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Mit Axt in Linienbus eingestiegen: 36-Jähriger muss in die Psychiatrie

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Justitia
Ein 36-Jähriger stand vor Gericht, weil er im Februar in Hanau (Main-Kinzig-Kreis) mit einer Axt in einen Bus gestiegen ist. (Symbolbild) © Rolf Vennenbernd/dpa/Symbolbild

Der Mann, der auf der Anklagebank des Hanauer Landgerichts sitzt, scheint ein anderer zu sein als jener, der am Abend des 23. Februar einen Großeinsatz der Polizei verursachte, als er mit einem Beil bewaffnet in einem Linienbus unterwegs war.

Hanau - Ruhig und reflektiert wirkt Sebastian F. (36, Name geändert), konzentriert und klar in Artikulation und Auffassungsgabe. Doch auch der Umstand, dass sich sein Zustand erkennbar gebessert hat, ändert nichts daran, dass er an einer schwerwiegenden psychischen Erkrankung leidet und deshalb vorerst in einer psychiatrischen Klinik behandelt werden muss.

Die 1. Große Strafkammer in Hanau (Main-Kinzig-Kreis) unter Vorsitz von Dr. Mirko Schulte hatte darüber zu befinden, ob Sebastian F. vollumfänglich zur Verantwortung gezogen werden kann, dass er mit einem recht kleinen, aber messerscharfen Beil in der erhobenen Hand auf einen Polizeibeamten zulief.

Main-Kinzig-Kreis: Mit Axt im Bus - 36-Jähriger muss in Psychiatrie

Weil F. an einer paranoiden Schizophrenie leidet, die mit akustischen, visuellen und taktilen Halluzinationen einhergeht, bestand für die Kammer am Ende der Beweisaufnahme keinerlei Zweifel daran, dass der Angeklagte nicht in der Lage war, das Unrecht seines Tuns einzusehen. Eine übergroße, wenn auch für Außenstehende völlig irrationale Angst davor, gefesselt und verhaftet zu werden, so schilderte er selbst vor Gericht, habe ihn dazu veranlasst, Stimmen von schemenhaften Wesen hätten ihn dazu aufgefordert.

Zu diesem Zeitpunkt habe sich F. in einer hochpsychotischen Phase befunden, führte Gutachter Professor Hartmut Berger aus. Ursache sei gewesen, dass F. seine Medikamente über Wochen nicht genommen hatte, nachdem seine behandelnde Ärztin ihm wegen eines positiven Drogentests ein entsprechendes Rezept verweigerte. Die bestehende Abhängigkeit von Amphetaminen und THC ist für das Krankheitsbild nicht unerheblich, da diese Drogen die Symptomatik verstärken.

F. war zuvor bereits mehrfach auffällig geworden, weil er mit einem Messer oder einem Beil unterwegs war und davon sprach, mit Luzifer zu kommunizieren. Im Mai 2018 hatte er sich Zutritt zum Großkrotzenburger Staudinger-Gelände verschafft, ein Messer in der einen, einen Hammer in der anderen Hand. Als er sich schreiend auf zwei Polizisten zubewegte, hatten diese von ihren Dienstwaffen Gebrauch gemacht und ihn am Hals verletzt.

„Er ist ein Pulverfass, das sehr schnell affektiv überschießt“

Werde die Erkrankung nicht dauerhaft medikamentös behandelt, sei mit weiteren Vorfällen zu rechnen, so die Prognose des Mediziners. Denn: „Er ist ein Pulverfass, das sehr schnell affektiv überschießt, wenn man ihn auf dem falschen Fuß erwischt.“

Da F. auf die Behandlung mit Psychopharmaka gut anspreche, sei eine Aussetzung des Maßregelvollzugs zur Bewährung denkbar – mit Anbindung an eine psychiatrische Ambulanz und regelmäßiger Kontrolle sowie Drogenscreenings. Die Kammer ordnete in ihrem Urteil zunächst die Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik an und folgte damit der Forderung der Staatsanwaltschaft.

Die positive Entwicklung des Angeklagten wolle man nicht durch eine vorschnelle Entlassung in die ambulante Behandlung gefährden, begründete Richter Schulte. Die Tat selbst wurde als besonders schwerer Fall des Widerstands gegen einen Vollstreckungsbeamten gewertet. Die Verteidigung hatte zwar damit gehadert, Verteidiger Clemens M. Brendel wird nach Rücksprache mit seinem Mandanten jedoch nicht in Berufung gehen. Das Urteil ist daher bereits rechtskräftig. (nic)

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