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Main-Kinzig-Kreis baut neue Leichtbauhalle für Flüchtlinge - Halle in Birstein wieder Notunterkunft

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Von: Sebastian Reichert

Turnhalle der Haupt- und Realschule Birstein
Die Turnhalle der Haupt- und Realschule Birstein ist im März zur Notunterkunft umgebaut worden. Bis Ende August wird dieser Notunterkunftsbetrieb eingestellt. © Main-Kinzig-Kreis

Neue Leichtbauhalle in Gelnhausen, die Halle in Birstein wird wieder genutzt, weitere Standorte in der Planung - der Main-Kinzig-Kreis baut seine eigenen Kapazitäten an Notunterkünften für Flüchtlinge weiter auf.

Gelnhausen - Das teilte der Main-Kinzig-Kreis am Donnerstag (15. September 2022) in einer Pressemitteilung mit. Nach einem Abstimmungstermin mit der Stadt Gelnhausen und Vertretern aus Schule und Ehrenamt am Donnerstag werde in Kürze als zusätzlicher Standort eine Fläche nahe der Kreisrealschule genutzt und mit einer Leichtbauhalle versehen.

Der Standort befindet sich zwischen Hallenbad und Großsporthalle. Weitere Flächen in anderen Kommunen, die je nach Lage für Hallen oder Wohnmodule genutzt werden, plane der Main-Kinzig-Kreis ebenfalls. Mit den jeweiligen Rathäusern stunde der Kreis diesbezüglich im Austausch.

Main-Kinzig-Kreis baut neue Halle für Flüchtlinge - Halle in Birstein wieder genutzt

„Die Zahl der Vertriebenen, die wir als Landkreis zu versorgen haben, bewegt sich unverändert und bis auf Weiteres bei bis zu 150 jede Woche“, erklärt Landrat Thorsten Stolz (SPD). „Die Städte und Gemeinden wie auch der Kreis selbst erweitern mit Hochdruck ihre Kapazitäten, um die Aufgabe der Unterbringung und Versorgung zu bewältigen und um uns auch gegenseitig Zeit zu verschaffen.“

„Jeder weitere Monat Krieg verschärft die Situation“, erklärte der MKK-Landrat. Seinen Dank richtet Thorsten Stolz besonders an die Vertreter aus dem Gelnhäuser Rathaus um Bürgermeister Daniel Glöckner (FDP) und Ersten Stadtrat Volker Rode (CDU) sowie aus den nahegelegenen Schulen. Er nannte Kreisrealschulleiter Michael Neeb und die Leiterin des Grimmelshausen-Gymnasiums, Tina Ruf.

Diese hätten sich konstruktiv und mit wichtigen Hinweisen zum Standort in Gelnhausen beteiligt. Er wisse „um die vielen Fragen, die sich sowohl für die Verwaltung als auch die Schule für die nahe Zukunft daraus ergeben“, so Stolz. Der Kreis werde den engen Informationsaustausch fortsetzen und ständiger Ansprechpartner bleiben.

Menschen aus Krisengebieten in dauerhafte Wohnungen zu vermitteln - diese Aufgabe für die kommunale Ebene bleibt nach Worten des Main-Kinzig-Kreises gleich, werde „aber Woche für Woche herausfordernder“. Den Städten und Gemeinden ginge teils der Wohnraum aus, die Suche nach tatsächlich noch leerstehenden Wohnungen werde schwieriger, die Suche nach Alternativen brauche mitunter lange.

„Tagtäglich appellieren die Rathäuser an die Bürgerinnen und Bürger, Wohnraum zu melden. Doch die Rückmeldungen seien noch zu gering, wie die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister erst jüngst in dieser Woche im Gespräch mit dem Main-Kinzig-Kreis zurückgemeldet haben“, heißt es in der Presseinformation.

Main-Kinzig-Kreis: Flüchtlingszahlen steigen aktuell wieder deutlich

Für Geflüchtete aus der Ukraine habe der Kreis schon im März seine eigenen Bestandsgebäude als Notunterkünfte mitgenutzt, vor allem Schulturnhallen und Einrichtungen mit angeschlossenem Kantinen- beziehungsweise Mensabetrieb. Einige dieser Notunterkünfte seien im Sommer wieder zurückgebaut worden, als sich die Zahl der neu Ankommenden deutlich reduziert hatte.

