für die Gemeinde Kalbach noch einmal wesentliche kritische Sachverhalte herausgestellt.
Dazu zählen die zu erwartenden Beeinträchtigungen der künftigen Siedlungsentwicklung, exemplarisch im Bereich ‚Büchenberger Straße – Bornhecke‘ in Mittelkalbach. Hinzu kommen die erheblichen Lärmbelastungen für die Kalbacher Bevölkerung. Dies gilt für den Verlauf der langjährigen Bauphase durch Baulogistik und Transportverkehr, aber auch später bei der Nutzung der Neubaustrecke durch zusätzlichen Güterverkehr, ganz besonders in den Nachtstunden. Letzteres würde für Kalbach 116 Güterzüge zu Nachtzeiten bedeuten.
Darüber hinaus haben wir auch die Probleme im Bereich der Grundwasserversorgung sowie natur- und umweltschutzrechtliche Belange angeführt. Wir werden das laufende Planungsverfahren weiterhin sehr kritisch begleiten und haben beim Erörterungstermin unsere ablehnende Haltung zu den beiden Antragsvarianten IV und VII verdeutlicht.“

Dominik Brasch (Bad Soden-Salmünster): „Der Schulterschluss der von der Antragsvariante IV am stärksten betroffenen Kommunen war der richtige Schritt. Ich freue mich, dass wir gegenüber der Vorhabenträgerin gemeinsam unsere Interessen vertreten und für die Belange unserer Bürgerschaft einstehen. Dies muss von der Raumordnungsbehörde nicht nur zur Kenntnis genommen werden, sondern wir fordern eine sehr kritische Auseinandersetzung mit den eingereichten Raumordnungsunterlagen der Deutschen Bahn.
Unsere Gutachter und Juristen haben, wie zuvor schon der Gutachter des Main-Kinzig-Kreises, Mängel in der Methodik und unberücksichtigte und falsch bewertete Belange der Kommunen aufgegriffen. Diese dürfen unter keinen Umständen ignoriert werden.
Für unsere Stadt wurden beispielsweise entscheidende Siedlungserweiterungsflächen nicht berücksichtigt. Bei einer Umsetzung der Antragsvariante würde dies mit einem Entwicklungsstopp für mehrere Jahre und Jahrzehnte einhergehen. Dies ist für uns nicht akzeptabel, beschneidet uns dieser Punkt doch maßgeblich in der Weiterentwicklung unserer Kommune.
Eine Bewertung des Kling- und Hirschbachtals als ‚schutzwürdige Landschaft mit Defiziten‘ erschließt sich niemandem, der diese Bereiche einmal ernsthaft betrachtet hat. Eine umfangreiche Durchfahrung von Vorranggebieten für den Hochwasser- oder Heilquellenschutz bedeutet ein hohes Risiko, das mit der Prüfung einer Trassenverlegung hätte aufgegriffen werden können.“
Matthias Möller (Schlüchtern): „Wir begrüßen den Verbund aus Steinau, Kalbach, Bad Soden-Salmünster und Schlüchtern. Nur mit gebündelter Kraft und Fachexpertise können wir uns rechtzeitig und bestmöglich im jetzigen Stadium des Verfahrens einbringen. Denn wir wollen für unsere Bürgerinnen und Bürger den höchstmöglichen Schutz erzielen.
Zwei riesige Brückenbauwerke und erheblicher Baustellenverkehr würden während der Bauphase zu enormen Belastungen im gesamten Stadtgebiet führen. Beim aktuellen Planungsstand würde Schlüchtern erheblich beeinträchtigt. Sollte eine der vorgeschlagenen Trassenvarianten IV oder VII wie geplant umgesetzt werden, laufen wir Gefahr, dass unsere angestoßene Innenentwicklung erheblich beeinträchtigt wird. Mit unserer gemeinsamen Kraftanstrengung versuchen wir mit zahlreichen Einsprüchen alles, um das Verfahren in eine Richtung zu drehen, die für alle Beteiligten verträglicher ist.“
Christian Zimmermann (Steinau): „Meine Aufgabe ist es, mich für die Bürgerinnen und Bürger sowie für die Schutzgüter aller Art einzusetzen. Dies gilt für die Trassen IV und VII. Besonders die Schutzgüter Mensch, Natur, Trinkwasser sowie Stadtentwicklung liegen mir am Herzen. Die Teilnahme an Erörterungsterminen ist enorm wichtig, um Einwände zu erbringen und auf diese zurückgreifen zu können.“ (lio)