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Von der Streuobstwiese direkt ins Glas: Apfelernte im Bergwinkel neigt sich dem Ende zu

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Von: Marah Naumann

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Hier packt die ganze Familie mit an: Andreas Maienschein mit Kindern und Schwiegermutter in der Kelterei Merx in Herolz, wo heimische Äpfel zu köstlichem Saft oder Most für Apfelwein verarbeitet werden. © Marah Naumann

Das Beste, was ein Apfel werden kann, ist Saft – oder Apfelwein. Doch Keltereien, welche die Früchte von der eigenen Streuobstwiese verarbeitet, werden immer seltener. Ein Besuch in einer der letzten Keltereien im Bergwinkel zeigt: Der Aufwand rund um den Apfel lohnt sich.

Schlüchtern - Unscheinbar und etwas versteckt liegt die Kelterei Merx an der Ortsdurchfahrt von Herolz (Main-Kinzig-Kreis). Dort keltert die Familie seit den 1950er Jahren heimisches Obst. 2015 übernahm die nächste Generation den Betrieb. Aber: „Wir sind alle Chefs“, betont Andreas Maienschein aus Sterbfritz, dessen Schwiegereltern nach wie vor in der Kelterei mitarbeiten. „Wir sind ein Familienbetrieb, und das soll auch so bleiben.“

Main-Kinzig-Kreis: Apfelernte im Bergwinkel neigt sich dem Ende zu

Maienschein, der in Sterbfritz Vorsitzender der örtlichen Freiwilligen Feuerwehr ist, zeigt sich mit der diesjährigen Apfelernte im Bergwinkel zufrieden. Von Marjoß über Bellings, Steinau, Altengronau bis Weichersbach sei der Ertrag „relativ gut“ gewesen. Nur an den Nordhängen sei es während der Apfelblüte wohl zu kalt gewesen, was vor allem in Herolz zu spüren war: „Normalerweise haben wir hier viel Äpfel, dieses Jahr gab es so gut wie nichts.“ Hinzu komme, dass zahlreiche Bäume die Früchte aufgrund der Trockenheit schon früh abgeworfen hätten. DieFolge:„Die Äpfel sind teilweise unter den Bäumen verfault“, bedauert Maienschein.

Eine besonders gute Ernte gab es hingegen 2021. Das ist jedoch nichts Ungewöhnliches. Normalerweise gebe es alle drei Jahre ein „Apfel-Extremjahr“, berichtet Maienschein. Wie viel Obst die Herolzer Kelterei in diesem Jahr verarbeitet hat, kann er noch nicht abschließend sagen, aber „20 bis 30 Tonnen werden es schon gewesen sein“. Noch bis zum kommenden Freitag nimmt die Kelterei Äpfel zum Pressen an, ebenso auch Quitten. Apfelbesitzerinnen und -besitzer können einen Termin unter Telefon (0 66 61) 5486 vereinbaren.

Die Familien Merx/Maienschein keltern die herbstlichen Früchte aus einem großen Einzugsgebiet: Aus Sinntal, Schlüchtern und Steinau, aber auch aus Maberzell, Fulda, Gelnhausen und sogar aus Aschaffenburg liefern die Menschen Obst an. Die Kelterei nutzt dabei das sogenannte Bag-in-Box-Prinzip: Nach dem Pressen wird der Saft sofort durch das Erhitzen auf mindestens 78 Grad pasteurisiert und in Fünf- oder Zehn-Liter-Beutel abgefüllt, welche dann in Kartons verpackt werden. So hält sich der Saft an einem dunklen, kühlen Ort mindestens ein Jahr.

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Im Hof der Kelterei warten die Äpfel in der Herbstsonne auf die Fruchtsaftpresse. © Marah Naumann

Etwa einem Drittel der gepressten Äpfel ist jedoch ein anderes Schicksal vergönnt: Sie werden nicht zu Saft verarbeitet, sondern zu frischem Most – der sich wiederum in den privaten Gärfässern in Apfelwein verwandelt. Der Trester, also die ausgepressten Rückstände der Äpfel, werden von Landwirten und Schäfern für die Winterfütterung abgenommen. (Lesen Sie hier: Der Kalte Markt ist „Beck“: Künftiger Präsident zu Besuch beim Magistral)

„Es ist nicht so, dass nur die Alten den Saft machen“, stellt Andreas Maienschein fest, der den Apfel am liebsten in Form von sauergespritztem Apfelwein genießt. Das Alter der meisten Kundinnen und Kunden liege zwischen 30 und 60 Jahren. „Auch viele junge Familien kommen mittlerweile und lassen ihre Äpfel zu Saft pressen“, zeigt sich Maienschein über die Entwicklung erfreut. „Es ist gut, dass das Obst hier noch verarbeitet wird, anstatt sich nicht darum zu scheren.“ Dennoch weiß er, dass noch immer viele Früchte nicht geerntet würden und verfaulen.

Andreas Maienschein und seine Schwiegerfamilie wissen jedoch aus eigener Erfahrung, dass die Unterhaltung von Streuobstwiesen mit viel Arbeit verbunden ist. Sowohl er als auch seine Ehefrau gehen hauptberuflich anderen Tätigkeiten nach und betreiben die Kelterei nebenbei.

Hauptberuflich ist hingegen Janis Brand unterwegs: Der Fachmann für Fruchtsafttechnik aus Birstein-Untersotzbach betreibt eine mobile Kelterei, mit der er Orte in ganz Osthessen aufsucht. So ist er heute etwa in Gelnhausen und nimmt dort Äpfel an, die er direkt presst und pasteurisiert. Die Pflege von Obstbäumen und die Apfelernte sind zwar aufwendig, doch in den Keltereien liegt es förmlich in der Luft: Der Saft aus eigenen Äpfeln schmeckt einfach am besten.

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