Nun würden die Zahlen wieder massiv steigen. „Wir sind leider im Moment nicht in der Position, beim Rückbau der Notunterkünfte weiter Vollzug zu melden. Es ist umgekehrt: Wir brauchen mehr Kapazitäten für eine längere Dauer, daher bauen wir Standorte neu auf“, sagte Erste Kreisbeigeordnete Susanne Simmler (SPD)

Simmler führt derzeit nach eigenen Angaben „täglich viele Telefonate und direkte Gespräche, um die Lage zu erklären und nach Lösungen zu suchen“. Schon in der Zeit der Fluchtbewegung um 2015 verantwortete sie den Bereich Migration und Integration im Main-Kinzig-Kreis als zuständige Dezernentin. Die aktuelle Fluchtdynamik bewertet sie dennoch als außergewöhnlich.

Die Schlafkabinen in der Halle in Birstein sind unter anderem mit einer Liege und einem Babybett eingerichtet. In den anderen Hallen ist es ähnlich.
Die Schlafkabinen in der Halle in Birstein sind unter anderem mit einer Liege und einem Babybett eingerichtet. In den anderen Hallen ist es ähnlich. © Main-Kinzig-Kreis

„Über 5700 Menschen, die sich bei unseren Ausländerbehörden registriert haben; mehr als 2000, die wir in Hallen erstversorgt haben; fast 3000 Menschen, für die unser KCA und unser Sozialamt zusätzlich zum normalen Tagesgeschäft Beratung und Unterstützung leisten, und das alles in weniger als einem Dreivierteljahr: Das hat es so in dieser Dimension und Dichte noch nicht gegeben“, fasste Susanne Simmler zusammen.

Das erkläre auch, warum es für alle Beteiligten gerade eine besondere Situation ist, gerade im Bereich der Unterbringung und der Suche nach Wohnungen, die zusätzlich gebraucht würden. In der Abstimmungsrunde am Donnerstag über den Aufbau einer weiteren Notunterkunft außerhalb einer Halle, nahe der Kreisrealschule, betonte die Kreisspitze die herausragende Bedeutung von Solidarität und Rücksicht.

„Was die Städte und Gemeinden im Verbund mit den Ehrenamtlichen und den Nachbarschaftsinitiativen leisten, und zwar über nun schon viele Monate hinweg, das ist einfach unfassbar wertvoll und wichtig“, lässt sich Landrat Thorsten Stolz zitieren. „Praktisch allerorten stößt die Suche nach Wohnungen jetzt aber an Grenzen.“

Main-Kinzig-Kreis: Leichtbauhalle in Gelnhausen soll im Oktober 2022 errichtet werden

Das müsste im Hinterkopf behalten, werden wenn der Kreis nun sukzessive neue Unterbringungen errichte. „Gleiches tun die Kommunen ihrerseits. Wir schaffen alternative Unterkünfte, wie wir das so vor einem halben Jahr eher nicht für möglich gehalten haben. Aber es ist Teil unserer humanitären Verpflichtung“, erklärte der SPD-Politiker.

Konkret soll in Gelnhausen eine Leichtbauhalle errichtet werden, beheizt und mit Fußboden versehen. Der Beginn der Aufbauarbeiten auf der Fläche ist für den Oktober vorgesehen. Mit der Stadt Gelnhausen hat der Kreis vereinbart, dass bei sportlichen Großveranstaltungen der Parkplatz An der Bleiche mitgenutzt werden kann.

Weitere ähnliche Notunterkünfte plant der Kreis in den folgenden Wochen in anderen Kommunen zu errichten. Mittelfristig sollen diese Unterkünfte die derzeit belegten Turnhallen kapazitär ersetzen, und so rasch es geht, sollen diese Turnhallen auch wieder für den Schul- und Vereinsbetrieb freigegeben werden.

In der Sporthalle Birstein waren bis zuletzt Geflüchtete aus der Ukraine untergebracht.
Die Notunterkunft in der Sporthalle Birstein sollte eigentlich nach dem 31. August wieder abgebaut werden. © Main-Kinzig-Kreis

Aus Sicht von Thorsten Stolz beinhaltet der Aufbau dieser neuen Notunterkünfte vor allem „die kurzfristige, wichtige Perspektive, dass wir keine weiteren vorhandenen Sporthallen mehr belegen müssen“. Da die Zuweisungszahlen aus der Hessischen Erstaufnahmeeinrichtung in Gießen dennoch hoch bleiben, werde die zunächst nur noch auf Stand-by gehaltene Notunterkunft in der Turnhalle in Birstein kurzfristig wieder in Betrieb genommen.

