Vandalismus „schockierend“: Ukraine-Krieg hat schwere Folgen für Soldatengräber

Soldatenfriedhöfe sollen ein Ort der Mahnung sein. Der Krieg in der Ukraine belastet allerdings die internationale Kriegsgräberfürsorge. In Hessen wurde ein Friedhof nach Beginn des Angriffs Ziel von Vandalismus.
Kassel/Bad Orb - Der Krieg in der Ukraine hat für die Arbeit der Kriegsgräberfürsorge schwerwiegende Folgen. „Wir müssen feststellen, dass nach fast 30 Jahren guter Zusammenarbeit die Versöhnungsarbeit in Scherben liegt“, sagte Diane Tempel-Bornett, Sprecherin des Volksbunds Deutsche Kriegsgräberfürsorge in Kassel.
Die Kriegsgräberstätten in Russland würden weiter gepflegt, auch Exhumierungen könnten in vielen Bereichen noch durchgeführt werden. „Das sind wir auch den Angehörigen schuldig.“ Allerdings gebe es dort keine feierlichen Einbettungsveranstaltungen mit offiziellen Delegationen und Geistlichen.
Ukraine-Krieg hat schwere Folgen für Soldatengräber - Vandalismus „schockierend“
Die Beziehung zu Russland spielt bei der Kriegsgräberfürsorge eine besondere Rolle, weil die Opferzahlen im Zweiten Weltkrieg im Osten sehr viel größer waren als im Westen (lesen Sie auch hier: Friedensfahne geklaut und angezündet - Pfarrer in Fulda geht von politischem Motiv aus).
Auch in Deutschland liegen sowjetische Soldaten begraben. Um die Friedhöfe kümmern sich in der Regel die Kommunen. In Hessen gibt es etwa sowjetische Soldatenfriedhöfe in Bad Orb (Main-Kinzig-Kreis), in Herleshausen (Werra-Meißner-Kreis) sowie in Groß-Zimmern (Kreis Darmstadt-Dieburg).
Auf letzterem sind nach Angaben der Gemeinde mehr als 400 sowjetische Kriegsgefangene begraben, die zwischen 1941 und 1945 in einem benachbarten Lazarett ums Leben kamen. Kurz nach Beginn des russischen Angriffskriegs hatte es in Groß-Zimmern einen Fall von Vandalismus gegeben.
Deutsch-russische Projekte vorerst auf Eis gelegt
Konkret war dort Anfang März ein Gedenkstein des Friedhofs beschädigt worden - der oder die Täter sollen versucht haben das Wort „Russische“ von der Steintafel abzuschlagen. Laut dem Ordnungsamt Groß-Zimmern war Anzeige gegen unbekannt erstattet worden.
Sabine Mannitz vom hessischen Landesvorstand des Volksbunds betonte nach dem Vorfall, dass auf dem Friedhof Menschen aus unterschiedlichen Teilen der Sowjetunion bestattet sind - auch Ukrainer, die als Kriegsgefangene zur Zwangsarbeit nach Hessen verschleppt wurden und hier an den Folgen verstarben.
„Selbst wenn es ausnahmslos Russen wären, bliebe die Beschädigung des Gedenksteins aber schockierend“, erklärte sie. (Lesen Sie hier: Friedensfahne geklaut und angezündet: Pfarrer geht von politischem Motiv aus)
Die Beschädigung des Gedenksteins ist schockierend.
Insgesamt sei solch ein Vandalismus wegen des aktuellen Kriegs in der Ukraine bisher aber die Ausnahme, heißt es beim Volksbund in Kassel. Allerdings fallen traditionell deutsch-russische Gedenkveranstaltungen zum Volkstrauertag auch im Inland aus. Zudem seien deutsch-russische Projekte wie die Klärung von Soldatenschicksalen vorerst auf Eis gelegt.
Auch die offiziellen Kontakte ruhten, sagte die Sprecherin: „Was wir in Russland noch machen, ist die technische Kriegsgräberpflege.“ Soldaten aus den Weltkriegen würden weiter exhumiert und bestattet. Allerdings: „In der Russischen Föderation ist es schwieriger geworden, in manchen Gebieten ist es möglich, in anderen kaum.“ Bisher wurden im laufenden Jahr 4900 Tote der Weltkriege in Russland geborgen, sonst waren es 10.000 pro Jahr.
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In der Ukraine arbeite man noch bis Ende November in Gebieten, in denen nicht gekämpft werde. Man wolle die Mitarbeitenden nicht in Gefahr bringen. Der Volksbund betreut nach eigenen Angaben insgesamt 832 Kriegsgräberstätten in 46 Staaten mit etwa 2,8 Millionen Kriegstoten.
Im Inland liegt die Gedenkarbeit vor allen in den Händen der Landesverbände der Kriegsgräberfürsorge. Zum Volkstrauertag am kommenden Sonntag werde aber nicht nur an die Toten der Vergangenheit sondern auch der aktuellen Opfer von Krieg und Gewalt gedacht, betonte der Volksbund. (dpa)