Wird ein Wolf im Kinzigtal sesshaft? Weitere Fotonachweise und Risse

Ein Wolf streift durch das Kinzigtal: Nachdem in Elm ein Wolf mehrere Schafe getötet hat, tauchen weitere Fotonachweise und Risse auf. Ob es sich hier immer um ein und dasselbe Tier handelt, ist noch unklar. Eine Spurensuche.
Kinzigtal - Ende Februar wurden in Schlüchtern die ersten Wolfsrisse bekannt, in den vergangenen Wochen tauchten zahlreiche Fotonachweise im Kinzigtal auf. Und es gab vermehrt Risse in benachbarten Gemeinden. So zeigen wenige Wochen nach dem Riss in Elm, in Schlüchtern und Bad Orb die ersten Fotonachweise einen Wolf. Nun besteht auch in Wirtheim der Verdacht, dass ein Schaf von einem Wolf gerissen wurde.
Kinzigtal: Weitere Wolfsnachweise und Verdachtsfälle aufgetaucht
Zwischenzeitlich hat das Hessische Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) Neuigkeiten zum Wolf im Elm vermeldet. Das Tier erhielt die Bezeichnung „GW3179m“. Dabei steht die Abkürzungen für: Genetic Wolf (GW), die Labornummer des Tieres sowie das Geschlecht (f/weiblich oder m/männlich).
Wolf „GW3179m“ und taucht in den Listen des HLNUG zum ersten Mal in Schlüchtern auf. Das heißt: Das Tier wurde neu in der Region nachgewiesen. Ob es sich um den gleichen Wolf handelt, der zuletzt in Wirtheim das Schaf gerissen hat, muss noch anhand von DNA-Analysen untersucht werden.
Das Landesamt betont in diesem Zusammenhang, dass es anhand von Fotonachweisen schwierig ist, einen einzelnen Wolf zu identifizieren. „Dies ist nur in Ausnahmefällen möglich“, so die Wolfs-Experten. Ein Ausnahmefall ist zum Beispiel ein körperliches Handicap, wie drei Beine, ein fehlendes Auge oder ein geknicktes Ohr. So könnte es auch sein, dass auf den Fotos gar nicht Wolf „GW3179m“ zu sehen ist, sondern ein anderes Wolfs-Individuum auf der „Durchreise“.

Aufschluss gibt die DNA. Sollte die Analyse bei einem der Verdachtsfälle in Schlüchtern und Umgebung den Wolf „GW3179m“ als „Täter“ überführen, beginnt das HLNUG im nächsten Schritt ein aktives Wolfsmonitoring und stellt gezielt Wildkameras in besagten Regionen auf.
Denn dann stellt sich die Frage, ob Wolf „GW3179m“ im Kinzigtal sesshaft wird - oder bereits ist. „Ein Wolf gilt gemäß bundesweiter Monitoringstandards als sesshaft, wenn dasselbe Individuum mittels genetischer Nachweise über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten in einem Gebiet nachgewiesen wurde“, berichtet das HLNUG auf Nachfrage unserer Zeitung.
Aktuelle Wolfsnachweise und Verdachtsfälle
Nachweise:
19. April - Gutsbezirk Spessart/Main-Kinzig-Kreis - Video
1. April - Freiensteinau/Vogelsberg - Foto
23. März - Freiensteinau/Vogelsberg - Rinderkalb
20. März - Alsfeld/Vogelsberg - 4 Schafe tot, 1 Schaf verletzt
17. März - Schlüchtern/Main-Kinzig-Kreis - Foto
15. März - Bad Orb/Main-Kinzig-Kreis - Foto
12. März - Schlüchtern/Main-Kinzig-Kreis - Foto
20./21. Februar - Schlüchtern/Main-Kinzig-Kreis - 4 Schafe tot
Verdachtsfälle (DNA-Analyse steht noch aus):
9. April - Biebergemünd/Main-Kinzig-Kreis - Schaf
5. April - Gutsbezirk Spessart/Main-Kinzig-Kreis - Rotwildkalb
31. März - Schlüchtern/Main-Kinzig-Kreis - Waschbär
29. März - Schlüchtern/Main-Kinzig-Kreis - Reh
Stand: 21. April - 11.10 Uhr; Quelle: Wolfszentrum Hessen
Durch die vermehrte Zahl von Wolfsnachweisen mahnt das HLNUG einen respektvollen Umgang mit den Wildtieren an und räumt mit Vorurteilen gegenüber den Wölfen auf. Laut Landesamt bestehe eine Gefahr für den Menschen und eine Gefährdung durch Tollwut nicht. „Seit der Rückkehr der Wölfe nach Deutschland vor über 20 Jahren hat kein Übergriff von Wölfen auf Menschen stattgefunden“, betont das Hessische Landesamt.
„Wolfsübergriffe in anderen Ländern wie beispielsweise dem Iran oder der Türkei sind zum Großteil auf mit Tollwut erkrankte Tiere zurückzuführen. Dank der Ausbringung von Impfködern gilt Deutschland seit 2008 als tollwutfrei.“

Seit mehreren Jahren gibt es in ganz Hessen sesshafte Wölfe, die anhand von Wolfsmonitoring durch das Landesamt dokumentiert werden. Das HLNUG weist auf ihrer Webseite insgesamt sechs Territorien in Hessen aus, bestehend aus drei Rudeln, zwei Einzeltieren und einem unklaren Status.
Territorium | Kürzel | Status | Reproduktion | Welpen |
Butzbach | BUZ | Einzeltier | - | - |
Ludwigsau | LUD | unklar | - | - |
Rüdenheim | RÜD | Rudel | ja | 1 |
Spangenberg | SPA | Einzeltier | - | - |
Waldkappel | WAK | Rudel | ja | 5 |
Wildflecken | WIL | Rudel | ja | 6 |
Tabelle: Stand 3. April 2023, Quelle: HLNUG
Derzeit gefährdet auch ein Wolf den Mufflonsbestand auf dem Truppenübungsplatz in Wildflecken. Da die Tiere keinen natürlichen Fluchtinstinkt besitzen und kaum an die Lebensbedingungen in Deutschland angepasst sind, hat der Wolf hier leichtes Spiel.