Die dortigen Schlafkabinen hatte der Kreis im August vorsorglich nicht abbauen lassen. Gleichwohl hielten sich über einige Wochen hinweg keine Geflüchteten mehr in der Halle auf. Das Prinzip Vorsicht erweise sich nun für den Kreis als hilfreich. Mit Zustimmung der Gemeinde Birstein und der angebundenen Schulen finde in Kürze wieder eine Belegung statt.

Zusammen mit den Standorten Hanau-Mittelbuchen, Langenselbold und Wächtersbach bieten die Hallen-Notunterkünfte nach Kreis-Angaben Platz für 700 Menschen. Mit jeder Woche würden sie derzeit voller statt leerer. Daran ändere auch das zwischen Kreis und Kommunen abgestimmte Zuweisungsverfahren in die Städte und Gemeinden nichts.

Main-Kinzig-Kreis: Turnhallen können noch nicht wie geplant, wieder freigemacht werden

Denn die Zahl der Menschen, die neu ankommen, liege deutlich über der, die die Kommunen derzeit aufnehmen müssen. Der Main-Kinzig-Kreis springe daher bei der Koordinierung mit mehr Erst- und Notunterkunftsplätzen ein (lesen Sie auch hier: Sommerferien vorbei: 530 Kinder aus der Ukraine starten im Kreis Fulda in das Schuljahr).

Neben den Notunterkünften sind nach MKK-Angaben zehn Gemeinschaftsunterkünfte im Auftrag des Main-Kinzig-Kreises in Betrieb. Darunter befinden sich ehemalige Hotels und Pensionen. Auch deren Kapazitäten für mehrere hundert Personen seien jedoch stark beansprucht beziehungsweise ausgeschöpft.

Kreisbeigeordneter und Schuldezernent Winfried Ottmann (CDU) wirbt um Verständnis bei den betroffenen Schulgemeinden und Vereinen, dass auf die Turnhallen als Notunterkünfte erst einmal nicht verzichtet werden kann. „Der Landkreis hat nach wie vor das Ziel, die Hallen wieder ihrem eigentlichen Zweck zurückzuführen, so schnell das die äußeren Entwicklungen zulassen.“

„Vor den Sommerferien sah es lange so aus, als ob wir das überall vor dem Winter schaffen könnten“, so Ottmach weiter. „Das hat sich jedoch aufgrund der veränderten Fluchtdynamik gedreht. Wir können die Hallen erst freimachen, wenn wir ausreichende Kapazitäten an anderen Stellen im Kreis haben und sich die Unterbringungssituation in den Kommunen wieder etwas entspannt hat“.

Video: Hilfsbereitschaft für Ukraine-Flüchtlinge hat leicht nachgelassen

„Mit Gelnhausen wird weiter Kapazität aufgebaut. An anderen potenziellen Flächen sind unsere Fachleute der Kreisverwaltung mit höchster Priorität dran.“ Der Main-Kinzig-Kreis führe konkrete Gespräche sowohl zu Unterkünften in Leichtbauhallen als auch zu Wohnmodulen. Verhandlungen über eine zeitweise Belegung des Frankfurter Schullandheims Wegscheide in Bad Orb stünden ebenfalls kurz vor dem Abschluss.

Nicht jeder neue Standort wird nach Einschätzung des Kreises die Kapazität einer Turnhalle haben. Doch auch kleinere Unterkünfte und Anlagen, die eine sichere und warme Unterbringung ermöglichen, würden im Moment eine Hilfe darstellen (lesen/hören Sie auch hier: „auFZeile“ (11): Mariia Köstler erzählt, wie es geflüchteten Familien in Fulda geht).

Der Kreis weist darauf hin, dass auch und vor allem jedes private Wohnangebot hilft, die Situation zu entlasten. Wer einen Wohnungs-Leerstand melden möchte, kann dies ganz einfach im Rathaus der eigenen Kommune tun. Der Main-Kinzig-Kreis hat darüber hinaus auf seiner Internetseite ein Meldeformular eingerichtet: unter www.mkk.de im Bereich der „Ukrainehilfe MKK“. Der Main-Kinzig-Kreis gibt diese Angebote seit einigen Wochen direkt an die Kommunen weiter.

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