Fachwerkhaus voller Böller und Chemikalien: Hobby-Pyrotechniker aus dem Kinzigtal verurteilt

Eine Hausdurchsuchung brachte ein gewaltiges Arsenal von illegalen Böllern und Feuerwerkskörpern ans Tageslicht. Wegen des strafbaren Umgangs mit explosionsgefährlichen Stoffen wurde jetzt ein Mann aus dem Kinzigtal zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr – ausgesetzt zur Bewährung – verurteilt.
Schlüchtern/Gelnhausen - Mit einem Durchsuchungsbeschluss rückten mehrere Beamte der Kriminalpolizei am 1. April 2021 zum Elternhaus des Mannes in einem Ort im Altkreis Schlüchtern im Kinzigtal an. Ein Online-Versandhändler hatte routinemäßig die Behörden eingeschaltet.
Kinzigtal: Ein Fachwerkhaus voller Böller - Bewährungsstrafe für Angeklagten
Der Grund: An die angegebene Adresse waren bestimmte chemische Grundstoffe verschickt worden, die für die Herstellung von Böllern geeignet sind. Schon auf der Innentreppe fanden die Ermittler verdächtige Kügelchen und Behältnisse, sodass sie sicherheitshalber schnell das Haus wieder verließen.
Sie alarmierten die Sprengstoffexperten des Landeskriminalamtes An vielen Stellen fanden sich in dem Haus bei genauerer Überprüfung Böller und Feuerwerkskörper sowie diverse Chemikalien. Mehr als 300 Gegenstände wurden im Lauf eines Tages gefunden, abtransportiert und in einem Munitionsbunker der Polizei sicher verwahrt.
Der 43-Jährige verteidigte sich nun vor dem Amtsgericht Gelnhausen, die meisten Dinge angeblich legal im Internet bestellt zu haben – bis auf einige Böller. Seine Erklärung für die große Menge: Er sei schon immer von Feuerwerk fasziniert gewesen. Deswegen habe er irgendwann überlegt, sich in dieser Richtung selbstständig zu machen.
Dazu wollte er an einer Ausbildungsstelle in Thüringen einen Pyrotechnikerschein machen. Da für diese Prüfung Grundkenntnisse erforderlich seien, wollte er sich diese mit dem Material vorab aneignen. Doch nach einem Vorfall im November 2022 hat sich sein Berufswunsch mittlerweile schlagartig geändert. Da zündete er morgens um 3.30 Uhr am Rande seines Heimatortes einen verbotenen Böller und verletzte sich bei der Detonation schwer.
Er ist noch heute in medizinischer Behandlung und trägt bleibende körperliche Schäden davon. Die Schuld dafür sieht er bei der Polizei, weil sie seinerzeit bei der Durchsuchung angeblich Böller übersehen habe, wovon einer ihn nun so erheblich verletzt habe. Heute ärgere er sich, dass er früher Hunderte Euro für den Kauf der Pyrotechnik ausgegeben habe.
Angeklagter zeigt sich einsichtig - „das war ein absolut falscher Weg“
Das Material habe er – obwohl im April entdeckt – alles am nächsten Silvestertag zünden wollen. Mit den Chemikalien habe er selbst Pyrotechnik herstellen wollen. Rückblickend sei er nicht begeistert, was er in der Vergangenheit gemacht habe. Was da alles hätte passieren können, denkt er ungern zurück: „Das war ein absolut falscher Weg.“
Auch zwei Polizeibeamtinnen, die als Zeugen aussagten, betonten, welche Gefahren von dem aufgefundenen Material ausgingen, das keineswegs sicher verwahrt worden sei. Bei dem betreffenden Anwesen handelte es sich um ein altes Fachwerkhaus in einem dicht bebauten Ortskern.
Bei einem Feuer hätte sich dieses – angefacht durch die Pyrotechnik – sehr schnell ausbreiten und für einen hohen Sachschaden sorgen können. Der Angeklagte gestand, dass er in seiner „bewegten Vergangenheit kein braver Junge war“ und seinen Eltern viel Kummer bereitet habe.
Davon zeugt auch sein umfangreiches Vorstrafenregister mit insgesamt zwölf Eintragungen: vom Handel mit Betäubungsmitteln über Bedrohung und Widerstands gegen Polizeibeamte bis hin zu Diebstahl und Betrug. Mehrmals saß er schon im Gefängnis. Das tue ihm alles sehr leid, er wolle sein Leben nun ändern. Das Geld werde er künftig statt in Pyrotechnik zu investieren an Bedürftige geben.
Video: Deutschland streitet über ein Böllerverbot
Der Staatsanwalt sprach von einem „abstrakten Gefährdungsdelikt“. Der Angeklagte habe glaubhaft dem Thema Feuerwerk abgeschworen. Dennoch forderte er eine 20-monatige Bewährungsstrafe wegen Besitzes von insgesamt 308 pyrotechnischen Gegenständen.
Obwohl die Behörden immer wieder vor gefährlicher Pyrotechnik aus dem Internet warnen, blieb Richterin Sarah Lehmann mit zwölf Monaten unter der Forderung der Staatsanwaltschaft, stieß aber ins selbe Horn: „Diese erhebliche Masse hätte sehr gefährlich werden können.“ (ls)