Im Winter im Stall und den ganzen Sommer über auf der Weide hält Familie Fehl aus Hohenzell ihre 200 Merinolandschafe. Allerdings wollen sie (noch) keine Herdenschutzhunde halten, sondern haben ihre Hütehunde – wie jeder Schäfer. Zusätzlich setzen sie auf die vom Land bezuschussten Wolf-Schutzzäune, die 1,05 Meter hoch sind, sowie ein stärkeres Weidezaungerät. „Allerdings lacht da der Wolf. Unsere Hunde springen aus dem Stand schon höher. Und die haben keinen Hunger“, sagt Alexandra Fehl. Dass sie auf die Zäune setzen, hat vielmehr versicherungstechnische Gründe. Ans Aufgeben wird im Hause Fehl aber auch durch die Rückkehr des Wolfes nicht gedacht. „Nein. Das steht nicht zur Debatte.“
Als „Katastrophe“ bezeichnet Dieter Euler vom Hofgut Lindenhof bei Hohenzell die Tatsache, dass der Wolf wieder da ist. Euler selbst hält insgesamt 130 Rinder, die auf Wiesen zwischen Steinau und Schlüchtern grasen. Euler ist sich sicher, dass Wolf-Schutzzäune nichts bringen. Folglich befürchtet er, dass einige Weidetierhalter über kurz oder lang ihren Betrieb aufgeben werden. Und zwar nicht nur Schafhalter und Nebenerwerbslandwirte. „Das tut sich doch kein normaler Mensch lange an, mit der Angst, es könnte etwas passiert sein, nachts im Bett zu liegen“, meint Euler.
Und in Folge dessen erwartet der Landwirt große Veränderungen in der Region: „Wenn wir jetzt nicht reagieren, dann werden wir in etwa 20 Jahren unsere Landschaft nicht mehr wiedererkennen.“ Das begründet er damit, dass vor allem ökologisch sehr viel an der Weidetierhaltung hänge.
Euler bezieht sich auf den Biologen Dr. Herbert Nickel, der in seinen Forschungen zur Zikaden-Verbreitung und -Population das einhergehende Verschwinden der Weidetiere in traditioneller und extensiver Haltung als starke Beeinträchtigung für Flora und Fauna bezeichnet. Nickel sagt, dass auf gut geführten extensiven Weiden plötzlich wieder Tier- und Pflanzenarten auftauchen, die jahrzehntelang verschollen waren.
„Gucken Sie mal, wie lange es dauert, bis auf einem Kuhfladen Insekten sitzen. Es sind Sekunden“, sagt Euler dazu. Nickel rechnet vor, dass ein einziges Rind pro Jahr rund zehn Tonnen Dung produziert, worin sich wieder 100 Kilogramm Insekten bilden können. Futter für zum Beispiel Vögel – laut Nickel bis zu „50 Kilogramm Wirbeltierbiomasse“. Euler ist sich deshalb sicher: Geben die Weidetierhalter auf, wird die Natur leiden.