Eine der Stationen an denen Jobst und Dernesch halten ist das Gasthaus Zum Weißen Schwan, das 1555 erstmals schriftlich erwähnt wird. 1564 ereignet sich dann eine der kuriosen Geschichten, von den die beiden Stadtführerinnen zu berichten wissen: „Damals wurden zwei Reisende und zwei Bauern von den Steinauer Bürgern verhaftet und im Schwan eingesperrt. Nach ihrer Freilassung verlangt der Wirt die Erstattung der Kosten“, erklärt Jobst.
Die in der Gaststätte eingesperrten Männer sind keine Einzelfälle, erläutern die beiden, denn jeder Gasthof musste Räumlichkeiten bereithalten, um Gefangene unterbringen zu können. Zu den weiteren Ausstattungsmerkmalen der Gasthäuser gehören Stallungen und Lagerräume. „Dort konnten die durchreisenden Händler ihre Pferde versorgen und in Scheunen ihre beladenen Wägen unterstellen“, führt Dernesch aus. Noch heute lassen sich diese auf der Rückseite des Gasthauses Zum Weißen Ross finden. Unter anderem gab es dort noch im Jahr 1905 Stallungen für 16 Pferde.
Erstmals erwähnt wurde das Gasthaus 1664 und zählte bis in die Neuzeit zu den besten Häusern der Stadt, erklärt Margot Dernesch. „Gasthäuser von dieser Qualität erhielten die sogenannte Schildgerechtigkeit und hatten somit die Konzession zur Beherbergung von Gästen. Mit Metallschildern an der Fassade konnten sich diese Gasthäuser ausweisen“, ergänzt Jobst.
Eine ausführlichere Erwähnung zu den Besitzern findet sich im Jahr 1771. „Dort heißt es ein Johann Eckard betreibe das Gasthaus sowie ‚Kutsch- und Lohnfuhrwerke‘ und brachten morgens und abends die sogenannte Fahrpost nach Ulmbach und in die Dörfer des Vogelsbergs“, berichtet Dernesch. Im Jahr 1850 übernachtete Ludwig Emil Grimm in Steinau im Weißen Ross.
Ein weiteres ehemaliges Gasthaus befand sich am heutigen Standort des Tegut-Einkaufsmarktes in der Brüder-Grimm-Straße. Dort eröffnete Hans Amend 1699 das Gasthaus Zum Ritter Sankt Georg. 1977 wurde das Gebäude abgerissen und musste dem Parkplatz des heutigen Supermarkts weichen.
Eine andere der Gaststätten, die die beiden Gästeführerinnen aufsuchen, ist das Gasthaus Denhard, das 1847 von dem aus Bayern stammenden Leonhard Zorn gekauft wurde und damit den Namen wechselte. Der Bierbrauer Zorn hatte sogar für seine Bierflaschen eigene Deckel produziert, die er mit seinem Namen versehen ließ. Einen solchen Deckel fand Familie Ujak vor gut 20 Jahren in ihrem Garten, ohne sich über dessen Herkunft bewusst zu sein –und doch hoben sie ihn auf.
Zorn verkaufte Gasthaus, Hotel und Brauerei im Jahr 1879 wiederum an den Fuldaer Bierbrauer und Gastwirt Halbreiter. Dieser verkaufte die Gastwirtschaft samt Brauerei und Hotel im Jahr 1903 weiter, da das gesellschaftliche Leben abgenommen habe. Seine letzte Blütezeit erlebte das Hotel Halbreiter, das seinen Namen trotz des Verkaufs von 1903 beibehielt, in den 1970er und 1980er Jahren. Damals fand in den Räumlichkeiten ein Kino seinen Platz. Und das Hotel wurde als Tanzsaal genutzt.
Gasthäuser waren in früheren Zeiten für viele Menschen von großer Bedeutung. Für Durchreisende, so berichtet Dernesch, als Herberge und Verköstigungsort sowie für die Einheimischen eine Art Entspannungs- und Kommunikationszentrum. Kriterien für ein gutes Gasthaus waren die Qualität des Essens, gefolgt von der Qualität des Weins und auf der letzten „Qualitätsstufe“ die Sauberkeit.
Die Führungen „Von Zechprellern und Haderlumpen“ finden in der Regel abends in der Vorweihnachtszeit statt. Sie begeistern sowohl Steinauer als auch Menschen aus dem Umland, erklären Jobst und Dernesch. „Von einigen Personen haben wir aber gehört, dass sie zwar gern mal an einer solchen Führung teilnehmen würden. Allerdings trauen sie sich das bei Dunkelheit nicht zu“, meint Jobst. Daher soll diesmal am Sonntag, 12. März, am Abend eine Führung im Hellen stattfinden.
Wer sich für die Stadtführung interessiert, kann sich bei Birgit Raach im Burgmannenhaus unter Telefon (0 66 63) 9 11 29 02 anmelden.
Auch mithilfe von Büchern können Interessierte in die Geschichte von Steinau eintauchen: Die Schaffenszeit der Brüder Grimm ist etwa 200 Jahre her, aber noch immer inspirieren die Sammler der weltberühmten „Kinder- und Hausmärchen“ Autorinnen und Autoren zum Verfassen eigener Werke. In Steinau ist zuletzt eine ganz besondere Geschichtensammlung erschienen.